Äthiopiens Chance auf Frieden sichern

Das Ende des Krieges im Norden sollte der Auftakt für grundlegende Reformen der Regierungsführung sein

SWP-Aktuell 14/2023, erschienen am 1.März 2023

Das Abkommen, das die Tigray People’s Liberation Front (TPLF) und die äthiopische Regierung am 2. November 2022 unterschrieben haben, bietet eine reale Chance, einen der blutigsten Kriege weltweit zu beenden. Die Umsetzung der Vereinbarung verläuft bisher gut. Durch den Friedensprozess ist jedoch die Frage nach einer stabi­len Machtverteilung innerhalb Äthiopiens und am Horn von Afrika ins Blickfeld gerückt. Die Regierung unter Premierminister Abiy Ahmed steht vor drei zentralen Herausforderungen. Erstens muss sie die TPLF integrieren und sich gleichzeitig aus der Partnerschaft mit Eritrea lösen. Zweitens muss sie das innenpolitische Verhältnis der wichtigsten politischen Akteure neu austarieren, um eskalierende Gewalt in den Bundesstaaten Amhara und Oromia zu stoppen. Schließlich muss sie die durch den Krieg gespaltene und verarmte Gesellschaft wieder zusammenbringen. Internationale Partner sollten Äthiopien mit konditionierten Finanzhilfen und Projekten zur Frie­densförderung bei der Bewältigung dieser Herausforderungen unterstützen.

Im Januar besuchten Bundesaußenminis­terin Annalena Baerbock und ihre französische Amtskollegin Catherine Colonna zu­sammen Addis Abeba. Ihre Botschaft: Euro­päische Partner sind bereit, ihre Zusammen­arbeit mit der äthiopischen Regierung wie­der zu intensivieren, wenn der Friedens­prozess in Tigray glaubwürdig gestaltet wird und es vor allem Schritte zur Aufarbeitung massiver Menschenrechts­verletzungen gibt.

Äthiopiens Bürgerkrieg ist Ausdruck eines Machtkampfs innerhalb der regierenden Elite des Landes. Premierminister Abiy hatte sich 2018 in einer internen Abstimmung in der Mehrparteienkoalition Ethio­pian People’s Revolutionary Democratic Front (EPRDF) überraschend gegen den Kan­didaten der TPLF durchgesetzt. Als Abiy 2019 aus der alten Koalition die neue Pros­perity Party (PP) formte, blieb die TPLF, die seit 27 Jahren die Koalitionsregierung be­herrscht hatte, außen vor. Die TPLF zog sich nach Tigray zurück, während Abiy ihren Einfluss innerhalb des Regierungs- und Sicherheitsapparats zurückdrängte und eine politische und wirtschaftliche Reform­agenda vorantrieb.

Der zentralistische Kurs von Abiys Regierung stand jedoch den Forderungen nach größerer ethnischer Selbst- und Mitbestimmung von Bevölkerungsgruppen aus dem ganzen Land entgegen, die nach der Zurück­setzung der TPLF ihre Zeit gekommen sahen. Der Machtwechsel 2018 war zustande ge­kommen, nachdem in den Bundesstaaten Amhara und Oromia jahrelang gegen die Dominanz Tigrays protestiert worden war. Am stärksten verschärften sich jedoch die Differenzen zwischen der Regierung und der TPLF: Anfang November 2020 eskalierten sie in einem bewaffneten Konflikt.

Der Krieg war nicht auf Tigray beschränkt; daher kann es auch der Friedensprozess nicht sein. In Äthiopiens bevölkerungsreichsten Regionen Oromia und Amhara haben ethnonationalistische Kräfte in den letzten Jahren an Zulauf gewonnen, die teilweise gegen den Staat und auch gegeneinander kämpfen.

Abiys Machtbasis zerbröckelt als Folge dieser Verwerfungen, ohne dass sich ein alternatives Machtzentrum gebildet hätte. Auf dem Spiel steht dabei die Stabilität und letztendlich sogar die Einheit des äthiopischen Staates. Aus einer optimistischen Sicht bietet der Friedensprozess aber auch eine Gelegenheit, mehr Bevölkerungsgruppen einzubinden, die Zivilgesellschaft zu stärken und die Machtverteilung zwischen dem Zentrum und ethnisch definierten Bundesstaaten, die Äthiopien seit Jahr­zehnten beschäftigt, neu auszuhandeln.

Der Frieden dient dem Macherhalt

Die »Vereinbarung über einen dauerhaften Frieden durch einen permanenten Waffen­stillstand«, welche die TPLF und die äthio­pische Regierung auf Vermittlung der Afri­kanischen Union (AU) im südafrikanischen Pretoria unterzeichneten, kam durchaus überraschend. Eine etwa fünfmonatige Feuerpause in der ersten Jahreshälfte 2022 hatte keine Verhandlungsfortschritte ge­bracht. Die seit Ende August wieder auf­geflammten Kämpfe waren von einer be­sonderen Härte und einem massiven Trup­peneinsatz gekennzeichnet. Berichte spre­chen von bis zu einer Million Kämpfern auf allen Seiten. In einer gemeinsamen Offen­sive eroberten eritreische Truppen und die Ethiopian National Defense Forces (ENDF) strategisch wichtige Städte in Tigray und standen kurz vor der Regionalhauptstadt Mekele. Die AU war aus Sicht der TPLF kein rundum glaubwürdiger Vermittler und ver­zögerte den Beginn von Friedensgesprächen.

Angesichts der militärischen Lage ist vor allem das Rational der äthiopischen Regie­rung erklärungsbedürftig. Ihr Gegner, die Tigray Defense Forces (TDF), hatte zwar bereits 2021 in Guerilla-Aktionen die äthio­pischen Streitkräfte aus Tigray vertrieben und war danach nach Amhara und Afar vorgerückt. Allerdings gelang es den TDF damals nicht, Addis Abeba oder die Ver­sorgungswege zwischen dem wirtschaft­lichen Zentrum des Landes und dem Hafen in Dschibuti zu erreichen. Im Herbst 2022 gingen ihnen überdies Nachschub und Munition aus.

Für beide Seiten war der Krieg mit enormen Kosten verbunden. Schätzungen gehen von 518.000 zivilen Todesopfern allein in Tigray bis Ende 2022 aus. Hinzuzuzählen sind zivile Opfer in Afar und Amhara sowie vermutlich Hunderttausende gefallene Kämpfer. Dies entspricht auch den Größen­ordnungen, die hochrangige Vertreter der EU, der USA und der AU nennen. Somit könnte rund ein Zehntel der Vorkriegs­bevölkerung Tigrays im Krieg ihr Leben ver­loren haben, vor allem wegen mangelnder medizinischer Versorgung und Unter­ernäh­rung. Die Regierung blockierte monatelang den Zugang für humanitäre Organisationen und schnitt die Bevölkerung Tigrays von Elektrizität, Telekommunikation und Bank­dienstleistungen ab.

Abiy stimmte dem Abkommen wahrscheinlich vor allem deshalb zu, weil es da­zu beiträgt, seine eigene Macht zu sichern. Eine vollständige militärische Eroberung Tigrays hätte vermutlich bedeutet, dass die Regierung ihre militärischen Kräfte auf Dauer in Tigray hätte konzentrieren müssen, um mögliche Guerilla-Aktionen zu unter­binden. Die hohen Militärausgaben belaste­ten ohnehin den Staatshaushalt Äthiopiens. Für Abiy wäre es schwieriger geworden, öffentliche Investitionen zu finanzieren, die das Wirtschaftswachstum der letzten Dekade in erster Linie angetrieben haben und Gelegenheit für Patronage boten.

Eine permanente Truppenkonzentration in Tigray hätte die Regierung auch daran gehindert, mehr Militär in die anderen Kon­fliktgebiete des Landes zu verlegen. Außer­dem hätte dieses Szenario Abiys Abhängig­keit von Eritrea weiter verstärkt, das einen erheblichen Teil seiner Streitkräfte gegen die TDF eingesetzt hat.

Schließlich hätte ein militärisches Ende des Krieges die Regierung weiterem inter­nationalen Druck ausgesetzt. Hatte sie zu Beginn des Krieges noch Unterstützung für ihren Kurs von Seiten der Trump-Adminis­tration und des Vorsitzenden der AU-Kom­mission Moussa Faki Mahamat, so änderte sich das später. Die USA setzten zum 1. Januar 2022 Handelsprivilegien unter dem African Growth and Opportunity Act (AGOA) aus, was insbesondere den äthio­pischen Textilsektor empfindlich traf. Im US-Kongress verstärkte sich die Forderung nach weiteren Sanktionen. In der Region setzte sich Kenia für eine friedliche Lösung des Krieges ein. Nachdem der AU-Sonder­gesandte Olusegun Obasanjo keine Fort­schritte erzielt hatte, erweiterte die AU das Mediationspanel um Uhuru Kenyatta, Kenias Ex-Präsidenten, und Phumzile Mlambo-Ngcuka, eine frühere Vizepräsidentin Südafrikas.

Das Abkommen wirkt – bislang

Der Kern des Abkommens besteht aus einem Deal: die TPLF verpflichtete sich zur kom­pletten Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration der TDF ins zivile Leben bzw. in reguläre Sicherheitskräfte Tigrays und zur friedlichen Übergabe der Kontrolle an die Polizei und Streitkräfte der Zentralregie­rung. Im Gegenzug soll die TPLF von der äthiopischen Terrorliste gestrichen werden, die Versorgung der Bevölkerung in Tigray wiederhergestellt werden und sollen nicht-föderale Truppen abziehen.

Das wichtigste Ziel des Abkommens wurde sehr schnell erreicht: ein Ende der Kampf­handlungen zwischen den TDF und den ENDF. Beide Streitkräfte zogen sich von den Frontlinien zurück. Für die meisten Menschen im Norden Äthiopiens verbesserte sich die Situation. 90 Prozent der Bevöl­kerung Tigrays sind auf Unterstützung bei der Nahrungsmittel­versorgung angewiesen. Ein Großteil von ihnen hat jetzt wieder Zu­gang zu Hilfslieferungen. Viele Städte wur­den im Dezember wieder an das Elektrizi­tätsnetz angeschlossen. Banken öffneten wieder, Telekommunikations- und Internet­verbindungen wurden wiederhergestellt. Ethiopian Airlines nahm wieder Direktflüge zwischen Mekele und Addis Abeba auf. Doch die Qualität der Infrastruktur ist oft noch schwach, und einige Gebiete sind weiterhin kaum für humanitäre Organisationen zugänglich, insbesondere solche ab­seits großer Straßen und an der Grenze zu Eritrea. 2,3 Millionen Kinder gehen allein in Tigray nicht zur Schule, mehr als die Hälfte davon seit mehr als zwei Jahren. Der Wiederaufbau wird noch lange dauern.

Enge Partnerschaft mit Eritrea

Ein Knackpunkt des Friedensprozesses bleibt der Umgang mit jenen bewaffneten Akteuren, die bei den Friedensverhandlungen nicht dabei waren, primär Eritrea und Gruppen aus Amhara.

Für Abiy war Eritreas Präsident Isaias Afwerki ein wichtiger Verbündeter in sei­nem Machtkampf gegen die TPLF. Isaias hegt seit dem Grenzkrieg um den Ort Badme im Norden Tigrays (1998–2000) eine tiefe Feindschaft gegenüber der TPLF. Obwohl die äthiopische Regierung das Territorium, das von einer internationalen Grenzkommis­sion Eritrea zugesprochen wurde, nach dem Krieg besetzt hielt, wurde Eritrea inter­national zunehmend isoliert. Als bekannt wurde, dass die Regierung in Asmara die somalische Al‑Shabaab unterstützte, ver­hängte der UN-Sicherheitsrat auf Betreiben Äthiopiens 2009 Sanktionen und ein Waf­fen­embargo gegen Eritrea. Die mutmaß­liche Bedrohung durch die TPLF, Äthiopiens damalige Regierungspartei, diente Isaias zur Begründung für die Einführung eines unbefristeten Wehr- und Arbeitsdiensts, zu dem eritreische Männer und Frauen gleichermaßen herangezogen werden.

Das Abkommen zwischen Eritrea und Äthiopien vom Juli 2018, das Abiy ein Jahr später den Friedensnobelpreis eintrug, hatte in der Grenzregion zwar wenig nachhaltige Fortschritte gebracht. Gleichwohl stärkte es die Sicherheits- und Geheimdienstkooperation beider Regierungen und führte zur Auf­hebung der UN-Sanktionen. Als sich das Ver­hältnis zwischen TPLF und Abiy verschlech­terte, wurde aus dem Friedensabkommen ein Kriegspakt. Monate vor Kriegsbeginn verlegte Abiy Militär nach Tigray. Eritrea organi­sierte ein Training für 60.000 Truppen des Bundesstaats Amhara (gemäß der födera­listischen Verfassung haben äthiopische Bundesstaaten eigene Sicherheitskräfte).

Isaias sieht den Friedensprozess zwischen der TPLF und der äthiopischen Regierung dementsprechend mit großer Skepsis. Auch wenn im Januar eritreische Truppen­bewegungen aus einigen Städten Tigrays als Rückzug vermeldet wurden, sind eritreische Militäreinheiten wohl weiterhin in einigen Gebieten Tigrays präsent, zusätzlich zu Spezialkräften anderer äthiopischer Bundes­staaten, vor allem aus Amhara. Die eritrei­schen und amharischen Truppen werden für Angriffe auf die Zivilbevölkerung verant­wortlich gemacht, die auch sexuelle Gewalt, Entführungen und Plünderungen einschlie­ßen. Dabei soll es allein zwischen Anfang Novem­ber und Ende Dezember 2022 meh­rere Tausend Todesopfer gegeben haben.

