Kriegsverbrechen in Sri Lanka: Aufarbeitung nicht in Sicht

26 Jahre lang tobte ein Bürgerkrieg in dem Inselstaat Sri Lanka. Zehntausende Zivilisten starben zwischen den Fronten. Unzählige Menschen verschwanden spurlos. Eine Aufklärung der Kriegsverbrechen mit Hilfe der Vereinten Nationen scheint heute unwahrscheinlicher denn je – und die Situation für Minderheiten im Land verschärft sich.

The beach of Mulivaikal in March 2014.

Dieser Text erschien am 28. Februar 2020 in der Zeitschrift Pogrom der Gesellschaft für bedrohte Völker.

Wellen plätschern an einen feinen Sandstrand, der sich in der Ferne biegt. Hinter dem Strand ist die Erde aufgewühlt. Etwas weiter ragen Palmyrapalmen und struppige Büsche auf. Hier, am Strand von Mullivaikal, endete der sri-lankische Bürgerkrieg im Mai 2009. Damals waren zuletzt 130.000 tamilische Zivilisten auf einem winzigen Flecken Land eingepfercht. Von mehreren Seiten regneten Geschosse der sri-lankischen Armee auf sie nieder. Wollten sie fliehen, drohten Kugeln der Rebellen der Liberation Tigers of Tamil Eelam (dt.: Befreiungstiger von Tamil Eelam; kurz: Tamil Tigers), die im Bürgerkrieg von 1983 bis 2009 für die Unabhängigkeit des von Tamilen dominierten Nordens und Ostens Sri Lankas kämpften.

Mehr als ein Jahrzehnt später sind die gesellschaftlichen Wunden noch roh. Zehntausende Menschen, viele von ihnen Tamilen, sind nach dem 26-jährigen Bürgerkrieg nie wieder aufgetaucht. Das Land ist tief gespalten. In den vergangenen Jahren schien eine rechtliche Aufarbeitung des Kriegs und eine Bearbeitung der tieferen Konfliktursachen zwar möglich. Doch mit der Wahl des neuen Präsidenten, Gotabaya Rajapaksa, am 16. November 2019 sind sie wieder in weite Ferne gerückt. Im Januar 2020 erklärte er, die mindestens 24.000 vermissten Personen seien tot, und gab den Tamil Tigers die Schuld, ohne einzelne Beweise vorzulegen. Rajapaksa war ab 2005 Verteidigungsstaatssekretär des Inselstaats. Unter seiner Zuständigkeit fanden schwere Menschenrechtsverletzungen gerade in der Endphase des Krieges statt. Sein älterer Bruder Mahinda war zu jener Zeit Präsident. Die Brüder nehmen den „Sieg gegen den Terrorismus“ für sich in Anspruch.

Sri Lanka 2009: eine hochanspruchsvolle Situation für das UN-System

Die Vereinten Nationen (UN) gaben in den letzten Kriegsmonaten 2008 und 2009 kein gutes Bild ab. Ein Beispiel: Auf eigene Faust sammelte eine Gruppe engagierter Mitarbeiter im UN-Landesteam Daten über zivile Opfer, soweit sie über Kontakte und Satellitendaten an Informationen gelangen konnten. Dem höchsten UN-Mitarbeiter in Sri Lanka, Neil Buhne, fehlte es jedoch an abgestimmten politischen Anweisungen aus New York und an Erfahrung in solchen Situationen. Bei einem Briefing am 9. März 2009 präsentierte er Diplomaten in der sri-lankischen Hauptstadt Colombo die Opferzahlen – erwähnte aber dabei nicht, dass laut UN-Informationen die Regierung für den Großteil der zivilen Opfer zu dem Zeitpunkt verantwortlich gewesen sei.

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) machte diese Zahlen dagegen öffentlich, um Druck auf die Regierung auszuüben. Andere Teile des UN-Systems fürchteten wiederum, ihr humanitärer Zugang zu den umkämpften Gebieten Sri Lankas könnte (noch) weiter eingeschränkt werden. Gegenüber dem sri-lankischen Außenminister bezeichnete Buhne die Zahlen als unzuverlässig. Das Ergebnis war ein inkohärentes Auftreten des gesamten UN-Systems gegenüber der sri-lankischen Regierung.

Sri Lanka 2009 war eine hochanspruchsvolle Situation für das UN-System. Vor Ort arbeiteten hauptsächlich humanitäre und Entwicklungsorganisationen. Praktisch keine Vertreter der politischen und menschenrechtlichen Seiten des Systems waren zugegen. Gleichzeitig hatten viele UN-Mitgliedsstaaten die sri-lankische Regierung lange Zeit im Kampf gegen die Tamil Tigers unterstützt, die ihrerseits Anschläge gegen zivile Ziele mit massenhaften Opfern verübt hatten. Erst wenige Monate vor Ende der Kriegshandlungen, unter Druck von großen Demonstrationen der tamilischen Diaspora in Städten wie London und Toronto, übten einige Staaten mehr Druck auf die sri-lankische Regierung aus. Doch Sri Lanka war noch nicht einmal formal auf der Agenda des UN-Sicherheitsrats. Die Mitglieder des Sicherheitsrats zogen nicht an einem Strang.

Lehren aus der Inkohärenz

Unter der Führung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und seinem Stellvertreter Jan Eliasson bemühten sich die Vereinten Nationen, ihre Lehren aus der Erfahrung der Inkohärenz in Sri Lanka 2009 zu ziehen. Gegenüber der sri-lankischen Regierung setzte sich der Generalsekretär mit Nachdruck bereits wenige Tage nach dem formalen Ende der Feindseligkeiten für eine Aufarbeitung der mutmaßlichen Kriegsverbrechen ein. Ein Jahr später ernannte er eine eigene Expertenkommission, um ihn in dieser Frage zu beraten. Eliasson beaufsichtigte Reformen des Maschinenraums des UN-Systems, um mit der Initiative „Human Rights up Front“ (dt.: Menschenrechte im Vordergrund) mehr Anreize für regelmäßige Zusammenarbeit der verschiedenen Teile des UN-Systems zu setzen.  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten gestärkt werden, auch kritische Fragen mit Mitgliedsstaaten zu besprechen.

Unter der Führung der USA begann der UN-Menschenrechtsrat 2012 sich mit Sri Lanka zu befassen. Eine europäische Initiative hatte die sri-lankische Regierung im Mai 2009 zum eigenen Nutzen zuvor gekapert. 2014 begann OHCHR eine Untersuchung, wurde aber von der Rajapaksa-Regierung nicht ins Land gelassen. Das Blatt wendete sich, als die sri-lankische Bevölkerung 2015 eine reformwillige Regierung unter der Führung von Präsident Maithripala Sirisena und Premierminister Ranil Wickremesinghe ins Amt wählte. Die neue Regierung bekannte sich im Menschenrechtsrat zu einem umfangreichen Programm der Übergangsjustiz (Transitional Justice), allerdings ohne Zeitplan.

Die Umsetzung zog sich hin. Bis Ende 2019 richtete die Regierung lediglich eine Behörde zur Untersuchung der verschwundenen Personen (Office of Missing Persons) und ein Reparationsbüro ein, jedoch keine Wahrheitskommission oder gerichtlichen Mechanismus. Auch eine umfangreiche Verfassungsreform einschließlich mehr Autonomierechte für die Provinzen blieb im Parlament stecken. Stattdessen rieb sich die Regierung im inneren Streit auf, der in einer Verfassungskrise im Herbst 2018 gipfelte.

Gewalt gegen Minderheiten

Die Situation der Minderheiten in Sri Lanka – vor allem Muslime, Tamilen und Christen – bleibt angespannt. Der Nationalismus der numerischen Mehrheit der singhalesischen Buddhisten prägt seit Jahrzehnten die Politik des Landes. Dies macht sich beispielsweise in der Sprachenpolitik in Sicherheitsorganen und Verwaltung bemerkbar: Selbst im Norden des Landes, in dem überwiegend Tamilen leben, sprechen nur wenige Polizisten die Sprache der Menschen, die sie schützen sollen. Gleichzeitig hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Übergriffe von organisierten Mobs insbesondere auf Muslime gegeben – sowohl unter Präsident Mahinda Rajapaksa als auch unter Sirisena.