Dabei hatten sich die Oberkommandierenden der beiden Konfliktparteien in Nairobi geeinigt, dass alle Nicht-ENDF-Trup­pen gleichzeitig mit der Entwaffnung der TDF abziehen sollten. Zur Überwachung der Einhaltung des Abkommens setzte die AU einen Monitoring- und Verifikationsmecha­nismus unter Führung von Generalmajor Stephan Radina aus Kenia ein. Dieser nahm Ende Dezember seine Arbeit auf und be­stätigte am 10. Januar 2023, dass die TDF einen Groß­teil ihrer schweren Waffen an die ENDF abgegeben hatte, darunter Panzer und Artillerie. Einen Abzug der Nicht-ENDF-Truppen aus Tigray vermeldete das AU-Team bisher indes nicht.

Innenpolitische Spannungen

Das Waffenstillstandsabkommen bietet Anhaltspunkte für den weiteren Friedensprozess, es enthält aber keine umfassende Rege­lung längerfristiger Konflikte. Abiys Herausforderung ist es, im Rahmen des Frie­densprozesses Zugeständnisse an die TPLF zu machen, ohne dabei seine sonstigen innen­politischen Allianzen zu sehr zu belasten.

Zuerst ist da die zukünftige Rolle der TPLF in der äthiopischen Politik. Das Ab­kommen sieht vor, dass nach der Entlistung der TPLF als Terrororganisation eine inklu­sive Interimsverwaltung für Tigray gebildet werden soll. Es gilt als wahrscheinlich, dass die TPLF bei den noch nicht terminierten Wahlen für das Regionalparlament und für die Repräsentation Tigrays im äthiopischen Parlament eine breite Mehrheit erreichen wird. Die Frage ist, ob sich die TPLF in Abiys Regierung einbinden lassen, auf eine Oppo­sitionsrolle zurückziehen wird oder dauer­haft auf eine reine Regionalpartei reduzieren lassen will. Denn gleichzeitig muss sich die TPLF auch um einen offeneren und in­klusiven Regierungsstil in Tigray selbst be­mühen, den dortige Oppositionsparteien bereits einfordern.

Skepsis gegenüber dem Friedensprozess mit der TPLF begegnet Abiy aus Amhara. Amharen waren selbst Opfer von Massenverbrechen der TDF, bei denen es auch zu sexueller Gewalt und Plünderungen ziviler Infrastruktur gekommen ist. Amharische Führer haben sich daher für eine Aufarbeitung der Übergriffe der TDF eingesetzt und werden einer möglichen Einbindung der TPLF reserviert gegenüberstehen.

Einen Balanceakt wird Abiy darüber hin­aus im Hinblick auf Gebiete in West- und Süd-Tigray vollführen müssen, die amhari­sche Einheiten zusammen mit den ENDF zu Anfang des Krieges besetzten (siehe Karte). Dabei vertrieben sie einen Großteil der tigrinischen Bevölkerung im Zuge einer Kampagne, die ein umfassender Bericht von Human Rights Watch und Amnesty Inter­national als ethnische Säuberung bezeichnete. Die amharische Seite verweist darauf, dass die TPLF die Gebiete Anfang der 1990er Jahre dem Bundesstaat Tigray zugeschlagen und ihrerseits amharische Bewohner ver­trieben hatte. Das Waffenstillstandsabkom­men sieht lediglich vor, dass die Zugehörigkeit dieser Gebiete im Rahmen der Verfas­sung geregelt werden soll. Die äthiopische Regierung dürfte be­strebt sein, einen end­gültigen Beschluss über den Status der umstrittenen Gebiete so lange wie möglich hinauszuzögern, um sich nicht zwischen dem Friedenspartner TPLF und Verbündeten aus Amhara entscheiden zu müssen.

Schließlich versucht die Regierung be­reits seit Mitte 2022, den Einfluss irregu­lärer amharischer Milizen, der Fano, ein­zudämmen, mit denen sie während des Krieges zusammengearbeitet hatte. Diesen werden massive Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt. Mit einer Größe von zwischenzeitlich mehreren Zehntausend gefährden die Fano das Gewaltmonopol der Regierung. Sie sind auch in Oromia aktiv.

Eskalation in Oromia

Potentiell die größte Sprengkraft für Abiy und die Stabilität Äthiopiens haben mittler­weile nicht mehr der Konflikt in Tigray, sondern Konflikte in Oromia und Spannungen zwischen Oromos und Amharen. Der Friedensprozess mit der TPLF könnte dabei sowohl positive als auch negative Wirkungen auf den Umgang der Regierung mit die­sen Konflikten haben. Die Wurzel ist letzt­lich die gleiche, nämlich die Machtverteilung zwischen Regionen und Zentrum.

Obwohl sie mit rund einem Drittel der Bevöl­kerung die größte ethnische Gruppe des Landes sind, hatten Oromos in Äthio­piens Geschichte nie eine Führungsrolle. Weite Teile des heutigen Bundesstaats Oromia wurden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Teil des äthiopischen Reiches.

Abiy stammt selbst aus Oromia, wo er in der Regionalregierung tätig war. Viele junge Menschen, die Treiber der Reformproteste vor 2018 waren, sehen in Abiys Unitarismus jedoch eine Rückkehr zur Anpassung an einen amharisch geprägten Zentralismus.

Am Ende des nationalistischen Spektrums operiert die Oromo Liberation Army (OLA), eine bewaffnete Gruppe, die sich 2018 von der jahrzehntealten Oromo Liberation Front (OLF) abspaltete. Die OLF unterzeichnete 2018 ein Friedensabkommen mit Abiys Regierung, was die OLA ablehnte. 2021 ver­bündete sich die OLA mit der TPLF. Nach verschiedenen Phasen des Aufs und Abs eskalierte die Gewalt wieder ab November 2022. Neben Angriffen auf zivile Infrastruktur kommt es dabei zu Zusammenstößen der OLA mit Fano-Milizen und regulären ENDF-Einheiten. Oromos sind besorgt, die Fano könnten ebenso wie in Tigray Land besetzen, das diese als amharisch betrachten. Landkonflikte zwischen Oromos und Amharas werden so von bewaffneten Gruppen beider Seiten politisiert. Hunder­tausende Menschen flohen bereits aus Oromia nach Amhara.

Die Gewalt in Oromia ist anders gelagert als der Konflikt mit der TPLF, aber dennoch ernst zu nehmen. Die OLA ist vermutlich zu klein, fragmentiert und schlecht ausgerüstet, um größere Städte oder gar Addis Abeba zu erobern, auch wenn sie teilweise bis zu 25 Kilometer nahe der Hauptstadt kämpft (siehe Karte). Die größere Folge ihres Agie­rens ist das Klima der Unsicherheit in einer wirtschaftlich wichtigen Region des Landes. So sprach der deutsche Botschafter in Äthio­pien bereits besorgt über Angriffe auf In­ves­toren in Oromia. Äthiopiens Hauptversor­gungsverbindungen mit dem Hafen von Dschibuti laufen ebenfalls durch Oromia.

Eskaliert der Konflikt zwischen bewaffne­ten Kräften Amharas und Oromias, könnte das ernste Konsequenzen für die Einheit und Regierbarkeit des Staates Äthiopien haben. Derzeit scheint dieses Szenario noch un­wahr­scheinlich zu sein, nicht zuletzt weil die politischen Akteure in beiden Bundesstaaten deutlich heterogener sind als in Tigray.

Der Friedensprozess im Norden könnte jedoch auch eine Vorbildfunktion für Oromia haben. Rund 80 Abgeordnete von Abiys Partei aus Oromia forderten ihn be­reits auf, in Friedensverhandlungen mit der OLA einzutreten. Die Regierung hat Ver­handlungen bisher mit Verweis auf die fragmentierte Führungsstruktur der OLA abgelehnt, die wie die TPLF als Terrorgruppe gelistet ist. In jüngerer Zeit zeigte sich Abiy jedoch offener für Verhandlungen.

Das Land zusammenhalten

Die bewaffneten Konflikte werden an­geheizt von einer polarisierten Gesellschaft und einer Wirtschaft in der Krise. Auch wenn Abiys Regierung derzeit nicht Gefahr läuft, durch Aufstände oder Wahlen gestürzt zu werden, muss sie ihre Position konsolidieren und die Gesellschaft einen.

Politiker und andere Akteure des öffentlichen Lebens haben die ethnische Polari­sierung während des Krieges verschärft. Premier­minister Abiy selbst bezeichnete die TPLF im Juli 2021 als »Unkraut« und »Krebs«, den es auszumerzen gelte. Während die Regierung betonte, dass sie zwischen der Bevölkerung Tigrays und der Partei TPLF unterscheide, gab es in den sozialen Medien dehumanisierende Statements gegenüber der Bevölkerung Tigrays generell, wie Alice Wairimu Nderitu, die UN-Sonderberaterin für die Prävention von Völkermord, im Oktober 2022 warnte. Aus Sicht vieler Men­schen in Tigray steht Abiys Regierung für einen Völkermord an ihrer Bevölkerung.

Eine Antwort auf die Polarisierung in der Gesellschaft kann möglicherweise der nationale Dialog liefern, den die Regierung mit der Einrichtung einer Kommission im Dezember 2021 angestoßen hat. Damit dieser Wirkung entfalten kann, müssten Oppositionskräfte, nicht zuletzt die TPLF und Parteien aus Oromia, daran mitwirken. Bisher nehmen viele den Prozess als zu ein­seitig von der Regierung dominiert wahr. Außerdem müsste die Regierung aufhören, den Zugang zu Medien einzuschränken. Wenn der nationale Dialog inklusiver und unabhängiger würde, eventuell auch dank der seit einiger Zeit laufenden deutschen Unterstützung für einen Multi-Track-Dia­log, könnte er eine wichtige Plattform bie­ten, um grundlegende gesellschaftliche und politische Fragen zu klären.

Mit Blick auf die jüngere äthiopische Ge­schichte argumentiert der Konfliktforscher Semir Yusuf, dass weder Protestbewegungen noch gewaltsamer Widerstand zur demokratischen Transformation Äthiopiens geführt haben. Für eine echte Demokratisierung brauche es vielmehr eine größere Unabhängigkeit der Institutionen und stär­kere Parteienstrukturen.

Nicht zuletzt haben auch die Wirtschaft und die Staatsfinanzen Äthiopiens enorm gelitten. Die Regierung schätzt den Bedarf für den Wiederaufbau in den kriegszerstörten Gebieten in Tigray, Afar und Amhara auf 20 Milliarden US-Dollar. Gleichzeitig verzeichnet der Staatshaushalt wegen der hohen Militärausgaben und des wirtschaftlichen Rückgangs ein hohes Defizit. Sollte sich der Zugang zu finanziellen Ressourcen weiter verengen, dürfte es für die Regierung schwieriger werden, wichtige Eliten ein­zubinden. Angesichts von Währungs­reserven, die geringer sind als die in einem Monat anfallenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Ausland, warnte die Rating­agentur Fitch bereits vor einem erhöhten Kreditausfallrisiko Äthiopiens.

Neben dem Krieg leidet die Wirtschaft auch noch unter den Nachwirkungen der Covid-19-Pandemie und der Preissteigerung bei Düngemitteln und Energie in der Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.

Die Bevölkerung spürt die Konsequen­zen. Die jährliche Inflationsrate lag im Dezember 2022 bei 33,9 Prozent, der dritthöchste Wert in Afrika. Wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen und einer weiteren regionalen Dürre nach der fünften aus­gebliebenen Regen­zeit in Serie sind 28,6 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Die Regierung sucht daher dringend nach einem Schuldenanpassungsprogramm und finanzieller Unterstützung des Inter­nationalen Währungsfonds (IWF). Dieser hatte entsprechende Gespräche wegen des Wiederausbruchs der Kämpfe 2022 aller­dings aufgeschoben.

Europäische Unterstützung braucht Umsicht

Ihren Besuch in Äthiopien stellten Baer­bock und Colonna auch in den aktuellen geopolitischen Kontext. Vor Weizensäcken stehend, die die Ukraine gespendet hatte und deren Transport die beiden Regierungen finanziert hatten, begründete die deut­sche Außenministerin die Hilfe mit dem Ziel, »die Menschen in Äthiopien nicht auch noch zum Opfer des russischen Angriffskrieges werden« zu lassen.

Dieses Narrativ verfängt in Äthiopien nicht, dessen Beziehungen zu Russland und China seit dem Tigray-Krieg noch intensiver geworden sind. Beide Partner hielten ihre schützende Hand über Äthiopiens Regierung im UN-Sicherheitsrat. China ist die größte Quelle ausländischer Investitionen in Äthiopien.

Vielmehr bezeugt Baerbocks Aussage das Risiko, durch eine Fokussierung auf den geopolitischen Wettbewerb um Einfluss in dem nach Bevölkerung zweitgrößten Land Afrikas den spezifischen Kontext zugunsten eines regierungsfreundlichen Narrativs aus­zublenden. Neben der klimawandelbedingten Dürre sind in Äthiopien Millionen Men­schen wegen des Krieges im eigenen Land und der vorherigen huma­nitären Blockade von Abiys Regierung von Nahrungsmittel­unsicherheit betroffen. Im Februar startete Abiy sogar Weizenexporte, die dringend benötigte Devisen einbringen sollen.

Ein unkritisches Engagement Europas, um Boden gegenüber den geopolitischen Konkurrenten Russland und China gut­zumachen, könnte allerdings kontra­produktiv wirken. Es war nicht zuletzt der übermäßige internationale Enthusiasmus zu Beginn von Abiys Reformkurs, der den Premier­minister in seinem kompromiss­losen Kurs gegenüber der TPLF bestärkte.

Der Tigray-Krieg hat die Bundesregierung nicht dazu veranlasst, ihre bevorzugte Part­nerschaft mit der Regierung Äthiopiens auf Eis zu legen. Ende 2020 setzte sie eine schon zugesagte Reformfinanzierung zwar aus, behielt den Status Äthiopiens als Reformpartnerland der deutschen Entwicklungs­zusammenarbeit jedoch bei. Bundeskanzlerin Merkel warb bei ihrem Afrikagipfel im August 2021, an dem auch Abiy teilnahm, für deutsche Investitionen. Erst im Januar 2023 kündigte Entwicklungsministerin Svenja Schulze im Zuge der neuen Afrika-Strategie des BMZ an, die Reformpartnerschaften als Instrument auslaufen zu lassen.

Die Mitgliedstaaten der EU haben Ende Dezember 2022 ihre Bedingungen für eine graduelle Wiederaufnahme der auch von der EU ausgesetzten Budgethilfe ausbuchstabiert. Diese sind 1) Fortschritte bei der Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens, 2) ungehinderter Zugang für huma­nitäre Hilfe und 3) Aufarbeitung der mas­siven Menschenrechtsverletzungen. Ins­besondere in den ersten beiden Bereichen gibt es Fortschritte wie die Entwaffnung der TDF und Hilfslieferungen in weite Teile Tigrays. Anfang Februar 2023 traf Abiy TPLF-Vertreter das erste Mal seit Beginn des Krieges persönlich.

Was genau die Bedingung für die Auf­arbeitung beinhaltet, ist unbestimmt. Zwar lehnt die äthiopische Regierung die Inter­nationale Menschenrechtsexperten-Kommis­sion für Äthiopien ab, die der UN-Menschen­rechtsrat Ende 2021 eingesetzt hat. Doch die äthiopische Menschenrechtskommission arbeitet auch in der Frage der Aufarbeitung weiterhin mit dem Büro des UN-Hoch­kommissars für Menschenrechte (OHCHR) zu­sammen. Zudem veröffentlichte das äthiopische Justizministerium einen Ent­wurf für Leitlinien einer Übergangsjustiz.

Deutschland und seine europäischen Partner sollten den Friedensprozess, der richtigerweise vornehmlich von den äthio­pischen Konfliktparteien getragen und vorangetrieben wird, nach Kräften unter­stützen. Konkrete Projekte für Stabilisierung und Friedens­förderung sind dafür wichtig. Deutschland sollte aber auch darauf hin­wirken, dass Medien, Zivilgesellschaft und Wissenschaft in Äthiopien größere Frei­heiten erhalten. Aufarbeitung und Versöh­nung sollten auf der Agenda bleiben, ohne bestimmte Mechanismen vorzugeben. In jedem Fall sollte die Bundesregierung auch ihre Unterstützung der äthiopischen Men­schenrechtskommis­sion und der Wahlkommission fortsetzen.

Im Zuge der anstehenden Vertiefung der Beziehungen zu Äthiopien sollten Deutschland und seine europäischen Part­ner genauer die tieferen Probleme beachten, die ursächlich für Gewalt nicht nur in Tigray, sondern auch in Oromia und Amhara sind. Dafür müssen sie ihre bereits gesetzten Bedingungen nicht ändern, aber stärker auf Transparenz, Bevölkerungsorientierung, breite Inklusion und Rechenschaft der Regie­rung setzen. Dies gilt insbesondere für Wie­deraufbauhilfen und für die Modalitäten eines neuen IWF-Programms und des Schul­denabbaus im Rahmen der G20. Ein neuer Regierungspalast und Wohnkomplex in Addis Abeba, dessen Gesamtkosten fast dem gesamten Staatshaushalt entsprechen, wenn auch aus privaten und arabischen Quellen finanziert, setzt hier ein falsches Signal.

Wenn Äthiopien nachhaltigen Frieden und Stabilität erreichen will, braucht es ein inklusiveres politisches System. Der Frie­dens­prozess mit der TPLF und dessen kri­tisch-konstruktive Unter­stützung durch internationale Partner können der Aus­gangspunkt für eine entsprechende lang­fristige Entwicklung sein.

Dr. Gerrit Kurtz ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten.

© Stiftung Wissenschaft und Politik, 2023

The Spoilers of Darfur

Sudan’s protracted political crisis and the intensifying violence in Darfur are closely connected

SWP Comment 2022/C 53, 07.09.2022

The Juba Peace Agreement of October 2020 has not pacified conflicts in Sudan, and has instead actually created new alliances between armed groups and security forces. After decades of marginalisation, conflict entrepreneurs from the periphery are now shaping Sudan’s national politics and undermining the country’s potential to return to democratic transition. Insecurity in Darfur could escalate and contribute to fur­ther destabilisation of the country. International donors should pressure these con­flict entrepreneurs to relinquish power. They should also prudently promote projects to foster peace in Darfur at the same time.

Sudan’s political crisis continues. In July 2022, both the leader of the Sudanese Armed Forces (SAF) General Abdel Fattah al‑Burhan and the leader of the paramilitary Rapid Support Forces (RSF) Lieutenant General Mohamed Hamdan Dagalo, known as Hemedti, promised to hand over power to a civilian government if the political parties and social movements reached an agree­ment. But Sudan is still far from being able to transition to functioning, broadly popular non-military leadership. Thus, the country remains in limbo. Since the Octo­ber 2021 coup, security forces rule and they have only appointed a caretaker govern­ment.

Representatives of armed groups that supported the coup are a major obstacle to ending the political crisis (see below info box “Sudan’s conflict entrepreneurs”). They have become part of the government over the course of implementing the October 2020 Juba Peace Agreement (JPA).

Their inclusion in the government has not pacified Sudan’s conflicts in the periph­eral regions of the country, but rather fuels them. As is often the case in Sudan, armed violence in rural regions is exceedingly worse than in the political centre that is the area in and around the capital. While around 120 people have died in Khartoum since the coup at the hand of security forces during demonstrations, around ten times as many have died in attacks and armed con­frontations outside the capital during the same period – most notably in the five states of the western Darfur region.

The Sudanese government is trying to depoliticise the violence in Darfur, por­traying it as purely “tribal conflicts”. In reality, however, the conflicts occurring there have complex causes. The volatile political situation in Khartoum is exacer­bating local tensions in the periphery, while the peace process for the conflicts in Darfur and other peripheral regions of Sudan is shifting the balance of power in Khartoum in favour of conflict entrepreneurs who are not known to be friends of democracy.

Conflict dynamics in flux

Sudan’s conflict entrepreneurs State security forces whose organisation is regulated by law:
■ Sudanese Armed Forces (SAF; led by General Abdel Fattah al-Burhan) ■ Rapid Support Forces (RSF; emerged from Darfur’s Janjaweed militias; led by Lieutenant General Mohamed Hamdan Dagalo – who is also called Hemedti)
■ Police, Central Reserve Police, and the Gen­eral Intelligence Service (GIS)

13 armed groups from across Sudan that are signatories to the Juba Peace Agreement, including:
■ Justice and Equality Movement (JEM; Islamist; from Darfur; led by Sudanese Finance Minis­ter Gebreil Ibrahim)
■ Sudan Liberation Army – Minni Minawi (SLA-MM; from Darfur; led by Governor of the Darfur region Minni Minawi)
■ Sudan People’s Liberation Movement – North/Revolutionary (SPLM-N [Agar]; from the Blue Nile state; led by Member of the Sovereign Council Malik Agar)

Groups and ethnic/tribal militias that are not signatories to the Juba Peace Agreement, some based in Libya, including:
■ Sudan Liberation Army – Abdel Wahid (SLA‑AW; based in Jebel Marra/Darfur; led by Abdel Wahid al-Nur; most influential rebel group in Darfur)
■ Sudan People’s Liberation Movement-North (SPLM-N (al-Hilu); based in the Nuba Mountains; led by Abdel Aziz al-Hilu; controls the most territory in Sudan)
Most of the signatory groups were originally part of the Forces of Freedom and Change (FFC), but split from them in October 2021 and named themselves the FFC-National Accord (FFC-2); from August 2022 they rebranded as the National Con­sensus Forces. SAF leader Burhan is chair­man of Sudan’s governing Sovereign Council, and Hemedti describes himself as his deputy even though the constitutional document of 2019 does not include a deputy position.

Internationally, the Darfur region is mostly known for the mass atrocities against civil­ians in 2003/04, which then-US Secretary of State Colin Powell described as genocide. The Janjaweed (militias armed and sup­ported by the Sudanese government) ter­rorised the civilian population, leading to hundreds of thousands of deaths.

The current violence in Sudan is not as intense. According to a database main­tained by the Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), over 2,600 people have died as a result of armed vio­lence in the five states within the Darfur region since the beginning of the Sudanese revolution in December 2018. Still, the num­ber of internally displaced people in Sudan (largely concentrated in Darfur) increased from 2.3 to 3.2 million between 2020 and 2021.

The main parties to the conflict have also changed. By the time Omar al-Bashir was ousted in April 2019, most armed groups from Darfur had already shifted their focus to Libya, mainly by offering mercenary ser­vices to Khalifa Haftar paid for by the United Arab Emirates (UAE).

In 2018, clashes between rebels (especially the SLA-AW) and security forces were respon­­sible for most of the victims of organised violence in Darfur. Nowadays, however, clashes with and among ethnically grouped, irregular militias claim the highest number of lives, especially when members of the Arab Rizeigat are involved. The change in conflict dynamics is also reflected in the shift of geographical hotspots: there are now fewer incidents in Central Darfur (the base of the SLA-AW) but more in South and West Darfur (see Map below).

The outbreaks of violence in Darfur follow a pattern. They are often triggered by individual disputes and criminal incidents with members of one ethnic group some­times holding entire other groups accountable for the misconduct of just one or a few antagonists. The attacked group is often armed and fights back. State security forces hold back, intervening belatedly or even retreating because they are no match for the attackers. Such violent clashes can some­times involve up to 3,000 fighters with vehicles on one side alone, as has been ob­served with the Rizeigat. Some members of the Rizeigat militia reportedly wear official RSF insignia during their attacks.

Old and new causes of conflict

The current conflict dynamics in Darfur can be traced back to both the long impact of past violence and the influences of the power struggle in Khartoum.

First, competition between groups pur­suing different types of livelihoods is inten­sifying due to desertification and erratic rainfall. Farmers may come into conflict with nomads with livestock, as conflicts often erupt over the use of arable or pas­ture land and water.

Second, socioeconomic inequalities and high youth unemployment contribute to conflict. Darfur’s nomadic communities have the least access to health and edu­cation, with only 9 per cent of 9 to 13-year-old girls and 17 per cent of boys of the same age attending school; compare this to the 50 per cent of internally displaced children who attend school. This remarkable finding also seems to be the result of one-sided inter­national support that has focused on internally displaced people (IDPs).

Third, traditional conflict management mechanisms have been weakened by dec­ades of civil war, local government reforms and the arming of ethnic militias. When marginalised groups rebelled against the government in the early 2000s, Khartoum armed and supported Arab militias loyal to the government to fight the uprisings. In doing so, the Sudanese government of the time also instrumentalised the widespread notion among the Arab population that they were superior to the non-Arab popu­lation and thus the rebels. As a result of this outsourcing of counterinsurgency, formal rule-of-law mechanisms have been eroded and police forces undermined. They are often unable to solve criminal incidents and small arms are widely used in Darfur.

During the civil war, Sudan developed into a “militarised political marketplace”. Armed attacks serve as a tool for political conflict entrepreneurs to make their pres­ence felt and raise the price of their loyalty in negotiations with government represen­tatives. The 2019 Sudanese transition and the 2021 military coup have brought a new dynamic to this marketplace. Both (Arab) nomadic tribes and (non-Arab) displaced groups in Darfur felt empowered by the new arrangement in Khartoum. The for­mer counted on support from the rise of Hemedti, who himself belongs to a Rizeigat tribe; and IDPs’ hopes grew that they would benefit from a peace process that would, among other things, allow them to per­ma­nently return to their fields. However, re­turn­ing IDPs now often come into conflict with the current users of the land.

The violence in Darfur is exacerbated by rivalries between armed movements seek­ing to gain greater influence in Khartoum. Some Arab groups feel set back by the re­cruitment of non-Arab RSF members and Hemedti’s alliance with the signatories of the JPA. Their desire for attention and pat­ron­age manifests itself in recurrent attacks on villages and IDP camps. They succeed with such efforts. Hemedti spent more than a month in the summer of 2022 in West Dar­fur attending tribal reconciliation confer­ences and building alliances with local elites.

Meanwhile, tribal self-defence units, such as that of the Masalit in West Darfur, are increasingly organising themselves. They are often well-armed and sometimes able to inflict heavy losses on attacking Rizeigat militias.

Hemedti himself blames Islamist forces loyal to the old Bashir government for the outbreaks of violence in Darfur as they strive to tie down his RSF forces in the periph­ery. The exact role of the Islamists remains unclear, but it is clear that they have gained momentum in the shadow of the coup. Their representatives are back in the civil service and Bashir’s former foreign minister Ali Karti was recently appointed secretary-general of the Sudanese Islamic Move­ment. The Movement continues to wield influence in the SAF, which Islamists see as a competitor to Hemedti’s more diffi­cult-to-control RSF.