Ostersonntag 2019 verloren bei der größten Terroranschlagsserie seit Kriegsende mehr als 250 Menschen ihr Leben, viele von ihnen Christen im Gottesdienst. Die Sicherheitsorgane ignorierten Warnungen aus der muslimischen Gemeinschaft und vom indischen Geheimdienst über die extreme Radikalisierung einer abgeschotteten Gruppe im Osten, wie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss feststellte. In der Folgezeit schürte Sirisena die aufgeheizte Stimmung gegen Muslime noch. So begnadigte er zum Beispiel einen verurteilten Scharfmacher einer radikalen buddhistischen Gruppe.

Präsident Gotabaja Rajapaksa hat angekündigt, dass er sich nicht an die Bekenntnisse der Vorgängerregierung hinsichtlich der Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs gebunden fühlt. Sofort nach seiner Wahl berichteten zivilgesellschaftliche Aktivistinnen und Aktivisten über Drohungen und Beeinträchtigungen ihrer Arbeit. Sri Lanka steht bei der 43. Sitzung des UN-Menschenrechtsrats im Februar/März 2020 wieder auf der Tagesordnung. Das Fenster für Reformen hat sich jedoch geschlossen.

Wahlen in Sri Lanka: Das Reformfenster schließt sich

Krisenprävention bedeutet, Länder, die sich in einem Übergang von Krieg und Gewaltherrschaft befinden, bei Reformprozessen zu unterstützen. Dies ist in Sri Lanka nur begrenzt gelungen – die mögliche Rückkehr eines nationalistischen Präsidenten bei den Wahlen am 16. November steht bevor. Die Bundesregierung sollte nun Lehren aus den Erfahrungen der letzten fünf Jahre ziehen.

Poster mit Präsident Sirisena und Premierminister Wickremesinghe, Februar 2018.

Dieser Beitrag erschien am 14.November 2019 auf dem PeaceLab Blog.

Über 250 Tote und mehrere hundert Verletzte: die Terroranschläge vom Ostersonntag 2019 in Sri Lanka erregten weltweite Aufmerksamkeit. Mittlerweile ist bekannt, dass die Sicherheitsbehörden zahlreiche Hinweise auf die Täter im Vorfeld ignorierten, nicht zuletzt aufgrund der Zerstrittenheit politischer Kräfte an der Staatsspitze. Die Anschläge wurden in Sri Lanka geplant, finanziert und organisiert – auch wenn ISIS die Inspiration und globale Vermarktung lieferte. Das dysfunktionale politische System erwies sich als Gefahrenfaktor für sri-lankische Bürgerinnen und Bürger sowie ausländische Touristen. Im Nachgang der Anschläge folgten Übergriffe gewalttätiger Mobs auf Muslime. Präsident Maithripala Sirisena heizte die Stimmung weiter an, indem er einen bekannten Scharfmacher begnadigte, der sich direkt anti-muslimischen Protesten anschloss.

Die Gewalt in Sri Lanka zeigt, welch hohe Risiken mit Übergangsprozessen nach Krieg und autoritärer Herrschaft verbunden sind. Die Bundesregierung hat sich in den Leitlinien vorgenommen, eine Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben, die Krisen und massenhafte Gewalt verhindern will. Deutschland und die EU haben den Reformprozess in Sri Lanka führend diplomatisch und wirtschaftlich begleitet. Auch wenn die Hauptverantwortung für mangelnde Reformen bei der sri-lankischen Regierung liegt, haben deutsche und europäische Diplomatinnen und Politiker nicht immer ausreichend Anreize für sichtbare Reformen gesetzt. Vor allem müssen sie sich nach dem Chaos in der sri-lankischen Regierung auf die Rückkehr eines ihnen gegenüber skeptisch eingestellten Nationalisten einstellen.

Das Wiedererstarken der Nationalisten ist eine Gefahr für das Land

Am 16. November sind die Bürgerinnen und Bürger Sri Lankas zur Wahl eines neuen Präsidenten aufgerufen. Sirisena tritt nicht wieder an. Der Favorit ist Gotabaya Rajapaksa, ein Bruder von Mahinda Rajapaksa, der von 2005 bis 2015 Präsident war. Der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär verspricht „nationale Sicherheit“, eine „disziplinierte“ Gesellschaft, und eine größere Nähe zu China, von dem sich die aktuelle Regierung abgewandt hatte. Sein Hauptgegner ist Sajith Premadasa, stellvertretender Führer der United National Party (UNP) und Wohnungsminister der aktuellen Regierung. Der Sohn eines früheren Präsidenten verspricht vor allem soziale Wohltaten. Die exekutive Macht des Präsidenten will er nicht antasten, redet aber von mehr Dezentralisierung und „sauberer Politik“.

Ein Sieg Rajapaksas würde eine ernsthafte Gefahr für Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte und das Verhältnis der Volksgruppen in Sri Lanka darstellen. Während der Amtszeit seines Bruders Mahinda (und möglichem neuen Premierministers nach einer Parlamentswahl in wenigen Monaten) wurden weiße Vans zum Symbol eines übergriffigen Sicherheitsapparats, welcher Menschen einschüchterte, überwachte, einsperrte, folterte oder sogar für immer verschwinden ließ. Als Verteidigungsstaatssekretär unter seinem Bruder pflegte Gotabaya Rajapaksa  ein enges Verhältnis zu radikalen buddhistischen Organisationen, die muslimische und christliche Einrichtungen angriffen. Bekannte Journalisten wurden auf offener Straße ermordet. Hinweise, die auf eine von Gotabaya kontrollierte Einheit des militärischen Geheimdiensts deuteten, führten zu einer Anzeige gegen Rajapaksa in den USA, deren Staatsbürgerschaft er zum Zeitpunkt der Tat besaß. Entsprechend diesem früheren Verhalten wäre unter einer Präsidentschaft Rajapaksas auch ein deutlich schärferes Auftreten gegenüber westlichen Staaten zu erwarten – Sri Lanka wäre kein zuverlässiger Partner in multilateralen Gremien mehr. Das Fenster für staatliche Reformen würde sich vollends schließen. Das Risiko von Gewalt und Gegengewalt würde weiter steigen.

Regierungsinterne Spannungen unterminierten die gewünschten Reformprozesse

Rajapaksa werden gute Chancen eingeräumt, weil der gegenwärtige Präsident Sirisena und die Regierung unter Premierminister Ranil Wickremesinghe viele Erwartungen enttäuscht haben. Die Regierung der „nationalen Einheit“, eine Art große Koalition Sri Lankas, hatte bei ihrer Wahl 2015, unterstützt von nationalen Minderheiten, Hoffnungen auf weitreichende Reformen geweckt. Eine breite Regierungsmehrheit und gesellschaftliche Unterstützung nährten die Hoffnung, sie würde die Ursachen der Konflikte, welche Sri Lanka seit Jahrzehnten zerreißen, beherzt angehen.

Die Fliehkräfte zwischen dem sozialkonservativen Präsidenten Sirisena aus der Provinz und seinem wirtschaftsliberalen Premier Wickremesinghe aus der Hauptstadt Colombo waren jedoch zu groß, ebenso zwischen ihren Parteien. Anstatt die Reformen, Einheit und Versöhnung des Landes zu verfolgen, schielte Sirisena häufig auf den parteipolitischen Gewinn.  Zudem sendete die  Regierung widersprüchliche Signale: Einerseits beschloss das Parlament bereits im April 2015 eine Beschränkung der Amtszeit und der Befugnisse des Präsidenten als 19. Verfassungszusatz. Andererseits blieb die Ausarbeitung einer neuen Verfassung mit umfassenderen Veränderungen wie mehr Dezentralisierung im Parlament stecken. Sirisena selbst stellte die von ihm vorangebrachten Reformen dieses Jahr in Frage.