Peace agreement with weaknesses

The current violence in Darfur also reveals the weaknesses of the JPA and its implemen­tation. These exacerbate Sudan’s politi­cal crisis.

The main armed groups (including JEM, SLA-MM and SPLM-N; see above info box “Sudan’s conflict entrepreneurs”) showed solidarity with the civilian actors even before the JPA, with whom they signed the Declaration for Freedom and Change in January 2019 – which is the founding docu­ment of the Forces of Freedom and Change (FFC). However, over the course of the revolution these armed groups were marginalised. It was ultimately the non-violent methods of civil society that brought down Bashir and renewed military rule, not the decades of rebels’ armed struggle. For the FFC representatives, the installation of a civilian-led transitional government was the top priority. They did not want to delay this with peace negotiations, and therefore they tasked the transitional government with these negotiations instead.

Peace negotiations began in October 2019 in Juba with South Sudan as the mediator. The civilian components of the transitional government left the talks pre­dominantly to representatives of the secu­rity agencies. The outcome, which was solemnly signed in October 2020, has so far mainly served to provide the signatory actors opportunities to enrich themselves and access government positions. It has hardly contributed to the pacification of the region. For at the time of the signing, the parties involved hardly had any troops of their own left in Darfur or other parts of Sudan (with the exception of the Blue Nile state in the South). At the same time, those actors who played the most important roles in conflicts in Darfur were not adequately represented. Hemedti himself could not speak for all Arab groups, and neither IDPs, women nor young people were sufficiently included. One of the most influential groups in Darfur, the SLA-AW, rejected the talks.

Of the many promises that the JPA made to marginalised segments of the Sudanese periphery, hardly any were fulfilled. It was already clear at the time of signing that the government would need to rely on inter­national donors to implement the agreement. However, these donors showed little willingness to provide substantial support to a peace agreement that they had hardly been involved in drafting. Anyways, the JPA had left the clarification of many details to implementation commissions.

The agreement does not specify how many fighters are to be demobilised or in­tegrated into state security forces. The gov­ernment has not yet appointed a de­mobili­sation commission for Darfur. Contrary to the expectations of the armed groups, Hemedti made it clear that he only wanted to integrate a small part of Darfur’s fighters into the RSF.

The JPA provides for the formation of a joint protection force numbering 20,000 soldiers, half of whom would come from government troops and the other half from armed movements. This force was a key argu­ment used by the transitional government to justify its push for the UN-AU Mis­sion in Darfur (UNAMID) to withdraw from the region after its mandate expired at the end of 2020.

However, with considerable delay, the government only just reported the com­pletion of training for the first 2,000 mem­bers of the joint protection force in the end of June 2022. Moreover, it is unclear why this force should be better able to protect the civilian population from violence than the individual units that are to be absorbed into it. After the withdrawal of UNAMID however, the prospect of a renewed inter­national peacekeeping mission is extremely slim. Therefore, only Sudanese units can make up a protection force.

Even the Permanent Ceasefire Commis­sion, which was established with the JPA, can only make a modest contribution to the implementation of the JPA. The United Nations Integrated Transition Assistance Mission in Sudan (UNITAMS) chairs the Com­mission and its sectoral sub-units, which consist of representatives of the sig­na­tories to the JPA. The Commission sup­ports the demobilisation or training of mem­bers of the armed groups and can in­vestigate violations of the ceasefire at the request of one of the parties. However, those involved in today’s conflicts often do not belong to one of the signatory groups.

New players in Khartoum

The dynamics of conflict in Darfur are also having a significant impact on Sudan’s national politics. Hemedti’s rise to become the country’s most important political actor is shaking the traditional foundations of Khartoum politics. Darfur serves as a source of income, a recruitment pool for the RSF and a base for Hemedti’s political ambitions at the national level.

Hemedti thereby operates on both the demand and supply side of security in Dar­fur. Although major acts of violence are a challenge to his authority, they allow the RSF leader to present himself as a peacemaker at tribal reconciliation conferences. However, the agreements reached at these conferences do not address the roots of the conflicts. His own RSF’s attacks on villages and IDP camps usually go unpunished, creat­ing a climate of impunity. An example of this can be seen in allegations that the chairman of the Peace and Reconciliation Committee and commander of the RSF in West Darfur, Mousa Ambeilo, led an attack against civilian populations in late 2019.

The Juba peace process also allowed Hemedti to forge alliances with his former opponents. Like the rebels, he did not trust the Sudanese armed forces under Burhan’s leadership. He resisted attempts to integrate the RSF into the regular army. Through cooperation with armed groups, Hemedti was able to build a “counterweight to the transition at the centre” and thus to the sphere of influence of the SAF and the civilian parties of the FFC.

In fact, the Juba peace process undermined democratisation from the beginning. The transitional government assured the armed groups that a transitional parliament would not be convened so long as peace negotiations were ongoing. Even after the Juba Peace Agreement was signed, differ­ences within the FFC blocked the formation of the transitional parliament, which could have formed a counterpart to the security sector and thus a safeguard against military takeover. The JPA gave the militias impor­tant government positions, and the influ­ence they were able to exert therefrom spanned far beyond their actual political significance. For example, Gebreil Ibrahim, the leader of JEM, became Sudan’s Minister of Finance, and Minni Minawi, leader of the SLA-MM, became Governor of the Darfur region. The SLA-MM had not fought against the armed forces in Sudan since 2014, JEM since 2015.

As members of armed groups became members of Prime Minister Abdalla Ham­dok’s cabinet in February 2021, the FFC parties also insisted on assuming government posts for which they had previously only nominated experts. However, the “political cabinet” entered into an increasingly open conflict with the representatives of the security sector. Here, representatives of the armed groups acted as allies of the military. They expanded the military’s political base to include signatories of the Declaration for Freedom and Change and thus the original opposition to the Bashir regime. In early October 2021, 16 armed groups, led by JEM and SLA-MM, split from the FFC forming the “FFC National Accord” or FFC-2. Shortly afterwards, they organised a sit-in in Khartoum and demanded that the other FFC parties leave the government. Consequently, the armed groups included the only non-military ministers and repre­sentatives in the Sovereign Council who retained their positions after the coup of 25 October 2021.

Finally, in the spring and summer of 2022, the FFC-2 representatives hampered the facilitation of the of AU-UNITAMS-IGAD (Intergovernmental Authority on Development) Trilateral Mechanism. They insisted on an “inclusive” round that included Islamist representatives (and themselves), while the remaining representatives of the groups now called the FFC-Central Com­mittee, or FFC-1, rejected the participation of “pro-coup parties”. The conflict between the FFC-1 and FFC-2 provided the military with the pretext to blame the “civilian” camp for the political crisis.

Current security risks

The rise of conflict entrepreneurs from Dar­fur and the lack of implementation of the JPA pose significant risks to security and stability in the region. After all, there are consequences if the state does not have the monopoly on the use of force. Stronger self-defence groups could develop into rebel groups – as they did 20 years ago – and conflicts between farmers and nomadic Rizeigat could escalate further.

Thousands of fighters from the signatory groups who have returned from Libya pose a risk to the population in Darfur as they often turn to criminal activities. At the same time, JPA signatories recruited new mem­bers en masse in Darfur to strengthen their following. One signatory group alone claimed to have already recruited 11,000 new fighters in the region. However, the groups have little to offer the recruits other than the tenuous promise of future posts in the state security forces.

Tensions are also arising from the possibly divided loyalties of the security forces in Darfur, which are officially under the high command of Governor of Darfur Minni Minawi, whose SLA-MM creates insecurity at the same time.

Moreover, the armed groups may lack credibility in the eyes of their members and supporters due to their involvement in the coup in Khartoum. The first members of the signatory groups have already turned their backs on their leaders and are now walking their own paths.

In addition, the SLA-AW under Abdel Wahid al-Nur is gaining popularity, as his notorious refusal to negotiate provides him with an image of trustworthiness. However, an attempt by the Sudanese Communist Party to persuade him to form a political alliance failed. The ceasefire between SLA‑AW and SAF is currently holding.

Historically, albeit with few exceptions, conflicts of the periphery have rarely directly affected the population in Sudan’s centre. With the presence of the leaders of the Darfur groups and some of their fighters in Khartoum, this could change. Crime is also said to have increased in the capital – in part due to triple-digit infla­tion and the growing supply crisis. The greatest potential for escalation would be a direct military confrontation between the SAF and RSF. Even if this is unlikely at present, the question remains how long their leaders will manage to keep the fight­ing between these rival security forces con­fined to Darfur. Violent conflict between and with their respective allied militias such as the Tamazuj, a signatory group said to have links to military intelligence, would also be possible. Indeed, in late July 2022, Hemedti blamed the Tamazuj for recent attacks in Darfur.

For Sudan’s neighbouring states, there is a risk that armed groups will continue to retreat to their border regions or directly join parties to the conflict there. This ap­plies particularly to Libya, where some Sudanese fighters are still present, but also to South Sudan, Chad and the Central African Republic (CAR).

Entry points for international peacebuilding

The international community should not wait until there is a new country-wide tran­sition process in place to address the con­flicts in Darfur. Rivalries between conflict entrepreneurs jostling for influence and access to patronage and resources will continue.

The UN is right to call on international donors to support peace projects in Darfur. Effective programmes at the local level may be able to reduce some of the security risks. After all, Darfur is also an arena for the power struggle in the centre of the country.

Germany can promote these efforts as the largest donor to the UN Peacebuilding Fund, and it can also provide direct assis­tance to local civil society organisations where possible.

Effective peacebuilding requires a comprehensive and conflict-sensitive approach that addresses the needs of all groups, in­clud­ing nomadic pastoralists and settled or displaced farmers. Members of signatory groups who were recruited after the con­clu­sion of the JPA should not receive greater benefits than those afforded to mem­bers of other groups, including infor­mal ones. When it comes to peacebuilding measures, the conflict hotspots in Darfur should be prioritised. Conceivable activities include supporting community programmes for vocational training, nurturing basic ser­vices in the fields of education and health, and strengthening local conflict management committees. The latter should prior­itise the inclusion of young people and women, not only tribal elders – as was the case with the agreements brokered by Hemedti.

The short-term goal of these measures should be to prevent the escalation of inter­personal disputes into larger conflicts that lead to the deaths of dozens or even hun­dreds. As long as the establishment of reli­able and legitimate state structures and basic services remains a distant goal, the main focus – within the framework of hu­manitarian aid – should be to strengthen individual resilience.

More intensive peacebuilding efforts on the part of the EU and Germany should go hand in hand with deeper diplomatic engage­ment. Their pressure should not just focus on the military, but also on the armed movements that support the coup. Even if it may not be feasible to exclude them from power completely (partly because of their post-JPA recruitment), leaders of the National Consensus Forces should demonstrate their readiness to nominate experts for a new cabinet instead of vehemently holding on to their ministerial positions by threat of renewed war. After all, they are demanding that the FFC-1 member groups agree to a so‑called technocratic transitional government as well. The Europeans and their transatlantic partners retain some leverage through the continued suspension of bi­lateral and multilateral financial assis­tance, amounting to several billion Euro, which clearly irritates the junta. Instead of generi­cally calling for all political actors to find common ground, Sudan’s international interlocutors should highlight the role that Darfur’s conflict entrepreneurs are playing in standing in the way of the country’s democratic progress.

Prävention, die sich lohnt

Wie Deutschland seine Führungsrolle bei der Friedensförderung und der Verhinderung von Krisen aus- bauen kann – und was zivile Konfliktbearbeitung von der Zeitenwende lernen sollte.

Erschienen in: Internationale Politik Spezial 5/2022, 29. August 2022.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat eine lebhafte Debatte über die Prioritäten deutscher Außen- und Sicherheitspolitik ausgelöst. Die Bundesregierung spricht von einer Zeitenwende und meint damit insbesondere die Erhöhung der Verteidigungsausgaben und Waffenlieferungen an die Ukraine. Doch was bedeuten diese Veränderungen für das deutsche Engagement in anderen Krisen und Konflikten auf der Welt, zumal mit Mitteln der zivilen Konfliktbearbeitung?


Zumindest kurzfristig saugen der Krieg in der Ukraine und seine Folgen einen erheblichen Teil der außenpolitischen Aufmerksamkeit für die Bearbeitung von Krisen und Konflikten auf. Der Krieg prägt auch den Blick auf andere Weltregionen, insbesondere dort, wo Russland und seine Söldnertruppe Wagner unterwegs sind, etwa in Afrika. Die notwendigen Bemühungen um eine Stärkung der eigenen militärischen Fähigkeiten zur Landes- und Bündnisverteidigung könnten das Engagement für die Konfliktbearbeitung außerhalb Europas in den Hintergrund drängen.


Ohnehin steckt die Politik der Stabilisierung von fragilen Kontexten in einer Glaubwürdigkeitskrise. In Afghanistan haben zwei Jahrzehnte internationaler und afghanischer Bemühungen nicht genügt, um legitime und effektive staatliche Strukturen aufzubauen, die den Taliban gewachsen gewesen wären. Und auch Mali ist nicht gerade ein Nachweis für die Effektivität von internationaler Unterstützung für Sicherheit und Entwicklung – nach zwei Putschen, Massakern an der Zivilbevölkerung, der Einladung russischer Söldner und einem weitgehenden Rückzug des Staates angesichts der Bedrohung durch extremistische Gruppen sogar ganz gewiss nicht. Die deutsche Öffentlichkeit hört selten von Erfolgen ziviler Konfliktbearbeitung, aber umso mehr vom krachenden Scheitern überambitionierter Interventionen.


Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, eine Nationale Sicherheitsstrategie vorzulegen. Dieser Prozess bietet eine gute Gelegenheit, die Bedeutung und Wirksamkeit von ziviler Konfliktbearbeitung im Rahmen eines vernetzten Ansatzes herauszuarbeiten. Deutschland hat gute Voraussetzungen, seine Führungsrolle in diesem Bereich weiter auszubauen.


Statt sich in ideologischen Grabenkämpfen über das Verhältnis ziviler zu militärischen Mitteln in der deutschen Außenpolitik aufzureiben, sollten staatliche und nichtstaatliche Protagonisten die Aufmerksamkeit für den Krieg gegen die Ukraine und die Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes nutzen, um ihr Engagement für zivile Konfliktbearbeitung zu vertiefen. Dafür sollten Bundestag, Regierung und Zivilgesellschaft die Ziele und Schwerpunktsetzung klären, Gewissheiten in der Analyse von Krieg und Frieden hinterfragen, Ressourcen und Instrumente schärfen sowie konkrete Ansatzpunkte für glaubhafte Strategien entwickeln.


Schwerpunkte setzen

Es gibt heute mehr bewaffnete Konflikte als je zuvor seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Nach Berechnung der Vereinten Nationen lebt ein Viertel der Menschheit in Gegenden, die von Konflikten betroffen sind. Die Auswirkungen dieser Konflikte sind erheblich. In diesem Jahr waren schon vor der russischen Invasion in der Ukraine 274 Millionen Menschen auf humanitäre Unterstützung angewiesen, ein Rekordwert. Die Covid-19-Pandemie hat einen Vorgeschmack darauf geliefert, wie verheerend sich die immer bedrohlicher werdende Klimakrise auf die Stabilität von Staaten und Gesellschaften auswirken dürfte. Die Krise des Multilateralismus und die Fragmentierung der internationalen Ordnung verhindern oft ein abgestimmtes internationales Handeln.


Angesichts rapide steigender Bedürfnisse sehen sich Geberländer in wachsendem Maße dazu gezwungen, auszuwählen. Schwerpunktsetzung in der zivilen Konfliktbearbeitung ist nicht nur eine Frage von finanziellen Ressourcen, sondern auch von Personal, Expertise, politischer Aufmerksamkeit und Partnern – Ressourcen, die sich nicht so leicht aufstocken lassen wie ein Haushalt. Mit ziviler ­Konfliktbearbeitung sind etwa Dialogprozesse zwischen verfeindeten Gruppen, der Einsatz mobiler Gerichte oder der Aufbau legitimer öffentlicher Strukturen auf lokaler Ebene nach dem Abzug bewaffneter Gruppen gemeint.


Wenn man die Ziele für Friedenspolitik zu stark moralisch und historisch auflädt – ein Fehler, der in Deutschland gern begangen wird –, dann macht man es sich mit der Schwerpunktsetzung im Zweifel unnötig schwer. Zwar ist es grundsätzlich richtig, sich an hohen ethischen Maßstäben messen lassen zu wollen. Doch sollte darüber nicht der nüchterne strategische Wert von Konfliktbearbeitung vergessen werden.


Zudem gilt es immer wieder, die eigene Rolle zu hinterfragen: Hat man möglicherweise selbst zur Fragilität beigetragen? Entschiedene EU-Sanktionen gegen Russland hätten russischen Kriegsverbrechen in Syrien frühzeitig Einhalt gebieten können, deren Muster sich jetzt in der Ukraine wiederholt. In anderen Krisen wiederum sollte ein Land wie Deutschland sich bewusst machen, inwieweit es selbst die Konflikte verschärft hat – als Rüstungsexporteur oder als Emittent von Treibhausgasen.


In weiter Ferne, so nah

Die 2017 vom Bundeskabinett beschlossenen Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ nennen Anhaltspunkte zur eigenen Schwerpunktsetzung: „die unmittelbare Bedrohung für Frieden und Sicherheit, die Betroffenheit Deutschlands und Europas, die Erwartung an Deutschland zu handeln sowie unsere Fähigkeit, vor Ort einen Mehrwert zu leisten“. Diese Kriterien müssen mit Leben gefüllt werden.


Inwiefern Deutschland und Europa durch Kriege betroffen sind, deren zerstörerische Wirkung nur in den Nachrichtenbildern erlebbar wird, ist nicht immer so leicht nachzuvollziehen wie im Fall der Ukraine. Hier sind es die ukrainischen Familien in den Zügen der Deutschen Bahn, die steigenden Preise an der Zapfsäule oder fehlendes Sonnenblumenöl in den Geschäften, die den Menschen deutlich machen, dass es hier (auch) um ihre Belange geht. Und kommt nicht eine Art unterschwelliger Rassismus zum Vorschein, wenn man von „Städten und Menschen“ spricht, „die so aussehen wie wir“?


Umso wichtiger ist es, die Relevanz und die Wechselwirkungen scheinbar ferner Krisen so konkret und spezifisch wie möglich aufzuzeigen. Angst ist dabei ein schlechter Berater. Angst vor Terrorismus, Angst vor organisierter Kriminalität, Angst vor Geflüchteten führen zu Erpressbarkeit, zu faulen Deals mit problematischen Regimen und zu falschen oder zumindest nicht nachhaltigen Antworten. Besser ist es, herauszustellen, wie stark Deutschland und Europa von einer vernetzten und offenen Ordnung profitieren.


Oft würde es schon genügen, aus den ernüchternden Erfahrungen, liberale Friedensordnungen zu fördern, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Denn das würde dazu führen, dass man sich stärker an – progressiven – Interessen orientierte als an überschießenden normativen Zielen. Realistische Ziele sollten darauf ausgerichtet sein, eskalierende Entwicklungen mittels politischem Druck frühzeitig abzubremsen, die Folgen von Unrecht und Gewalt abzufedern (etwa durch den Kampf gegen Straflosigkeit) und da, wo es möglich ist, eine Konflikttransformation, also tiefe Reformprozesse von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, zu unterstützen. Die Situation durch eigenes Handeln oder Unterlassen nicht noch weiter zu verschlimmern, kann manchmal schon das Wichtigste sein.


Gewissheiten hinterfragen

Realistische Ziele sollten auf einer klaren Konfliktanalyse basieren. Die breitere Auseinandersetzung mit Gewaltprozessen anhand der russischen Invasion in der Ukraine kann helfen, verbreitete Gewissheiten zu hinterfragen, die auch in innerstaatlichen Konflikten eine Rolle spielen.


Für viele kam der russische Angriff überraschend, obwohl es zuvor zahlreiche Warnungen und detaillierte Hinweise etwa der amerikanischen Nachrichtendienste gegeben hatte. Während der russische Truppenaufmarsch sich über Monate vor den Augen der Welt hinzog, schien die Vorstellung eines breit angelegten Angriffs gegen einen souveränen Staat aus der Zeit gefallen – und angesichts der drohenden Wirtschaftssanktionen und Russlands ohnehin bereits bestehendem Einfluss in der Ostukraine auch nicht rational. Eine Herausforderung war es also, den passenden Maßstab dafür zu finden, was Russlands Führung antrieb. Die toxische Männlichkeit des abgeschotteten Herrscherzirkels um Putin und dessen imperiale Fantasien waren möglicherweise wichtiger als eine kühle Kalkulation der Kosten für Staat und Bevölkerung.


Auch der Verlauf des russischen Angriffskriegs gibt Anlass, manche Gewissheiten zu hinterfragen. Die langsamen militärischen Fortschritte der russischen Streitkräfte trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit gegenüber der Ukraine unterstreichen, dass kriegerische Auseinandersetzungen ausgesprochen dynamische Prozesse sind, die keinem mechanischen Schema folgen.


Analysten und Nachrichtendienstmitarbeiter sollten stärker als bislang in Szenarien denken, über die Bedingungen für mögliche Zukünfte sprechen und dabei ihre Annahmen und die damit verbundene Unsicherheit offenlegen. Sie sollten auf Kipppunkte, strukturelle Faktoren und mögliche Entscheidungspfade hinweisen, die das umreißen, was Soziologen einen Raum der Möglichkeiten nennen. Konkrete Ansatzpunkte für Veränderungen helfen, präventiv zu agieren, um Bedrohungen abzuwenden. Die politischen Empfänger sollten solche Szenarien einfordern, statt nur zu fragen, wer gewinnen und verlieren wird.


Umgekehrt können Erfahrungen der zivilen Konfliktbearbeitung aus anderen Krisenherden auch für den Krieg in der Ukraine relevant sein. Wenn es etwa um die Mechanismen der Konfliktbeendigung geht, so haben die Vertreterinnen und Vertreter deutscher Mediationsorganisationen darauf hingewiesen, was bei Verhandlungen in der Ukraine aus ihrer Sicht wichtig ist. So sollten Drittparteien in „hocheskalierten Konflikten“ zunächst nicht auf inhalt­liche Kompromisse drängen, sondern eher anbieten, einen klaren Verhandlungsprozess zu strukturieren. Zudem gilt, dass der Erfolg von Verhandlungen eine Frage von Zeitpunkt und Bedingungen wie dem Vorhandensein einer (auch nur vermeintlich) guten Alternative zu einer Einigung sind.


Wissen, was wirkt

Ein zentraler Bestandteil der von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende ist die dauerhafte Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Wer aus dieser Steigerung militärischer Fähigkeiten einen neuen Führungsanspruch Deutschlands für das internationale Krisenmanagement ableitet, kann dies erst recht für die zivile Konfliktbearbeitung tun.


Deutschland ist hier seit 2017 der größte Geber. Laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gab die Bundesregierung 2020 über 666 Millionen Dollar für „zivile Friedensförderung, Konfliktprävention und Konfliktbeilegung“ aus – mehr als ein Viertel aller Geber in diesem Bereich. Damit liegt Deutschland weltweit auf dem Spitzenplatz, vor der EU, den USA und Großbritannien. Damit das so bleibt, müsste der Bundestag vor allem die mit dem Ende des dortigen Einsatzes entfallenden Mittel des Stabilitätspakts für Af- ghanistan (170 Millionen Euro im Jahr 2021) kompensieren und Sparpläne der Bundesregierung, den Haushalt des Auswärtigen Amts in den kommenden fünf Jahren um über ein Viertel zu kürzen, stoppen.


Helfen könnte bei den Haushaltsverhandlungen eine systematische und übergreifende Analyse des deutschen Engagements für zivile Konfliktbearbeitung. Bislang gibt es solche Auswertungen nur vereinzelt, da sie in der Regel auf Projekt- und Programmebene stattfinden. Im Frühjahr 2022 erschien die erste ressortübergreifende Evaluation des Engagements von AA und BMZ zur Stabilisierung des Irak von 2014 bis 2019. Weitere sollen folgen, insbesondere für das Engagement in Afghanistan. In beiden Fällen erfolgt die externe Begutachtung allerdings für den zivilen Bereich getrennt vom militärischen Einsatz, obwohl sich Deutschland gerade hier auf die Fahnen geschrieben hatte, dass zivile und militärische Mittel im Rahmen des vernetzten Ansatzes zusammenwirken sollten.


Die Irak-Evaluation kam zu dem Ergebnis, dass die beiden Ressorts „einen signifikanten Beitrag zur Bearbeitung der Krise“ leisten konnten. Ein wichtiger Gradmesser war, dass es auch aufgrund des deutschen Engagements gelang, die Bedingungen für eine Rückkehr von fast 75 Prozent der Binnenvertriebenen zu schaffen, die vor dem IS und den Kämpfen geflohen waren. Neben stabilisierenden Maßnahmen im engeren Sinne kamen insbesondere humanitäre Hilfe und strukturbildende Übergangshilfe zum Einsatz – und das in einem Umfang von insgesamt 2,1 Milliarden Euro im Betrachtungszeitraum 2014 bis 2019.


Dass zivile Konfliktbearbeitung in fragilen Kontexten oft mit einem erheblichen Risiko des Scheiterns einhergeht, liegt auf der Hand. Einige der Gründe für mangelnde Wirksamkeit liegen in der Konfliktdynamik begründet und können von der Bundesregierung nicht beeinflusst werden. Ihre eigenen Mechanismen kann sie jedoch verbessern. Dazu gehört zum einen, schnell und flexibel zu reagieren, wenn eine Krise sich zuspitzt oder sich Möglichkeiten des Wandels auftun. Dazu gehört zum anderen, auch in verzwickten Konflikten so zu handeln, dass man anschlussfähig an längerfristige Entwicklungszusammenarbeit bleibt.


Wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, um ein positives Beispiel zu nennen, begann das Auswärtige Amt bereits damit, erste Treibstofflieferungen an die Ukraine zu organisieren. In anderen Situationen ging es nicht so schnell. So war der Großteil der Stabilisierungsmaßnahmen zur Unterstützung des demokratischen Übergangsprozesses im Sudan auch zwei Jahre nach dessen Beginn noch nicht eingetroffen – dann kam es zum Putsch im Oktober 2021.


Besonders nachhaltig ist die Friedensförderung für gewöhnlich, wenn lokale Partner sie tragen. Doch schwache Regierungen sind oft überfordert, wenn es darum geht, eine Vielzahl von internationalen Akteuren zu koordinieren, von denen jeder seine eigenen Finanzierungs- und Unterstützungsmechanismen mitbringt. Ein gemeinsamer, multilateraler Mechanismus kann hier helfen.


Schließlich braucht es genügend Personal an deutschen Auslandsvertretungen und in Stabilisierungsprojekten, um einen regelmäßigen Dialog mit den politisch Handelnden jenseits der Regierung zu führen, um sich mit internationalen Partnern abzusprechen und um analytisch abgesichertes Wissen an die Entscheidungsebene der eigenen Behörden zu liefern. Im Koalitionsvertrag hat sich die Ampelregierung dazu verpflichtet, das Auswärtige Amt ausreichend auszustatten und zivile Planziele für die schnelle Bereitstellung von Personal zu definieren.


Strategiefähiger werden

Um alle Elemente zusammenzubringen, müssen die Handelnden strategiefähiger werden. Strategiefähigkeit heißt, die eigenen Annahmen zu reflektieren, ­Ansatzpunkte für eigenes Handeln zu identifizieren und dieses bei Bedarf flexibel anzupassen. Ebenso wie wir darüber diskutieren, wie einzelne Waffensysteme bestimmte Fähigkeiten der ukrainischen Streitkräfte stärken, gilt es aufzuzeigen, wie genau die vielen zivilen Einzelmaßnahmen Deutschlands und seiner Partner sich zu einem kohärenten Ansatz in der Konfliktbearbeitung fügen.


Klingt selbstverständlich? Das sollte es für den größten Geber in Sachen zivile Konfliktbearbeitung sein, ist es in der Praxis aber nicht. Weder im Irak noch in Mali hat die Bundesregierung eine gemeinsame, ressortübergreifende Länderstrategie. Das Ressortprinzip führt oft zu Konkurrenz um Sichtbarkeit und Ressourcen zwischen Ministerien, befeuert von der jeweiligen politischen Spitze.


Gleichwohl gibt es Fortschritte in der Ressortkoordination. Die „gemeinsame Analyse und abgestimmte Planung“ sind ein Abstimmungsprozess von AA und BMZ für Länder, in denen beide mit Projekten tätig sind. Hier wird nach konkreten Ansatzpunkten Deutschlands oder der Wirkungs- und Interventionslogik von Projekten gefragt. Allerdings ist ein gemeinsamer Vermerk noch keine Länderstrategie. Wichtig wäre es, für einen mehrjährigen Zeitraum zentrale Annahmen, angepasste Ziele, Wechselwirkungen, Synergien und mögliche rote Linien aufzuzeigen. Eine belastbare Strategie sollte Ansätze nicht nur für ein Best-case-Szenario, sondern für verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten bereithalten. Rückschläge sind in Übergangsprozessen der Normalfall.


Solche Strategien auszuarbeiten, ist aufwendig und daher erstmal nur für wenige Schwerpunktländer zu leisten. Neben dem gemeinsamen Einüben von Verfahren ist es wichtig, die unterschiedlichen Perspektiven der Mitstreiter auf die gemeinsamen Ziele zu verstehen. ­Szenario-Übungen bis auf Kabinettsebene wie in den USA können zu einem gemeinsamen Verständnis über die Arbeitsebene hinaus beitragen. Gemeinsame Haushaltsmittel können Anreize zur Abstimmung setzen – wie es bereits bei AA und Bundesverteidigungsministerium für die Ertüchtigung von Sicherheitskräften praktiziert wird.


Schließlich braucht es hochrangige politische Führung. Wenn Mitglieder der Bundesregierung durch robuste Szenario-Übungen gegangen sind, sollte es ihnen leichter fallen, ihre internationalen Partner und das heimische Publikum zu überzeugen, statt wie in der Vergangenheit bei Ansätzen mitzumachen, an die sie selbst nicht so recht glauben. Expertinnen und Experten können ihren Beitrag über einen Wettbewerb der konstruktivsten ­Ideen für Konfliktbearbeitung leisten.


Klare politische Ziele ergeben thematische und geografische Schwerpunkte. Eine umfassende Konfliktanalyse berücksichtigt die Dynamik und Kontingenz von Gewaltprozessen. Zuverlässig wachsende Ressourcen erlauben es einem für fragile Kontexte geschulten Personal, schnell, effektiv und konfliktsensibel zur Stärkung legitimer öffentlicher Institutionen und Dienstleistungen beizutragen. Diese Überlegungen fließen in länderspezifische Strategien als Ergebnis ressortgemeinsamer Szenario-Übungen ein. So könnte eine Zeitenwende auch für die zivile ­Konfliktbearbeitung gelingen.

Die Spoiler von Darfur

Im Schatten des gescheiterten Übergangsprozesses verschärft sich die Konfliktsituation in Sudans Westen

SWP-Aktuell 2022/A 54, 26.08.2022

Das Juba-Friedensabkommen von Oktober 2020 hat nicht zu einer Befriedung der sudanesischen Konflikte geführt. Stattdessen hat es vor allem neue Allianzen zwi­schen bewaffneten Gruppen und Sicherheitskräften geschaffen. Nach ihrer jahr­zehntelangen Marginalisierung prägen nun Gewaltunternehmer aus der Peripherie die nationale Politik Sudans und unterminieren eine mögliche Rückkehr zu einem demokratischen Übergangsprozess. Die Unsicherheit in Darfur könnte eskalieren und zu einer weiteren Destabilisierung des Landes beitragen. Internationale Geber sollten einerseits Druck auf diese Gewaltunternehmer ausüben, damit sie die Macht abgeben, und andererseits umsichtig Friedensprojekte in Darfur fördern.

Sudans politische Krise hält an. Im Juli 2022 haben zwar sowohl General Abdel Fattah al-Burhan, der Führer der Sudanesischen Streitkräfte (SAF), als auch Generalleutnant Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, der Führer der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF), versprochen, die Macht an eine zivile Regierung abzugeben, sofern die politischen Parteien und gesell­schaftlichen Bewegungen zu einer ent­sprechenden Einigung kämen. Doch von einem neuen Übergangsprozess unter einer funktionierenden nicht-militärischen Füh­rung mit breitem Rückhalt in der Bevölkerung ist Sudan nach wie vor weit entfernt. Die Sicherheitskräfte üben seit ihrem Putsch im Oktober 2021 faktisch die Herrschaft aus und haben lediglich eine geschäftsführende Regierung ernannt.

Ein Haupthindernis für ein Ende der politischen Krise sind Vertreter bewaffneter Gruppen, die den Putsch unterstützten (siehe Infokasten). Diese wurden im Zuge der Umsetzung des Juba-Friedensabkom­mens (JPA) vom Oktober 2020 Teil der Regierung.

Ihre Machtbeteiligung hat Sudans Peripheriekonflikte nicht befriedet, sondern heizt diese eher an. Wie so oft in Sudan übersteigt die bewaffnete Gewalt in den Regionen diejenige im Zentrum um ein Vielfaches. Während in Khartum seit dem Putsch bislang rund 120 Menschen durch das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte bei Demonstrationen ums Leben kamen, starben im gleichen Zeitraum etwa zehnmal so viele Menschen bei Angriffen und bewaffneten Auseinandersetzungen außerhalb der Hauptstadt – besonders viele in den fünf Bundesstaaten der west­lichen Darfur-Region.

Sudans Gewaltunternehmer

Staatliche Sicherheitskräfte, deren Organisa­tion gesetzlich geregelt ist:
■ Sudanesische Streitkräfte (SAF, geführt von General Abdel Fattah al-Burhan)
■ Rapid Support Forces (RSF, hervorgegangen aus Janjaweed-Milizen aus Darfur, geführt von Generalleutnant Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti)
■ Polizei, Central Reserve Police, General Intelligence Service (GIS)

Bewaffnete Gruppen: 13 Unterzeichnergruppen des Juba-Friedensabkommens vom 3.10.2020 aus ganz Sudan, darunter :
■ Justice and Equality Movement (JEM, isla­mistisch, Darfur, geführt von Finanzminister Gebreil Ibrahim)
■ Sudan Liberation Army – Minni Minawi
(SLA-MM, Darfur, geführt von Minni Minawi, Gouverneur der Region Darfur)
■ Sudan People’s Liberation Movement North/ Revolutionary (SPLM-N, Blue Nile, geführt von Malik Agar, Mitglied des Übergangsrats)
Nicht-Unterzeichnergruppen und ethnisch/ tribale Milizen, teilweise in Libyen ansässig, darunter :

■ Sudan Liberation Army – Abdel Wahid (SLA-AW, Jebel Marra/Darfur, geführt von Abdel Wahid al-Nur, wichtigste Gruppe in Darfur)
■ Sudan People’s Liberation Movement-North (SPLM-N (al-Hilu), Nubaberge, geführt von Abdel Aziz al-Hilu, Gruppe mit der größten territorialen Kontrolle in Sudan).

Die meisten Unterzeichnergruppen waren ursprünglich Teil der politischen Gruppe der Forces of Freedom and Change (FFC), spalteten sich im Oktober 2021 jedoch ab und nannten sich fortan FFC-National Accord (FFC-2), ab August 2022 National Consensus Forces. Burhan ist der Vorsitzende des Übergangsrats, Hemedti bezeichnet sich als dessen Stellvertreter, auch wenn diese Position offiziell nicht vorgese
Sudans Gewaltunternehmer

Die sudanesische Regierung versucht, die Gewalt in Darfur zu entpolitisieren und als reine »Stammeskonflikte« darzustellen. Tat­sächlich haben die Auseinandersetzungen dort jedoch komplexe Ursachen. Die vola­tile politische Situation in Khartum ver­schärft die lokalen Spannungen in der Peri­pherie, während der Prozess zur Beilegung der Konflikte in Darfur und den anderen Randregionen Sudans die Machtverhält­nisse in Khartum zugunsten von wenig demokratiefreundlichen Gewaltunter­nehmern verschiebt.

Konfliktdynamik im Wandel

International hat die Region Darfur vor allem wegen der Gewaltexzesse gegen die Zivilbevölkerung in den Jahren 2003/04 traurige Berühmtheit erlangt, Massen­verbrechen, die der zu jener Zeit amtier­ende US-Außenminister Powell als Völker­mord bezeichnete. Damals terrorisierten von der sudanesischen Regierung bewaff­nete und unterstützte Milizen (Janjaweed) die Zivilbevölkerung.

Die aktuellen Ereignisse erreichen diese Dimension nicht. Seit Beginn der sudanesischen Revolution im Dezember 2018 sind laut einer Datenbank (ACLED) über 2.600 Menschen in den fünf Darfur-Bundesstaaten durch bewaffnete Gewalt umgekommen. Die Zahl der Binnenvertriebenen in Sudan (die sich in Darfur konzentrieren) stieg zwi­schen 2020 und 2021 von 2,3 auf 3,2 Mil­lionen.

Die wichtigsten Konfliktparteien haben sich verändert. Bereits zum Zeitpunkt des Sturzes von Omar al-Bashir im April 2019 hatten die meisten bewaffneten Gruppen aus Darfur den Schwerpunkt ihrer Aktivi­täten und Truppen nach Libyen verlagert, vor allem in Form von Söldnerdiensten im Auftrag Khalifa Haftars und bezahlt von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

Noch 2018 waren Zusammenstöße zwi­schen Rebellen (vor allem der SLA-AW) und Sicherheitskräften für die meisten Opfer organisierter Gewalt verantwortlich. Mitt­lerweile fordern Auseinandersetzungen mit und unter ethnisch gruppierten, irregulären Milizen die höchste Zahl an Menschenleben, insbesondere wenn Angehörige der arabischen Rizeigat beteiligt sind. Der Wan­del der Konfliktdynamik zeigt sich auch an der Verlagerung der geographischen Hot­spots: weniger Vorfälle in Zentral-Darfur, der Basis der SLA-AW, und mehr in Süd- und West-Darfur (siehe Karte, S. 4).

Die Gewaltausbrüche in Darfur folgen einem Muster. Auslöser sind häufig indivi­duelle Streitigkeiten und kriminelle Vor­fälle. Angehörige unterschiedlicher ethni­scher Gruppen ziehen teilweise gleich die gesamte Gruppe eines Antagonisten für die Wiedergutmachung von dessen Fehlverhalten zur Rechenschaft. Die angegriffene Bevölkerungsgruppe ist oft auch bewaffnet und setzt sich zur Wehr. Staatliche Sicher­heitskräfte halten sich zurück, greifen ver­spätet ein oder räumen gar das Feld, weil sie der angreifenden Übermacht nicht ge­wachsen sind. In solche gewaltsamen Zu­sam­menstöße können schon mal bis zu 3.000 Kämpfer mit Fahrzeugen auf Seiten der Rizeigat involviert sein. Berichten zu­folge tragen manche von ihnen bei ihren Angriffen Abzeichen der offiziellen RSF.

Alte und neue Konfliktursachen

Die aktuelle Konfliktdynamik in Darfur lässt sich sowohl auf die lange Wirkung früherer Gewalt zurückführen als auch auf Einflüsse des Machtkampfs in Khartum.

Zum einen verschärft sich wegen einer klimatischen Verschiebung die Konkurrenz von Gruppen, die unterschiedlichen Erwerbs­formen nachgehen. Die Wüste breitet sich aus und Regenfälle werden erratischer. Menschen, die vorwiegend Ackerbau be­treiben, geraten mit Gruppen in Konflikt, die überwiegend nomadisch von Viehzucht leben. Oft geht es um die Nutzung von Acker- bzw. Weideland und Wasser.