Die Spannungen in der Regierung erreichten einen Höhepunkt am 26. Oktober 2018, als Präsident Sirisena Premierminister Wickremesinghe für abgesetzt erklärte und durch seinen vormaligen Gegner Mahinda Rajapaksaersetzte. Die folgende Verfassungskrise erschütterte das Land. Friedliche Demonstrationen und gezielte Klagen der engagierten Zivilgesellschaft brachten die Krise im Dezember zu einem Ende – und Wickremesinghe zurück in sein Amt. Doch fortan schloss der Präsident den Premierminister von Sitzungen des nationalen Sicherheitsrats aus. Hinweise des indischen Geheimdienstes und eigene geheimdienstliche Erkenntnisse zu den Anschlagsplänen für den Ostersonntag 2019 blieben in den sri-lankischen Sicherheitsbehörden stecken, wie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss feststellte.

Bemühungen zur Aufarbeitung der Vergangenheit blieben unvollendet  

Im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen gab die sri-lankische Regierung die Blockadepolitik ihrer Vorgängerregierung auf und bekannte sich zu einem umfassenden Programm der Vergangenheitsarbeit und Versöhnung. Sie richtete Institutionen ein, die das Schicksal tausender vermisster Personen aufklären, sowie Projekte für Versöhnung und Gewaltprävention anstoßen sollten. Doch einen Mechanismus für die juristische Aufarbeitung der Verbrechen des Bürgerkrieges auf allen Seiten richtete sie nicht ein. Stattdessen ernannte sie Shavendra Silva, der in einem Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen als ein Verantwortlicher für mögliche Verbrechen am Ende des Krieges 2009 genannt wird, zum Chef der Armee.

Zwar begannen mehrere Verfahren wegen Korruption und Misswirtschaft gegen hochrangige Angehörige des früheren Regimes, einschließlich Gotabaya Rajapaksa, aber bis heute wurde keiner von ihnen verurteilt. Gleichzeitig verwickelte sich die neue Regierung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit in einen Skandal um den vergünstigten Verkauf von Staatsanleihen. Insgesamt gab es nur wenige Mitglieder der Regierung, welche sich aus voller Überzeugung für die Aufarbeitung des Bürgerkriegs einsetzten. Aus Beispielen wie diesen sollte die Bundesregierung für die Umsetzung ihrer neuen Strategie zu Vergangenheitsarbeit und Versöhnung lernen.

Die EU sollte Druckmittel wie Handelserleichterungen gezielt einsetzen

Transformationsprozesse verlaufen selten linear. Sri Lankas Politik leidet seit Jahrzehnten unter einem populistischen Überbietungswettbewerb der großen singhalesischen Parteien, der wenig Raum für Minderheiten bietet. Staatliche Institutionen wie Polizei, Militär, Behörden und Justiz werden von der singhalesisch-buddhistischen Bevölkerungsmehrheit dominiert. Die Öffnung der letzten Jahre bot eine Gelegenheit für Reformen. Diese blieben zwar hinter den Möglichkeiten zurück, bieten aber dennoch Ansatzpunkte für die internationale Gemeinschaft, um Rückschritte unter einem neuen Präsidenten zumindest abzufedern.

Mit starker Unterstützung deutscher Diplomatinnen und Diplomaten entschied sich die EU Kommission 2017, Sri Lanka wieder in das Programm „GSP+“ von Handelserleichterungen aufzunehmen. Das Besondere an dem Programm ist, dass die Zollpräferenzen an die Einhaltung von 27 internationalen Konventionen aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsschutz, Korruptionsbekämpfung und Umweltschutz gebunden sind. Ein wichtiger Knackpunkt in den Verhandlungen mit Sri Lanka war die Anfälligkeit der Terrorismusgesetzgebung für Polizeifolter. Indem die EU-Kommission die Zollpräferenzen ohne eine neue Gesetzgebung gewährte, verfehlte sie eine wichtige Weichenstellung. Besonders der sri-lankische Textilsektor profitierte zwar von dem Programm, einschließlich dort beschäftigter Tamilen im Norden des Landes. Doch der drakonische Prevention of Terrorism Act ist bis heute geltendes Gesetz. Nach den Terroranschlägen vom Ostersonntag verhaftete die Polizei hunderte von Personen auf Basis dieses Gesetzes. Die EU sollte deshalb das GSP+ Programm aussetzen, wenn ein neuer Präsident Rechtsstaatlichkeit einschränkt oder Gewalt gegen Minderheiten nicht ausreichend unterbindet– wie sie bereits während der Verfassungskrise 2018 angedroht hatte.

Deutschland kann sich im UN-Menschenrechtsrat für Vergangenheitsarbeit in Sri Lanka einsetzen

Ein weiterer Ansatzpunkt für internationalen Druck ist der UN-Menschenrechtsrat. Deutschland gehört dort zur sogenannten „Kerngruppe“ von Mitgliedsstaaten, welche die Resolutionen zu Sri Lanka federführend verhandeln. Seit 2012 übten regelmäßige Befassungen des Rats und Berichte des Hochkommissariats für Menschenrechte zunehmenden Druck auf die sri-lankische Regierung aus, sich mit Vorwürfen auseinanderzusetzen, dass während des Bürgerkriegs Massaker, gezielte Tötungen, Folter und weitere schwere Kriegsverbrechen verübt wurden – sowohl von staatlichen Sicherheitskräften, als auch Rebellen. Von der Rajapaksa-Regierung eingesetzte Kommissionen waren unzureichend, schafften aber auch eine sri-lankische Berufungsgrundlage für weiteren zivilgesellschaftlichen Druck. Nach dem konstruktiveren Verhalten der Regierung von Premierminister Wickremesinghe seit 2015 hätte der Menschenrechtsrat schon früher als im März 2019 auf einen Umsetzungsplan mit konkreten Fristen drängen sollen, um die Versprechen der Regierung zur Vergangenheitsarbeit einzulösen. Diesen Kanal sollte Deutschland auch in Zukunft gegenüber einem neuen sri-lankischen Präsidenten verfolgen. Um dem Anspruch der Leitlinien, „eine Krise frühzeitig zu verhindern“, zu entsprechen, sollte die Bundesregierung auch konstruktiv gesinnte Regierungen zu klaren Umsetzungsstrategien verpflichten. Auf diese Weise könnte sie früher als bislang institutionelle Weichenstellungen für die friedliche Entwicklung einer Gesellschaft unterstützen, um für mögliche Rückschläge gewappnet zu sein. Die Unabhängigkeit des Rechtsstaats und menschenrechtlicher Institutionen zu verteidigen bleibt ein wichtiger Grund für weitere internationale Aufmerksamkeit in Sri Lanka. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich auch eine nationalistische Regierung in Sri Lanka mit abgestimmtem diplomatischem Druck auseinandersetzen muss. Sri Lankerinnen und Sri Lanker haben in den letzten Jahren eindrücklich bewiesen, dass sie ihre Gesellschaft gegen Machtmissbrauch zu schützen suchen. Ihr Mut und ihre Ausdauer verdient deutsche und internationale Unterstützung.

Preventive Diplomacy: Invest in the Skills of Frontline Diplomats

In conflict-prone countries, diplomats must employ a special skill-set that allows them to escape from biased conventional wisdoms and balance the personal and the professional in negotiations. Ministries and international organizations should foster mechanisms such as structured spaces for reflection and frequent exchange with fellow diplomats from relevant missions in the region.

This post summarizing some key insights from my PhD thesis was first published on the PeaceLab Blog on 4 July 2019.

European diplomats visiting Abyei, May 2019. Source: https://twitter.com/SWalshEU/media.

Conflict prevention is an important objective for international organizations as well as in many countries’ foreign policies. However, engaging in state-society conflicts presents a fundamental challenge for diplomats and United Nations (UN) officials posted in “at risk” countries – those on the precipice of violence. State-society conflicts are defined as those relating to the distribution of power between and within societal groups as well as their respective access to state resources; in other words, nothing could be more political. Diplomats, however, are supposed to refrain – by law and convention – from meddling in another country’s domestic affairs. At the same time, for a reform process to be credible and sustainable, it ultimately needs to be driven by local actors – not outsiders. In short: diplomats are caught in a conundrum of seemingly contradictory conventions and political objectives.

So, how do frontline diplomatic actors handle this fundamental challenge on a practical level? This question was central to my PhD research, in which I found that such situations require careful balancing acts. Engaging in state-society conflicts is always marred by trade-offs, e.g. between inclusion and exclusion or legitimacy and effectiveness. There is hardly ever a perfect combination of international objectives. It often falls to frontline diplomats posted in countries experiencing such conflicts to balance the trade-offs presented by those objectives. Trying to influence state-society relations also involves balancing the level of coerciveness and the level of intrusion in diplomatic interventions. Fostering this duality in a competent manner requires closer attention to the ways in which frontline diplomats make sense of conflicts, interact with national stakeholders, and coordinate with their diplomatic peers.

This analysis is based on an empirical analysis of diplomacy in South Sudan since independence as well as in post-war Sri Lanka, where I interrogated the views and everyday practices of frontline diplomats. In total, I conducted 165 semi-structured interviews with diplomats, UN officials, civil society representatives, policymakers, and experts.

Prevention needs to balance actors and structures

As the American academic Barnett Rubin poignantly observed in 2002, “all prevention is political”: Constraining the repertoire of elite actions is inherently disruptive. Preventive action rests on a forward-looking, proactive and conflict-sensitive attitude, requiring courage and close interaction with people in the target society. International influence, though, is heavily circumscribed, and may be subject to geopolitical interests, regional rivalries, economic priorities, and divergent political preferences of local elites. Prevention is also disruptive within bureaucratic organizations, as it often entails questioning established relationships and accepted analyses in addition to imagining scenarios and new ways of engaging. In short: Prevention is not a separate activity, but rather a normative objective that affects diplomatic interactions across conflict stages.

Politics in countries at risk of armed conflict is often highly personal and informal. A thorough understanding of the nature of elite bargains by national stakeholders must incorporate both psychological factors and an analysis of a conflict’s political economy. Leaders in state-society conflicts may be geared more towards immediate political survival than reputational concerns, which has consequences for preventive diplomacy. Standard diplomatic appeals to leaders’ legacy or long-term interests may thus be ineffective. Diplomats need to balance the respective roles of structures and actors operating within them. In my research, I discuss how they do so across three levels of the diplomatic process at the country level: Knowledge production, political engagement, and international coordination.

Frontline diplomats are exposed to cognitive short cuts

When analyzing the politics of their host countries, frontline diplomats are exposed to cognitive shortcuts. Knowledge production involves balancing countervailing interpretations. Organizational rules and professional conventions dispose frontline diplomats towards a bias favoring the legitimacy held by formal state institutions. Even beyond the state, external actors easily assume a strong link between national stakeholders and local sources of power, and patron-client relations are often difficult to identify for outsiders. Diplomats need to reconcile structural forces such as ethnicity, religion, economic inequality, and ideology with the agency of their local interlocutors: Is their behavior an aberration or an expression of the governing political economy? Diplomats with long-term expertise are often more adept at recognizing such structural forces – but may also fail to update their beliefs and perceptions with changing elite incentives. This was the case following the independence of South Sudan in 2011, when many long-term observers struggled to recognize how the creation of the state had exacerbated internal tensions in the ruling elite. Such changes can be difficult to identify in bureaucratic systems that talk to each other mainly in writing, and that value conformity over questioning an internal consensus.

Diplomatic engagement with national stakeholders is often most effective when it is based on dialogue and clear principles. Mediating the intra-party dispute in South Sudan before the start of the war, a seasoned diplomat insisted, was essential – but it was absolutely integral to ensure transparency and avoid even the impression of favoring one contestant over the other. When domestic leaders find themselves in a hole, external actors need to hand them a ladder to climb out rather than a shovel to dig deeper. If nationalist leaders insulate themselves, working through interlocutors can help to create space for constructive dialogue. At the same time, the risk of constructive engagement is abuse and impunity that normalizes extra-legal methods in political competition. Following the protocol of state-to-state relations is thereby no longer neutral, but may end up legitimizing the concentration of power in a central government. Informal politics often require personal engagement, using institutional networks and individual experience to gain access to key people and facts. When diplomats engage on a personal level, they may increase their risk of being dragged into domestic political fights.

Diplomatic coordination can provide the political cover for preventive diplomacy and reduce the exposure of informal engagement. This often poses a dilemma for principled engagement: Those international actors with the most influence may not be those with the most transformative approach. The Intergovernmental Authority on Development (IGAD)-led mediation in South Sudan was a prime example of this phenomenon, with its member states deeply divided and opposed to freezing the assets of certain South Sudanese elites. At the same time, international pressure is more effective when there exists a broad consensus. Shifting geopolitical power structures mean that alternative sources of legitimacy are readily available, as China’s role in Sri Lanka and its close support for former President Mahinda Rajapaksa demonstrates. International organizations such as a UN Country Team may convene a range of diplomats, and maintain a long-term knowledge base of international engagement – if diplomats regularly share and reflect upon their experiences.

Promoting skills to balance trade-offs and creating spaces for reflection

As my research project demonstrates, the individuals engaged in preventive diplomacy matter. Governments and the UN, which have both committed themselves to conflict prevention, should promote mechanisms, policies, and skill-sets that foster diplomats’ ability to make judgements about balancing trade-offs, weighing countervailing interpretations, savvy engagement, and efficient coordination.

Bureaucratic organizations should establish mechanisms to regularly reflect on the disruptive nature of threats and preventive possibilities. Escaping conventional wisdom requires structured spaces for reflection within missions and across government and international organizations. Too often, missions and regional desks are too thinly stretched to be able to conduct structured conflict analyses regularly. External expertise, regular facilitation, and dedicated support mechanisms from capital/HQ can help overcome the limited capacity of missions in at-risk countries.

In situations with strong regional dimensions such as South Sudan, diplomats from all relevant missions in the region should hold frequent videoconferences and meet for internal workshops. Bureaucracies would do well to revamp human resources practices to ensure that diplomats with appropriate experience and skills are deployed where they are needed. At least for heads of missions, experience in a similar context and some basic country training should be compulsory. Top policymakers must give more weight to principled engagement in at-risk countries and foster an organizational culture that encourages individual responsibility, accepts risks, and allows dissent.

Frontline diplomats, in turn, can benefit from maintaining a detailed overview of national stakeholders, including possible agents of change and spoilers. They need to be prepared to combine personal and professional interactions, based on consistency, integrity, and transparency. For them, what matters is a clear-eyed awareness of risks and benefits, and the readiness to seize opportunities where they arise.

Don’t forget the role of the state in Sri Lanka’s violence

Attacks on minorities in Sri Lanka need to be seen in the context of an ethnocratic state and a climate of impunity for the incitement and mobilisation of mob violence.

The following appeared as a letter to the editor in Süddeutsche Zeitung on 5 June 2019, reacting to an article about incidents of anti-Muslim violence in the North-Western Province of Sri Lanka that had originally been published on 14 May 2019. The translation is mine. 

A broken window in Gintota (near Galle in the South), where a mob attacked Muslim houses and mosques in November 2017.

As you report, after the terrorist attacks on Easter Sunday in Sri Lanka, there were riots against Muslims. It is important not to disregard the role of the state and of impunity in that regard. In contrast to your wording, there weren’t “clashes between Christians and Muslims” recently. More to the point, according to available reports, it was racist violence. In the past years, there have repeatedly been such acts of mob violence, including in Aluthgama in 2014, in Gintota in 2017, and in Ampara and Digana in 2018. Frequently these are violent acts that are organised and incited by radical Singhalese-Buddhist organisations . They use busses to carry groups of perpetrators to a location, where those people systematically attack Muslim shops, houses, and mosques. Sri Lankan security forces intervene only belatedly. Once arrested, many perpetrators are being released after protests.

Recently, the police arrested Amit Weerasinghe  from the organisation Mahason Balakaya. Weerasinghe had already been arrested as one of those inciting the riots in March 2018, but during the constitutional crisis last autumn, he was released. Speaking about religious “clashes” between two communities obscures the one-sidedness and organisation of this violence. It is not spontaneous, but originates in a climate of impunity, structural discrimination, and negligence of security tasks by the authorities.