Zweitens gibt es sozio-ökonomische Un­gleichheiten und eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Am schlechtesten ist der Zugang zu Gesundheit und Bildung in der nomadischen Gemeinschaft in Darfur. Nur 9 Pro­zent der 9–13-jährigen Mädchen und 17 Prozent der Jungen gehen zur Schule, während immerhin jedes zweite binnen­vertriebene Kind eine Schule besucht. Die­ser bemerkenswerte Befund scheint auch die Folge einer einseitigen internationalen Unterstützung zu sein, die sich auf die Ver­triebenen konzentriert hat.

Drittens sind traditionelle Konfliktbearbeitungsmechanismen durch Jahrzehnte des Bürgerkriegs, Reformen der kommunalen Verwaltung und die Aufrüstung ethni­scher Milizen geschwächt. Als marginalisierte Gruppen gegen die damalige Regie­rung aufbegehrten, bewaffnete und unter­stützte Khartum arabische, regierungstreue Milizen, damit diese die Aufstände bekämpf­ten. Dabei instrumentalisierte die damalige sudanesische Regierung auch die unter der arabischen Bevölkerung verbreitete Vor­stellung einer Vorherrschaft gegenüber den nicht-arabischen Bevölkerungsteilen und damit auch gegenüber den Rebellen, die sich aus diesen überwiegend rekrutierten. In der Folge dieser Auslagerung der Auf­stands­bekämpfung sind formelle rechtsstaatliche Mechanismen ausgehöhlt und Polizeikräfte unterminiert worden. Letztere sind oft nicht in der Lage, kriminelle Vor­fälle aufzuklären. Kleinwaffen sind in Darfur weit verbreitet.

Während des Bürgerkriegs entwickelte sich Sudan zu einem »militarisierten poli­tischen Marktplatz«. Gewaltsame Ausein­andersetzungen dienen politischen Gewalt­unternehmern als Instrument, um sich bemerkbar zu machen und den Preis für ihre Loyalität in Verhandlungen mit Regie­rungsrepräsentanten zu erhöhen. Der suda­nesische Übergangsprozess 2019 und der Militärputsch 2021 haben eine neue Dyna­mik in diesen Marktplatz gebracht. Sowohl (arabische) nomadische Stämme als auch (nicht-arabische) Vertriebenengruppen in Darfur fühlten sich durch das neue Arrange­ment in Khartum gestärkt. Erstere rechneten auf Unterstützung durch den Aufstieg Hemedtis, der selbst einem Rizeigat-Stamm angehört. Und unter den Binnenvertriebenen wuchs die Hoffnung, von einem Friedensprozess zu profitieren, der ihnen unter anderem eine dauerhafte Rückkehr zu ihren Feldern ermöglichen würde. Wo immer dies geschieht, geraten sie dabei allerdings in der Regel in Konflikt mit den aktuellen Nutzern der Böden.

Verschärft wird die Gewalt in Darfur durch Rivalitäten zwischen bewaffneten Milizen um Einfluss in Khartum. Einige arabische Gruppen fühlen sich durch die Rekrutierung von nicht-arabischen RSF-Mitgliedern und Hemedtis Bündnis mit den Unterzeichnern des JPA zurückgesetzt. Ihr Verlangen nach Aufmerksamkeit und Patronage äußert sich in wiederkehrenden Angriffen auf Dörfer und Vertriebenen-Camps. Durchaus mit Erfolg: Im Sommer 2022 verbrachte Hemedti mehr als einen Monat in West-Darfur.

Derweil organisieren sich wieder vermehrt Selbstverteidigungseinheiten, wie die der Masalit in West-Darfur. Mit ihrer hoch­wertigen Bewaffnung sind diese in der Lage, den angreifenden Rizeigat-Milizen mitunter hohe Verluste zu bescheren.

Hemedti selbst macht islamistische Kräfte, die loyal zur alten Bashir-Regierung sind, für die Gewaltausbrüche in Darfur verantwortlich. Diese verfolgten das Ziel, seine RSF-Kräfte in der Peripherie zu binden. Die genaue Rolle der Islamisten bleibt unklar, doch ist deutlich, dass sie im Schatten des Putschs Aufwind bekommen haben. Ihre Vertreter sind zurück im öffentlichen Dienst und Bashirs früherer Außenminister Ali Karti wurde kürzlich zum Generalsekre­tär der Sudanesischen Islamischen Bewegung ernannt. In den SAF verfügt die Bewegung weiterhin über Einfluss. Die Islamisten sehen Hemedtis RSF als schwer zu kontrollierende Konkurrenz zu den SAF.

Friedensabkommen mit Schwachstellen

Die aktuelle Gewalt in Darfur offenbart auch die Schwächen des JPA und seiner Umsetzung. Diese verschärfen Sudans politische Krise.

Die wichtigsten bewaffneten Gruppen (u.a. JEM, SLA-MM, SPLM-N, siehe Infokasten) solidarisierten sich noch vor dem JPA mit den zivilen Akteuren, mit denen sie im Januar 2019 die »Erklärung für Frieden und Wandel« unterschrieben, das Gründungsdokument der »Kräfte für Frieden und Wan­del« (Forces of Freedom and Change, FFC). Im Laufe der Revolution wurden sie jedoch marginalisiert. Es waren schließlich die ge­waltfreien Methoden der Zivilgesellschaft, die Bashir und eine erneute Militärherr­schaft zu Fall brachten, nicht der jahrzehn­telange bewaffnete Kampf der Rebellen. Für die FFC-Vertreter hatte die Einsetzung einer zivil geführten Übergangsregierung oberste Priorität. Deren Installation wollten sie nicht durch Friedensverhandlungen ver­zögern, die stattdessen eine der Aufgaben ebenjener Übergangsregierung sein sollten.

Die Friedensverhandlungen begannen im Oktober 2019 in Juba mit Südsudan als Mediator. Die zivilen Teile der Übergangsregierung überließen die Gespräche über­wiegend Vertretern der Sicherheitsorgane. Das Ergebnis, das im Oktober 2020 feierlich signiert wurde, bot den unterzeichnenden Akteuren bisher vor allem Gelegenheit, sich zu bereichern und mit politischen Posten zu versorgen. Zur Befriedung der Region hat es kaum beigetragen. Denn zum Zeitpunkt der Unterzeichnung hatten die Beteiligten kaum noch eigene Truppen in Darfur oder anderen Teilen Sudans (mit Ausnahme von Blue Nile im Süden). Gleichzeitig waren die­jenigen Player, die für die Konfliktdynamik in Darfur die wichtigste Rolle spielten, nicht adäquat vertreten. Hemedti selbst konnte nicht für alle arabischen Gruppen sprechen. Schließlich waren weder Vertriebene, Frauen oder junge Menschen ausreichend be­teiligt. Die SLA-AW lehnte die Gespräche ab.

Von den vielen Versprechen, die das JPA für marginalisierte Bevölkerungsteile in der sudanesischen Peripherie enthält, konnten kaum welche eingelöst werden. Denn be­reits bei der Unterzeichnung war abzusehen, dass die Regierung für die Umsetzung des Abkommens auf internationale Geber an­gewiesen sein würde. Diese zeigten sich je­doch wenig bereit, ein Friedensabkommen substanziell zu unterstützen, in dessen Zu­standekommen sie kaum eingebunden waren. Die Klärung vieler Details hatte das JPA zudem Umsetzungskommissionen überlassen.

So legt das Abkommen nicht fest, wie viele Kämpfer demobilisiert oder in regu­läre Truppen integriert werden sollen. Die Regierung ernannte bisher keine Demobilisierungskommission für Darfur. Entgegen den Erwartungen der bewaffneten Gruppen machte Hemedti deutlich, dass er nur einen kleinen Teil ihrer Kämpfer in die RSF inte­grieren wolle.

Das JPA sieht die Bildung einer gemeinsamen Schutztruppe vor, die zur Hälfte aus Regierungstruppen und zur anderen Hälfte aus bewaffneten Gruppen gebildet werden soll, mit einer Gesamtstärke von 20.000. Diese Truppe war ein wesentliches Argu­ment der Übergangsregierung, sich für den Abzug der hybriden Friedensmission UNAMID der UN und der Afrikanischen Union (AU) in Darfur einzusetzen, deren Mandat Ende 2020 auslief.

Mit erheblicher Verspätung meldete die Regierung jedoch erst Ende Juni 2022 den Abschluss der Ausbildung der ersten 2.000 Mitglieder der gemeinsamen Schutztruppe. Es ist im Übrigen unklar, warum diese bes­ser in der Lage sein soll, die Zivilbevölkerung vor Gewaltexzessen zu schützen, als die ein­zelnen Verbände, die in ihr aufgehen. Nach dem Abzug von UNAMID ist die Aussicht auf eine erneute internationale Friedens­mission jedoch äußerst gering, so dass nur sudanesische Einheiten in Frage kommen.

Auch die Ständige Waffenstillstandskommission, die mit dem JPA ins Leben gerufen wurde, kann nur einen bescheidenen Beitrag leisten. Die United Nations Integrated Transition Assistance Mission in Sudan (UNITAMS) sitzt der Kommission und ihren sektoralen Untereinheiten vor, die aus Vertretern der Unterzeichner des JPA bestehen. Die Kommission unterstützt die Demobilisierung bzw. das Training von An­gehörigen der bewaffneten Gruppen und kann auf Antrag einer der Vertragsparteien Verletzungen des Waffenstillstands unter­suchen. Allerdings zählen diejenigen, die an Konflikten beteiligt sind, häufig nicht zu einer der Unterzeichnergruppen.

Neue Spieler in Khartum

Die Konfliktdynamik in Darfur hat erheb­liche Auswirkungen auf die nationale Poli­tik Sudans. Hemedtis Aufstieg zum bedeu­tendsten politischen Unter­nehmer des Lan­des erschüttert die hergebrachten Fun­da­mente der Politik in Khartum. Darfur dient ihm gleichermaßen als Einnahmequelle, Rekrutierungsbasis für die RSF wie auch zum Aufbau einer Basis für seine politischen Ambitionen auf nationaler Ebene.

Hemedti agiert dabei sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite von Sicherheit in Darfur. Wenngleich grö­ßere Gewaltakte eine Herausforderung für seine Autorität bedeuten, erlauben sie es dem RSF-Führer, sich als Friedensstifter bei tribalen Versöhnungskonferenzen zu prä­sentieren. Die dort getroffenen Verein­barun­gen rühren allerdings nicht an den Wurzeln der Konflikte. Übergriffe seiner eigenen RSF auf Dörfer und Vertriebenenlager bleiben in der Regel ungeahndet, was ein Klima der Straflosigkeit erzeugt. So soll der Vorsitzende des Friedens- und Versöhnungskomitees und Kommandeur der RSF in West-Darfur, Mousa Ambeilo, Ende 2019 selbst einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung angeführt haben.

Der Friedensprozess von Juba erlaubte es Hemedti überdies, Allianzen mit seinen früheren Gegnern zu schmieden. Wie die Rebellen traute er den sudanesischen Streit­kräften unter der Führung Burhans nicht. Versuchen, die RSF in die reguläre Armee zu integrieren, widersetzt er sich. Hemedti konnte über die Zusammenarbeit mit den bewaffneten Gruppen ein »Gegengewicht zur Transition im Zentrum« und damit zum Einflussbereich der SAF und der zivilen Parteien des FFC aufbauen.

So unterminierte der Friedensprozess von Juba von Anfang an demokratische Prozesse. Die Übergangsregierung sicherte den bewaffneten Gruppen zu, dass ein Über­gangsparlament so lange nicht einberufen werde, wie die Verhandlungen liefen. Dif­ferenzen innerhalb der FFC blockierten auch nach dem Friedensabschluss die Bil­dung des Übergangsparlaments, das einen Gegenpol zum Sicherheitssektor hätte bil­den können. Das JPA bescherte den Milizen wichtige Regierungspositionen. Der Ein­fluss, den sie von dort ausüben konnten, ging weit über ihre tatsächliche politische Bedeutung hinaus. So wurden Gebreil Ibra­him, der Führer des JEM, Finanzminister, und Minni Minawi, Führer der SLA-MM, Gouverneur der Region Darfur. Die SLA-MM hatte schon seit 2014 nicht mehr in Sudan gegen die Streitkräfte gekämpft, die JEM seit 2015 nicht mehr.

Mit dem Eintritt von Mitgliedern der be­waffneten Gruppen in das Kabinett von Pre­mierminister Abdalla Hamdok im Februar 2021 bestanden auch die FFC-Parteien auf einer direkten Beteiligung an Regierungsposten, für die sie vorher nur Experten nominiert hatten. Das »politischere Kabi­nett« geriet jedoch in einen zunehmend offen ausgetragenen Konflikt mit den Repräsentanten des Sicherheitssektors. Die Vertreter der bewaffneten Gruppen agier­ten dabei als Verbündete des Militärs. Sie erweiterten die politische Basis des Militärs um Unterzeichner der FFC-Erklärung und damit der ursprünglichen Opposition zum Bashir-Regime. Anfang Oktober 2021 spalte­ten sich 16 bewaffnete Gruppen, angeführt von JEM und SLA-MM, von den FFC als »FFC National Accord« bzw. FFC-2 ab. Kurz darauf organisierten sie eine Sitzblockade in Khartum und forderten die anderen FFC-Parteien auf, die Regierung zu verlassen. Konsequenterweise stellten die bewaffneten Gruppen praktisch die einzigen Minister und Vertreter im Übergangsrat, die nach dem Putsch vom 25. Oktober 2021 ihre Positionen behielten.