Since I submitted this letter, things have only got worse. President Maithripala Sirisena pardoned Galagoda Aththe Gnanasara Thero, a Buddhist monk and the General Secretary of Bodu Bala Sena, on 23 May 2019.  Bodu Bala Sena, or BBS, is a radical Buddhist organisation, that has been implicated in many of the violent incidents mentioned above, including Gnanasara personally. In 2014, after initial tensions in the area, BBS held a rally in Aluthgama, where Gnanasara gave a speech threatening “If one Muslim lays a hand at a Singhalese, that will be the end of all of them.” During the violence, at least four people were killed, and many houses damaged. In 2016, he warned of “another Aluthgama”. In March 2018, Gnanasara was again at the scene just before mobs descended on the central towns of Digana and Teldeniya, although BBS claimed he wanted to clam things down. Gnanasara has a close partnership with Wirathu, a radical Buddhist monk inciting hatred in Myanmar.

For none of those events did Gnanasara, or BBS, face judicial consequences. Only in June 2018, Gnanasara was sentenced to six years in jail for contempt of court, after he had interrupted a hearing of a prominent case of an allegedly disappeared cartoonist, and intimitated the cartoonist’s wife, Sandya Eknaligoda. After Gnanasara was released, the president met him in person.

On 31 May, another Buddhist monk, Athuraliye Rathana Thero, began a fast unto death at Sri Lanka’s most sacred Buddhist temple in Kandy, to pressure a Muslim minister and two Muslim governors to resign from their positions, following his allegations about their possible links to the perpetrators of the Easter Sunday attacks. On 3 June, Gnanasara issued a deadline for their resignations. Shortly thereafter, the governors and all 9 Muslim MPs involved in the government, i.e. also those no involved in any allegations, resigned from their positions. More and more, events on the street dominate politics in Sri Lanka.

Sri Lanka: Menschenrechtspolitik ist kein Wettbewerbsnachteil

Eine konsequente Menschenrechtspolitik hat den demokratischen Wandel in Sri Lanka beschleunigt. Die Verschuldung gegenüber China steht einer Aufarbeitung des Krieges nicht im Wege. Eine Replik.

Chinesische Baustelle am Galle Face Green im Zentrum Colombos.

In seinem Beitrag in der FAZ vom 19. Dezember 2016 (“Gefangen in Chinas Schuldenfalle“) beschreibt Christoph Hein, wie die militärische Unterstützung Chinas während der letzten Phase des sri lankischen Bürgerkriegs das Tor für chinesisch finanzierte Großprojekte eröffnete. „Der Westen pochte auf die Menschenrechte und ließ die strategisch wichtige Insel links liegen“, schreibt Hein. Das ist eine einseitige Darstellung.

Wahr ist nämlich auch, dass westliche Staaten schon lange vor China den sri lankischen Kurs der militärischen Bekämpfung der Rebellenorganisation der Tamil Tigers unterstützten. Das US State Department stufte die Organisation bereits 1997 als ausländische terroristische Organisation ein. Selbst als sich die sri lankische Regierung mit den Tamil Tigers in Friedensverhandlungen befand, durften Rebellenvertreter nicht zu einer Geberkonferenz in Washington D. C. im April 2003 fahren. Die Rebellenorganisation nutzte diese Absage als Vorwand, um ihre Teilnahme an den Friedensverhandlungen auszusetzen.

Nachrichtendienstliche Erkenntnisse der USA und Indiens  halfen der sri lankischen Marine, die „schwimmenden Warenhäuser“ der Tamil Tigers im indischen Ozean zu identifizieren und zu zerstören. Bis 2008 lieferten Großbritannien, Tschechien und andere europäische Staaten Sri Lanka Militärfahrzeuge, Kleinwaffen und Granaten.

Spät, zu spät begannen die USA, Großbritannien und Indien, sich bei der sri lankischen Regierung für „humanitäre Feuerpausen“ einzusetzen. Sie standen unter Druck der tamilischen Diaspora bzw. der Regionalregierung in Tamil Nadu. Doch kurz vor dem Ziel ließ sich Präsident Mahinda Rajapaksa nicht aufhalten. Entsprechend perplex reagierte er auf die Forderungen dieser Länder, Vorwürfe massiver Menschenrechtsverletzungen nach dem Krieg aufzuarbeiten. Laut einem bei Wikileaks veröffentlichten US-Drahtbericht vom 18. September 2009 beschrieb Rajapaksa gegenüber der US-Botschafterin, wie der frühere US-Präsident George W. Bush ihn „persönlich ermutigt habe, die Niederschlagung der LTTE (Tamil Tigers) zu verfolgen“. Rufe nach Aufarbeitung fehlte es schlicht an Glaubwürdigkeit.

Chinas Bereitschaft, Sri Lanka mit Infrastrukturprojekten unter die Arme zu greifen, kam gerade recht für Präsident Rajapaksa. Seine Strategie nach dem Krieg sah einen vor allem durch materielle Entwicklung erkauften Frieden vor. Die Regierung investierte zusammen mit internationalen Partnern wie Indien und Japan in Straßen, Eisenbahnverbindungen, Häuser und Elektrizitätsversorgung in den ehemaligen Rebellengebieten im Norden und Osten der Insel.

Im Gegenzug wollte Rajapaksa großangelegte Projekte in den Süden, seine politische Heimat, bringen. Warum sollte China sonst einen ungenutzten Flughafen und einen weitgehend überflüssigen Tiefseehafen in Hambantota finanzieren? Dies waren zuvorderst sri lankische Prioritäten. Chinas Unterstützung für den Hafen kam erst ins Spiel, nachdem Indien abgesagt hatte. Sri Lanka ist kein führerloses Schiff, das hilflos den geostrategischen Interessen von Großmächten ausgesetzt ist.

Weiterhin beschreibt Hein die Entwicklung Sri Lankas nach dem Ende des Bürgerkriegs im Mai 2009 als „Fallbeispiel für das Vordringen Chinas“,  dem weder die neue Regierung noch die westlichen Industriestaaten etwas entgegenzusetzen hätten.

Keine Frage, die hohe Verschuldung des sri lankischen Staates, insbesondere bei China, stellt eine große Belastung für den Haushalt dar. Die Verantwortung dafür liegt bei der Vorgängerregierung unter Präsident Rajapaksa. Wegen vorher festgesetzten Vertragsstrafen bei Bauunterbrechung von „Knebelverträgen“ und „Erpressung“ zu sprechen, wie Hein es tut, ist jedoch reichlich hochgegriffen. So manche deutsche Landesregierung kann ein Lied davon singen, dass unliebsame Projekte der Vorgängerregierung aus rechtlichen Gründen und entgegen von Wahlkampfversprechen nicht mehr zu verhindern sind. In einem Rechtsstaat sind Verträge nun einmal einzuhalten.

Rein finanziell können westliche Industriestaaten nicht die gleichen Summen wie China für ein Land, das die Weltbank nicht mehr zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, aufbringen. Geld übersetzt sich aber nicht eins zu eins in politischen Einfluss.

Die Situation in Sri Lanka stellt keinesfalls einen geopolitischen Sieg Chinas dar, insoweit solche Kategorien überhaupt einen Erklärungswert besitzen. Weltpolitik ist schließlich kein Nullsummenspiel. Eine Mehrheit der sri lankischen Wahlbevölkerung hat am 8. Januar 2015 eine chinafreundliche Regierung abgewählt. Mahinda Rajapaksa stand für einen zunehmend autokratischen Führungsstil, die Einschränkung des Rechtsstaats, Übergriffe auf religiöse Minderheiten und grassierende Korruption.

Von den USA und Großbritannien organisierte Mehrheiten im UN-Menschenrechtsrat setzten die Regierung seit 2012 auch außenpolitisch unter Druck. Laut Diplomatenkreisen fürchteten sich singhalesische Geschäftsleute bereits vor möglichen US-Sanktionen, unbenommen davon, wie begründet diese Sorgen waren. Eine Isolation von westlichen Staaten, auf welche Sri Lanka unter Präsident Rajapaksa zusteuerte, wollten diese Kreise verhindern.

Nach knapp zwei Jahren im Amt hat die neue Regierung einer großen Koalition unter Präsident Maithripala Sirisena und Premierminister Ranil Wickramasinghe wichtige Reformvorhaben angestoßen.  Am 28. April 2015 verabschiedete das Parlament den 19. Verfassungszusatz, welcher die Kompetenzen und Amtszeit des Präsidenten begrenzte. Im September 2015 bekannte sich die Regierung im UN-Menschenrechtsrat zu einem umfassenden Programm zur Aufarbeitung des Bürgerkriegs.  Seit dem 5. April 2016 berät das Parlament als verfassungsgebende Versammlung. Das Ziel: eine neue Verfassung, welche Dezentralisierung stärkt und damit zur politischen Lösung des Konfliktes beiträgt. Und im Juli 2016 gab der Internationale Währungsfonds ein Paket im Wert von 1,5 Milliarden Dollar bekannt, das an kontinuierliche Wirtschaftsreformen gekoppelt ist.

China steht diesen Vorhaben nicht im Weg. Vielmehr hat die offensive Unterstützung für die Rajapaksa-Regierung ihr Einfluss gekostet, wie der von Hein erwähnte öffentliche Streit zwischen dem Finanzminister und dem chinesischen Botschafter in Colombo unterstreicht. Diejenigen Staaten, die seit Kriegsende beharrlich auf eine aufgeklärte Menschenrechtspolitik und die Aufarbeitung mutmaßlicher Kriegsverbrechen gesetzt haben, verfügen jetzt über sehr gute Beziehungen zur Regierung.

Die sri lankische Regierung sollte noch mehr tun, um die Aufarbeitung des Krieges voran zu treiben. Insbesondere sollte sie gegenüber der singhalesischen Bevölkerungsmehrheit deutlicher die Notwendigkeit der Aufarbeitung erklären. Um ihren fiskalischen Spielraum zu vergrößern, könnte sie die Grundsteuer anheben anstatt wie bisher die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Und sie könnte den Verteidigungshaushalt senken und das Militär verkleinern.

Westliche Industriestaaten wie Deutschland sollten weiterhin denjenigen Kräften innerhalb der Regierung den Rücken stärken, die sich für Aufarbeitung von Unrecht und Reformen einsetzen. Sie sollten sicherstellen, dass die Vereinten Nationen auch nach der nächsten Sitzung des Menschenrechtsrates im März 2017 eine Rolle spielen, die Umsetzung von Sri Lankas eigenen Verpflichtungen zu überprüfen und mit Expertenwissen zu unterstützen. Wenn das geschieht, kann Sri Lanka zu einem Fallbeispiel erfolgreicher Menschenrechtspolitik und nachhaltiger Friedensarbeit werden.

Kein Frieden ohne Aufarbeitung   

Die Bundesregierung sollte sich für eine unabhängige gerichtliche Aufarbeitung des Bürgerkriegs in Sri Lanka einsetzen.

Diese Woche besucht der sri lankische Präsident Maithripala Sirisena Berlin. Als er vor dreizehn Monaten sein Amt antrat, begleiteten ihn große Hoffnungen auf demokratische Erneuerung, die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen aus dem Bürgerkrieg und ein erneuertes Verhältnis zu internationalen Institutionen. Während eine neue Verfassung ausgearbeitet wird und die sri lankische Regierung gerade den Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu Gast hatte, ruderte die Regierung in den letzten Wochen beim Thema Aufarbeitung zurück. Die Bundesregierung sollte auf ihr traditionell gutes Verhältnis zu Sri Lanka bauen und sich bei Präsident Sirisena für eine substantielle internationale Rolle bei der juristischen Aufarbeitung mutmaßlicher Kriegsverbrechen einsetzen.

Teil der politischen Agenda der großen Koalition unter Präsident Sirisena und Premierminister Ranil Wickremasinghe ist seit Amtsantritt ein konstruktiverer Umgang mit der tamilischen Minderheit. Dazu gehört ein grundsätzliches Bekenntnis zur Aufarbeitung von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen während des sechsundzwanzigjährigen Bürgerkriegs, der im Mai 2009 mit einem militärischen Sieg der Regierung zu Ende ging. In seiner Rede zum sri lankischen Unabhängigkeitstag am 4. Februar 2016 bezeichnete Präsident Sirisena die Versöhnung zwischen den Volksgruppen Sri Lankas als zentrale Aufgabe, um wirtschaftlichen Aufschwung zu sichern und politische Stabilität zu garantieren.

Ein entscheidender Teil dieses Versöhnungsprozesses ist die Aufarbeitung vergangenen Unrechts. Zahlreiche Expertenberichte werfen sowohl den Regierungsarmee als auch den Rebellen der tamilischen Befreiungstiger (LTTE) massive Menschenrechtsverletzungen während des gesamten Bürgerkrieges vor. Insbesondere die letzten Monate des Kriegs im Frühjahr 2009 geraten dabei immer wieder in den Blickpunkt: damals waren rund 300.000 tamilische Zivilisten zwischen den Fronten gefangen. Die LTTE ließ die Zivilbevölkerung nicht fliehen und die Armee schoss mit schwerer Artillerie auf dicht besiedelte Gebiete und medizinische Einrichtungen. Wenige Monate nach Ende der Feindseligkeiten tauchten Handyvideos, Photos und Zeugenaussagen unter anderem beim britischen Sender Channel 4  auf. Dieses Material zeigt, wie Soldaten gefesselte Gefangene erschießen, und lässt auf Folter und Vergewaltigung durch die Regierungstruppen schließen.

Sirisenas Vorgänger Mahinda Rajapaksa bestritt stets die Echtheit dieses Materials und verweigerte die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen beim Thema Aufarbeitung. Sirisena wird nicht müde zu betonen, dass es Rajapaksas Versagen war, nach dem Ende des Krieges die Versöhnung der sri lankischen Volksgruppen zu verfolgen, welche zunehmenden internationalen Druck für die Aufarbeitung von mutmaßlichen Kriegsverbrechen zur Folge hatte.

Im Oktober 2015 einigte sich die neue sri lankische Regierung mit den Mitgliedern des UN-Menschenrechtsrats auf einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Versöhnung, Wiedergutmachung und Aufarbeitung mutmaßlicher Kriegsverbrechen. Nach zähen Verhandlungen unter Federführung von Großbritannien und den USA stimmten die sri lankischen Verhandlungsführer zu, dass Sri Lanka einen Sondergerichtshof zu diesem Zweck einrichten solle, welcher „Commonwealth und andere ausländische Richter“ beteiligt.

Die genaue Rolle von internationalen Juristen in diesem, noch einzurichtenden Sondergerichtshof bleibt jedoch weiterhin hochumstritten. Während Tamilenverbände und Vertretungen von Folteropfern sich für eine mehrheitlich internationale Besetzung der Richterbank aussprechen, lehnt die sri lankische Regierung jegliche internationale operative Rolle von internationalen Richtern ab; lediglich „technische“ Beratung unter dem Dach des Hochkommissars für Menschenrechte sei denkbar. In einem BBC-Interview im Januar 2016 lehnte Sirisena die Beteiligung internationaler Richter ab und zeigte eine beunruhigende Gelassenheit, wann der Gerichtshof überhaupt eingesetzt werde.

Diese Einstellung widerspricht der eigenen Verpflichtung zur Versöhnung. Über Jahrzehnte haben sri lankische Gerichte Verletzungen der Streitkräfte nicht oder nur unzureichend aufgeklärt. Stattdessen wurden Zeugen unter Druck gesetzt, Beweismittel vernichtet und Prozesse nach staatlichem Druck ausgesetzt, wie ein UN-Bericht letztes Jahr beobachtete. Im Oktober letzten Jahres stellte eine noch von Rajapaksa eingesetzte Expertenkommission unter Vorsitz des sri lankischen Richters Maxwell Paranagama fest, dass das sri lankische Justizsystem nur dann in der Lage wäre, diese Verbrechen zu verfolgen, wenn es die bestehenden internationalen Standards ins Strafgesetzbuch aufnehme, insbesondere zur Befehlshaberverantwortlichkeit. Sogar aus Sicht der regierungstreuen Kommission sei eine Beteiligung von Commonwealth Richtern wünschenswert.

Kanzlerin Merkel kann also auf die Empfehlungen einer einheimischen Kommission verweisen, wenn sie Präsident Sirisena auf die Umsetzung der UN-Resolution anspricht. Weiterhin sollte sie deutlich machen, dass die Resolution des Menschenrechtsrats, welche dieser unter deutschem Vorsitz beschloss, eine gemeinsame Verpflichtung der sri lankischen Regierung und der Ratsmitglieder darstellt. Wenige Tage nach Sirisenas umstrittenen Äußerungen zeigte sich Premierminister Wickremasinghe im britischen Fernsehen offen gegenüber einer Beteiligung internationaler Juristen und einer möglichen Anklage Rajapaksas.

Wie wir in Deutschland nur zu gut wissen, dauert die Aufarbeitung vergangenen Unrechts lange und muss viele strukturelle Hindernisse überwinden. Dies ist auch in Sri Lanka der Fall. Sirisena steht unter Druck des nationalistischen Lagers in seiner eigenen Partei, das sich um den früheren Präsidenten Rajapsaka schart. Doch deren Lautstärke sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass die große Koalition der Regierung über eine breite Mehrheit verfügt. Der momentane Verfassungsreformprozess bietet eine gute Gelegenheit, die legalen Voraussetzungen für die Beteiligung internationaler Richter zum Beispiel in einer Sonderkammer des obersten Strafgerichts Sri Lankas zu schaffen.

Freilich kann eine gerichtliche Aufarbeitung allein nicht die Versöhnung der sri lankischen Volksgruppen garantieren. Weitere Maßnahmen wie die Entmilitarisierung des Nordens und Ostens der Insel, eine Dezentralisierung der Verwaltung und die Identifikation der in der Haft gestorbenen Tamilen können zu einem ganzheitlichen Prozess beitragen. Ohne Frage muss dieser Prozess auch auf das Leid der Singhalesen durch terroristische Anschläge der LTTE eingehen. Die Beteiligung unabhängiger internationaler Experten an der gerichtlichen Aufarbeitung würde diesem ganzheitlichen Verständnis von Versöhnung dienen.

The UN at 70: Diplomacy as the art of the possible

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Photo (c) UN Photo.

This post first appeared on the Blog Junge UN-Forschung.

These days, people all over the world commemorate the founding of the United Nations 70 years ago. On 24 October 1945, the UN Charter entered into force and a new international organization was born out of the ashes of the Second World War and the Holocaust. Today, commemorating the UN is often an occasion to question its continuing relevance, and stress the need for its wholesale reform. Even UN enthusiasts are resigned; the best argument put forward is usually along the lines: there is no alternative to this universal international organization that provides a forum for world leaders, an authority on international norms, and a lifeline for millions affected by conflict, poverty, and disease.

The atmosphere was decidedly more upbeat at the recent commemorative event organized by the United Nations Association UK (UNA-UK), the civil society organization in the United Kingdom devoted to the United Nations. Bringing together around 1,000 guests in the medieval Guildhall in central London, the discussions and keynote speech underlined the nature of multilateral diplomacy. It is the art of the possible and often up to individuals, exploring the opportunities that lie in “the space between where your instructions end and you as a thinking negotiator invest your own thought”, High Commissioner for Human Rights Zeid Ra’ad al-Hussein said once to The New York Times. His remarks at the event reflected this insight, just as much as the thorough recommendations from Gro Harlem Brundtland, former Prime Minister of Norway, and Hina Jilani, Pakistani Supreme Court Advocate in the panel discussion preceding the High Commissioner’s keynote. Both are members of The Elders, an advocacy organization on peace and human rights founded by Nelson Mandela.

Holding such an event in London had a particular historic significance: Just a few miles from Guildhall, the UN General Assembly met for the first time on 10 January 1946 in Westminster Methodist Central Hall. The UN Security Council followed a week later, with a meeting in Church House in Westminster, London.

More transparency for the Secretary General’s election and the use of the veto

Seventy years later, everyone agrees that the UN needs reform, but opinions diverge how that can be achieved. Three examples highlight areas where consistent advocacy and careful negotiations can advance the overall effectiveness and legitimacy of the United Nations and its work: electing the new Secretary General, the use of the veto in the Security Council, and transitional justice in Sri Lanka.

At the end of next year, the UN will choose a new Secretary-General, as Ban Ki-moon’s second term comes to an end. Traditionally, the five permanent members of the Security Council have decided on the final candidate just by themselves, without public debate, campaigns, or any meaningful inclusion of the General Assembly which could only confirm the lowest common denominator candidate the five powers could agree on. Improving this process is important, as Gro Harlem Brundtland outlined, as the Secretary General can prove an influential normative leader. To be able to work for the world community, he (or she!) needs to be independent and impartial, and all countries need to have the feeling that the Secretary General represents their common interest.

For this purpose, UNA-UK started the 1for7billion campaign. Its objective is to make the selection process of the Secretary General more transparent, including encouraging member states to suggest candidates that would run on an open platform, spelling out official criteria for the selection, informal meetings with the candidates by the General Assembly, and encouraging a female candidate.

Unrealistic? Requires a charter change? Actually, on 11 September 2015, the General Assembly adopted a resolution outlining all of the above principles. Activists, including The Elder member Brundtland, would like to see further changes such as limiting the term of the SG to one, non-renewable seven-year term, and the actual submission of more than once candidate by the Security Council to the General Assembly. Still, the 1for7billion campaign is a primary example how a civil society-led campaign can push the boundaries of multilateral diplomacy further.

The issue of restraining permanent members from using their veto in the Security Council is a tougher nut to crack. The French government, as well as a group of member states called the “Accountability, Coherence and Transparency Group” (ACT) have assembled 73 member states behind their pledge not to use the veto in case of mass atrocities. Recently, the UK joined the French in signing up to the code of conduct for the permanent members, leaving the US, Russia, and China, which have all declared their opposition to the proposal. Here, The Elders member Jilani advocated that permanent members should at least be required to explain their position publicly, if they do decide to resort to the veto. This explanation could then provide the basis for further deliberation – and further pressure to find an agreeable solution.

Transitional justice in Sri Lanka

Lastly, High Commissioner for Human Rights Zeid delivered a passionate plea for the value of human rights in our time: refugees crossing a border illegally should not be regarded as criminals, he said. More than any other high-level official in the UN system, his office confronts him with evidence of the worst offences against ordinary human beings on a daily basis. Recounting a recent visit to Mexico, where he met with families of some of the 26,000 persons that have disappeared in recent years, he vented his frustration and despair: “It leaves you feeling empty”, he said. Still, “if we did nothing, the situation would have no chance of getting better”, he added defiantly.

Transitional justice in Sri Lanka is a recent example what a careful diplomatic approach can accomplish. On 1 October, the UN Human Rights Council adopted a resolution, in congruence with the Sri Lankan government, recommending a host of measures designed to advance the process of reconciliation, accountability and non-recurrence more than six years after the end of the brutal civil war in the island nation. One particularly hard-fought issue was the inclusion of international judges in the judicial mechanism to investigate crimes and try perpetrators for international crimes.

Despite its general openness to work with international partners on reconciliation and accountability, the new Sri Lankan government had promised its electorate at home that alleged perpetrators would only be tried by domestic judges. For the high commissioner, as well as the UK and the US as main sponsors of the resolution, the decades-long history of delayed and flawed trials for human rights abuses in Sri Lanka meant that some international element was going to be crucial to make the mechanism meaningful. After hurried last-minute negotiations, the Sri Lankan diplomats finally agreed to the “participation of… Commonwealth and other foreign judges” in the Sri Lankan mechanism.

As Sir Jeremy Greenstock, chairman of UNA-UK, asked the High Commissioner whether he believed that this was actually enough, the latter pointed out that the Human Rights Council adopted his recommendations “almost in total” and that there was “immense legal expertise” in Sri Lanka. He is due to travel to the country until the end of the year to further clarify the implementation of the resolution.

Public consultations for the election of the new Secretary General, a code of conduct for Security Council action in situations of mass atrocities, and redress for massive human rights violations during Sri Lanka’s civil war: three recent examples how diplomacy, pushed by strong civil society advocacy, can make a difference at the United Nations. In a time where public debate is dominated by the failures of UN member states in Syria and Ukraine, as well as of UN staff in the Central African Republic or Darfur, it is important to highlight the role of individuals and their actions in international crises. Given a window of opportunity, individual diplomats, senior UN officials and civil society activists can meaningfully contribute to make the vision of the UN Charter a living reality, bit by bit.

Wie eine Mango – unterwegs im Norden Sri Lankas

Nach drei Jahren war ich im März 2014 wieder für eine Woche im Norden Sri Lankas unterwegs.

Gleichmäßig tuckernd saust der Zug an knorrigen Bäumen und roter Erde vorbei. Ich befinde mich auf der Rückfahrt meines Ausflugs in die Nordprovinz Sri Lankas. In vier Tagen besuchte ich die ehemalige Hauptstadt der Tamil Tiger Rebellen Kilinochchi, die Orte der letzten Auseinandersetzungen zwischen Armee und Rebellen um PTK und Mullaitivu, das kulturelle Zentrum der Tamilen in Jaffna und zwei Inseln im äußersten Nordwesten des Landes, Delft und Nanaitivu.

Zerstörtes Haus am Rande der A35 auf dem Weg nach Mullaitivu
Zerstörtes Haus am Rande der A35 auf dem Weg nach Mullaitivu

Seit meinem letzten Besuch in Jaffna, damals auf Dienstreise mit der deutschen Botschaft, sind genau drei Jahre vergangen. Viel ist in dieser Zeit über die Situation in Sri Lanka geschrieben und gesagt worden, doch ich wollte endlich die Lage selbst sehen, wenn auch in der Kürze der Zeit erzwungenermaßen oberflächlich. Welche Spuren des Krieges und der Rebellen sind noch zu erkennen? Wie hat sich die wirtschaftliche Lage verändert?

Kilinochchi, das nach harten Kämpfen am 2. Januar 2009 an die Sri lankische Armee fiel, lässt jeglichen Hinweis auf die immerhin knapp fünfzehnjährige Existenz des Proto-Staates Tamil Eelam vermissen. Selbst der Krieg scheint fern – zerstörte Häuser sind äußerst selten, nur ein von der LTTE zerstörter Wassertank und ein Mahnmal der Armee erinnern direkt daran. Stattdessen dominiert die vierspurig ausgebaute Hauptverbindungsstraße zwischen Norden und Süden das Stadtbild. Genau wie die Zugstrecke wurde sie erst letztes Jahr wieder eröffnet. Jede Menge kleiner Läden säumen die Straßenränder. Zwei Kinderparks, von USAID und der Sri lankischen Armee, bieten Freizeitausgleich an. An den Verwaltungsgebäuden scheint die Farbe gerade getrocknet zu sein. Doch je länger ich durch die Stadt laufe, kommt mir das alles seltsam vor. Es scheint, als wäre die ganze Stadt mit wahrscheinlich mehreren zehntausend Einwohnern erst vor fünf Jahren gegründet worden. Es fällt schwer, irgendein Haus zu finden, das offensichtlich älteren Datums ist. Es ist eine Stadt ohne Seele.

Hauptstraße in Kilinochchi
Hauptstraße in Kilinochchi

Mit dem Tuk-Tuk mache ich mich auf den Weg Richtung Osten, wo die letzten Gefechte im Frühjahr 2009 ausgetragen wurden. Die Tamil Tigers hatten nach dem Fall Kilinochchis die Zivilbevölkerung gezwungen, sich mit ihnen zurück zu ziehen. In einem stetig schrumpfenden Gebiet waren auf diese Weise etwa 300.000 Zivilisten (exakte Zahlen sind heftig umstritten) den Kämpfen ausgeliefert. Das Kalkül der Rebellen, durch die damit verbundenen zivilen Opfer die Unterstützung und Intervention (auf welche Weise auch immer) der internationalen Gemeinschaft zu erlangen, scheiterte katastrophal. Nicht zuletzt kümmerte die Regierung sich herzlich wenig um die laute Rhetorik des Westens so kurz vor dem Ziel.

Auf dieser Straße war die Armee vorgerückt. Irgendwann sagt der Fahrer zu mir: “Here, war. Hundred people killed.” Diese Realität passt wenig mit der offiziellen Linie der Armee zusammen. Bei Puthukkudiyiruppu (PTK) hatte die Armee die erste “No Fire Zone” errichtet. In diese sollten die Zivilisten fliehen, aber Artillerieschüsse trafen Krankenhäuser und andere zivile Ziele hier trotzdem. In der Nähe hat die Armee heute ein “war Museum” eingerichtet, in dem sie Kriegsgerät der Rebellen ausstellen. Darunter sind auch kleine U-Boote, Schnellboote für Selbstmordattentate, Torpedos und Raketenwerfer. Die LTTE galt als eine der professionellsten Rebellengruppen der Welt. Auch Teile ihrer kleinen Luftwaffe werden ausgestellt. Diese als unbezwingbar geltende Gruppe hat also die heroische Sri lankische Armee in einer “Humanitarian Rescue Operation” besiegt. Eine kleine Ausstellung zeigt Bilder und schematische Truppenbewegungen, mit ausschließlich singalesischem Kommentar. Nebenan zeigt ein martialisches “Siegerdenkmal” einen überlebensgroßen Soldaten, der stolz sein Gewehr hoch reißt. Damit auch hier keine Missverständnisse aufkommen, wessen Sieg gemeint ist, hat die Armee die tamilischsprachige Plakette ausgelassen.

Siegesdenkmal bei PTK
Siegesdenkmal bei PTK

Zuletzt kommen wir an den Strand, an dem immer noch rund 250.000 Zivilisten ausharren mussten im April und Mai 2009. Fast kein Baum spendet hier Schatten, die Vegetation überdeckt die immer noch sichtbaren Einschlagskrater und Hinterlassenschaften der Vertriebenen nicht vollständig. Es ist ein bizarres Bild: feinster weißer Sandstrand lädt zum Baden ein, während direkt dahinter das Brachland des Schlachtfelds liegt. An diesem Punkt hatten sich die beiden aus gegensätzlichen Richtungen vorstoßenden Divisionen vereint und damit den noch verbliebenen wenigen hundert Rebellen mit ihrer Führung den Fluchtweg versperrt. Heute leben hinter dem Strand einige Familien in noch nicht fertig gestellten Häusern.

Die Situation im Norden ist wie eine Mango, sagte ein Tamile, den ich in Jaffna treffe. Von außen sieht alles herrlich frisch und neu aus, und erst wenn man die Mango aufschneidet, erkennt man, dass sie faul ist. Die wirtschaftliche Entwicklung, die ich sehen kann, ist in der Tat sehr beachtlich. Wo vor drei Jahren kaum Autos fuhren und der Markt in Jaffna kaum über Lebensmittel hinausging, erhebt sich jetzt eine Mall mit Kino und KFC Restaurant. Die gleiche Straße, die ausgestorben und voller Kriegsschäden war, hat jetzt neue Hotels, Restaurants und Einkaufsläden.
Gleichzeitig besetzt die Armee mit ihren vielen Kasernen und Baracken immer noch viel Land im Norden, das die eigentlichen Besitzer nicht bewirtschaften können. Abends machen sich einige Soldaten über die zahlreichen Kriegswitwen her, sagt der Tamile. Und Kriegsdenkmäler feiern stets auf die ein oder andere Weise den “Sieg über den Terrorismus”. Öffentliche Trauer, zumal über getötete Rebellen, ist nicht vorgesehen. Die Armee hat alle “Heldenfriedhöfe” der LTTE eingeebnet.

An diesem Strand fanden die letzten Auseinandersetzungen im Mai 2009 statt
An diesem Strand fanden die letzten Auseinandersetzungen im Mai 2009 statt

Doch noch in einem dritten Aspekt gleicht der Norden der einheimischen Mango. Es ist eine zutiefst sinnliche Erfahrung hier zu reisen. Die Landschaft ist von rauer, nicht selten atemberaubender Schönheit. Palmen, Palmyra und Wasserbecken, an deren Rändern Kühe grasen, beherrschen das trockene und flache Land. An Wasserlöchern im Distrikt von Mullaitivu labt sich eine Herde Wasserbüffel in der tief roten untergehenden Sonne. In Delft sind die Grundstücke mit kleinen Mauern aus Korallen eingefasst, während wilde Pferde über die Ebenen traben. Gott hat das Land noch nicht verlassen.