Schließlich erschwerten die FFC-2-Ver­treter die Vermittlungen des Trilateralen Mechanismus von UNITAMS, AU und der Intergovernmental Authority on Development (IGAD) im Frühjahr und Sommer 2022. Sie bestanden auf einer »inklusiven« Runde, die islamistische Vertreter (und sie selbst) einschloss, während die verbliebenen Vertreter der mittlerweile FFC-Central Committee oder FFC-1 genannten Gruppierungen die Beteiligung von »Pro-Putsch Parteien« ablehnten. Der Konflikt zwischen FFC-1 und FFC-2 bot dem Militär einen Vor­wand, das »zivile« Lager für die politische Krise verantwortlich zu machen.

Aktuelle Sicherheitsrisiken

Der Aufstieg von Gewaltunternehmern aus Darfur und die mangelnde Umsetzung des JPA bringen erhebliche Risiken für die Sicherheit und Stabilität in der Region mit sich. Ein nicht vorhandenes staatliches Ge­waltmonopol hat Folgen. Erstarkte Selbst­verteidigungsgruppen könnten sich zu Rebellengruppen entwickeln – wie bereits vor 20 Jahren. Konflikte zwischen Bauern und nomadischen Rizeigat könnten weiter eskalieren.

Tausende aus Libyen zurückgekehrte Kämpfer der Unterzeichnergruppen stellen ein Risiko für die Bevölkerung in Darfur dar. Häufig wenden sie sich kriminellen Aktivitäten zu. Gleichzeitig rekrutierten die Signatoren des JPA massenhaft neue Mit­glieder in Darfur, um ihre Gefolgschaft zu stärken. Allein eine Unterzeichnergruppe gab an, bereits 11.000 neue Kämpfer in Darfur angeworben zu haben. Allerdings haben die Gruppen den Rekruten außer dem Versprechen zukünftiger Posten in den staatlichen Sicherheitskräften kaum etwas zu bieten.

Ein Spannungsfaktor ergibt sich aus der möglicherweise gespaltenen Loyalität der Sicher­heitskräfte in Darfur, die offiziell dem Oberkommando von Minni Minawi als Gouverneur von Darfur unterstehen, dessen SLA-MM gleichzeitig für Unsicherheit sorgen.

Überdies haben die bewaffneten Gruppen durch ihre Beteiligung am Putsch in Khartum ein Glaubwürdigkeitsproblem bei ihren Mitgliedern und Unterstützern. Erste Angehörige der Unterzeichnergruppen haben sich bereits von ihren Führern ab­gewandt und verfolgen eigene Ziele.

Darüber hinaus gewinnt die SLA-AW von Abdel Wahid al-Nur an Zulauf, dessen notorische Ablehnung von Verhandlungen ihm ein Image von Vertrauenswürdigkeit verleiht. Ein Versuch der Sudanesischen Kommunistischen Partei, ihn zu einer politischen Allianz zu bewegen, scheiterte jedoch. Der Waffenstillstand zwischen SLA‑AW und SAF hält derzeit.

Historisch gesehen haben die Konflikte der Peripherie – bis auf seltene Aus­nahmen – die Bevölkerung im Zentrum Sudans kaum berührt. Mit der Präsenz der Führer der Darfur-Gruppen und einiger ihrer Kämpfer in Khartum könnte sich das nun ändern. Die Kriminalität soll auch in der Hauptstadt zugenommen haben (die Inflation im dreistelligen Prozentbereich und die wachsende Versorgungskrise tragen ihren Teil dazu bei). Das größte Eskalations­potential hätte eine direkte militärische Konfrontation zwischen den SAF und den RSF. Auch wenn eine offene Auseinandersetzung derzeit unwahrscheinlich ist, stellt sich die Frage, wie lange ihre Führer es schaffen, dass die Kämpfe zwischen den rivalisierenden Sicher­heitskräften auf Darfur beschränkt bleiben. Möglich wären auch gewaltsame Konflikte zwischen und mit ihren jeweiligen verbündeten Milizen wie der Tamazuj, einer Unterzeichner­gruppe, der Verbindungen zum Militär­geheimdienst nachgesagt werden.

Für Sudans Nachbarstaaten besteht das Risiko, dass bewaffnete Gruppen ihre Grenzregionen weiter als Rückzugsräume nutzen oder sich direkt dortigen Konfliktparteien anschließen. Dies betrifft ins­besondere Libyen, wo einige sudanesische Kämpfer weiterhin präsent sind, aber auch Südsudan, Tschad und die Zentralafrika­nische Republik (ZAR).

Ansatzpunkte für internationale Friedensförderung

Die internationale Gemeinschaft kann mit der Bearbeitung der Konflikte in Darfur nicht warten, bis es einen neuen Übergangs­prozess für das ganze Land gibt. Rivalitäten zwischen Gewaltunternehmern um Einfluss und Zugang zu Patronage und Ressourcen werden ohnehin anhalten.

Die Vereinten Nationen rufen zu Recht internationale Geber dazu auf, Friedens­projekte in Darfur zu unterstützen. Effek­tive Programme auf lokaler Ebene können unter Umständen einige der Sicherheits­risiken reduzieren. Denn Darfur ist auch eine Arena für den Machtkampf im Zen­trum des Landes.

Deutschland kann diese Bemühungen im Rahmen seiner Unterstützung für den UN Peacebuilding Fund, bei dem es der größte Geber ist, fördern und nach Möglich­keit lokalen zivilgesellschaftlichen Organi­sationen auch direkt Hilfe leisten.

Für eine effektive Friedensförderung braucht es ein umfassendes und konfliktsensibles Vorgehen, bei dem auf die Bedürf­nisse aller Gruppen eingegangen wird, auch auf jene der nomadischen Viehhirten und sesshafter bzw. vertriebener Bauern. Mit­glieder von Unterzeichnergruppen, die erst nach Abschluss des JPA rekrutiert wurden, sollten nicht mehr von Unterstützungs­angeboten profitieren als Angehörige ande­rer, auch informeller Gruppen. Bei den Maßnahmen zur Friedensförderung sollten die Gewalt-Hotspots in Darfur priorisiert werden. Denkbar sind Programme zur Berufsförderung, Angebote von Grund­versorgungs­leistungen wie Bildung und Gesundheit und Maßnahmen zur Stärkung von lokalen Konfliktbearbeitungskomitees. Letztere sollten nicht nur Stammesältere einbeziehen, wie bei den von Hemedti ver­mittelten Vereinbarungen geschehen, son­dern un­bedingt auch junge Menschen und Frauen.

Das kurzfristige Ziel dieser Maßnahmen sollte sein, die Eskalation von interpersonalen Auseinandersetzungen in größere Kon­flikte mit Dutzenden oder gar Hunderten Toten zu verhindern. Solange der Aufbau von verlässlichen und legitimen staatlichen Strukturen und Basisdienstleistungen nur ein Fernziel bleibt, sollte das Hauptaugenmerk –im Rahmen der humanitären Unterstützung – auf der Stärkung der in­dividuellen Resilienz liegen.

Eine intensivere Friedensförderung von Seiten der EU und Deutschlands sollte ein­hergehen mit einem vertieften diplomatischen Engagement. Die Europäer können sich bei ihren Partnern am Arabischen Golf dafür einsetzen, dass diese einen neuen Übergangsprozess in Sudan unterstützen. Saudi-Arabien und die VAE sind zwar keine Anhänger einer sudanesischen Demokratie, bevorzugen aber Stabilität und Sicherheit in ihrer Nachbarschaft. Dafür bedürfte es einer Fortsetzung der multilateralen Finanz­hilfen. Die Spannungen innerhalb des Sicherheitssektors in Darfur und die tiefe wirtschaftliche Krise Sudans bieten An­knüpfungspunkte für einen entsprechen­den Dialog. Die Aussetzung internationaler Finanzhilfen schwächt die Junta sichtlich. Im Zentrum des internationalen Drucks sollten somit die Gewaltunternehmer aus Darfur stehen, die demokratischen Pro­zessen im Wege stehen.

Don’t lose faith in state-building

The implosion of the Afghan government and the rapid capture of Kabul by the Taliban forces lead policymakers to similar conclusions about a “more realistic” approach to international engagements in armed conflicts—not least in Mali where Europeans are engaged in a similar mission.

This text appeared in IP Quarterly on 7 September 2021.

On the day the German evacuations from Kabul started, Chancellor Angela Merkel said that it was already apparent that the “objectives of such deployments need to be smaller.” Annegret Kramp-Karrenbauer, Germany’s minister of defense, called for countries to “face the concrete threat for Europe realistically” in the Sahel. Heiko Maas, the foreign minister, said during a press conference in Pakistan that military interventions were not the appropriate means to “export our preferred political order.” Finally, French President Emmanuel Macron told Journal du Dimanche, “I don’t believe in state-building. It is not up to the West to build a state in Mali, but it is for the Malians to do that in the zones that were liberated from the terrorist enterprise.”

Statements like these are an expression of an understandable frustration with the apparent lack of sustainable success of anything more ambitious than denying a transnational jihadist network space for training grounds (and even that doesn’t look promising). Didn’t President Ashraf Ghani flee Afghanistan without so much as a formal resignation? Could there be a more symbolic failure of state-building than the hasty departure of the co-author of the book “Fixing Failed States”?

Problematic Assumptions

A proper lessons learned process should start with the right assumptions. For many years in Afghanistan, democracy promotion and building functioning state institutions were not the focus of the US-led engagement, as long-time analysts of Afghanistan have noted. It is true though that programs to improve the governance sector “were rarely effective in the Afghan context,” a meta-review of development cooperation led by political scientist Christoph Zürcher found last year. According to Zürcher, hampering factors were “entrenched patronage-based practices within the government, a lack of buy-in from the government, donor-driven top-down project design with little regard for the core institutional requirements and demands of the partner institutions, and lack of political will of the government especially for decentralization.”

The other problematic assumption is that democracy, rule of law, and fundamental human rights were somehow inappropriate in a tribal society such as Afghanistan. They may look and work differently than in Western countries, but accountability of officials, public participation in policy-making, and basic protection of life and property are important for any society. Simply put, just because outsiders have a hard time understanding the norms, traditions, and tensions of a local society they should not assume people are happy living in a repressive system—nor that outsiders have all the answers for a better life.

Finally, reducing international engagement in a conflict-affected country to a counterterrorism mission, as postulated by US President Joe Biden at the end of the airlift from Kabul, is not likely to be effective and could even be counterproductive. Attempting to destroy a jihadist armed group only with drone strikes or special forces is unlikely to lead to success.

This is even more the case for groups such as the al-Qaeda affiliate JNIM coalition in the Sahel that are well connected in parts of the local population. A narrow security focus risks empowering the very elites whose corruption, negligence, and abuses provide recruitment grounds for armed groups. A major study of jihadist recruitment in Africa by the UN Development Programme found that the experience of government abuses among family and friends provided the tipping point for more than two thirds of respondents to join extremist groups when others in similar situations did not. Thus, trying to neutralize jihadist groups by military means alone risks the very entrenchment of foreign forces that leaders like Biden and Macron say they want to avoid.

Questioning Western Roles

One of the most important lessons that foreign interveners should learn from the Afghanistan fiasco, therefore, is to take the politics and the political economy of an international engagement seriously. This means constantly analyzing the prevailing power relations in a country and the many ways in which international interventions—military, development, diplomatic—shape these power relations. This requires sufficient intelligence and diplomatic analysis capacities. Both in Afghanistan and in Mali, Western governments have supported deeply corrupt governments with little popular support, continuing lavish disbursements of aid and security forces training after disputed elections and military coups, for example. The minimum standard for international engagement should remain not to exacerbate a conflict or enable grave violations of human rights.

Any security assistance, be it training, equipment, or the direct use of force against armed groups, needs to rely on a vetting and human rights risk assessment, like the due diligence policy already practiced by the United Nations. Furthermore, international partners should base their support on guarantees of accountability of security forces. Amnesty provisions such as in a provision of the newly created Special Forces in Burkina Faso should be a red line.

International assistance for state-building in conflict-affected societies can certainly become much better. There is already a fruitful debate in academic and practitioner circles that policymakers can draw on. It all starts with taking local contexts and the agency of local populations seriously, investing heavily in conflict analysis, dialogue processes, strengthening resilience, and constantly trying out different options. Outsiders can partner more effectively with grassroots peace initiatives and ensure that their support is at least as accountable to the needs of civilian populations as it is to the demands of donors, including through reporting and project management mechanisms. If those same populations agree on local ceasefires with armed groups for example in the Central Sahel, their international partners should not reign them in, as France, supported by Germany, does when it declares its opposition to any negotiation and dialogue with jihadist groups.

Don’t Give Up, Learn

The age of external regime change, exemplified by the wars in Afghanistan and Iraq (albeit in different contexts), may be ending. Drawing lessons from the significant mistakes of those interventions is important but should not result in knee-jerk reactions giving up on state-building completely. Instead, the focus needs to be on how to create sustainable peace more effectively.

Photo credits: Chairman of the Joint Chiefs of Staff, Flickr.

Kabul has fallen

16 August 2021

People scrambling for a seat on a flight.

Bearded fighters in gilded halls of power.

Murals of women being painted over.

The President has left the country.

The new map a sea of red.

Public hangings are back in fashion.

Failure is the word of the day.

Blame is being passed around

In tweets and statements on TV.

First, I am numb and struggle for words.

Then heartbreak, sorrow, and rage.

Now, determination.


This is against the cynics

Those that have always known

That Afghanistan won’t be Sweden

That it is a grave of empires

That negotiating with terrorists is futile

That nothing good has come of “us” being “there”.


I do not agree.

Girls know what they have learned in school.

Citizens tasted – a broken – freedom

To speak, to vote, to meet, to organize

They will remember how that feels

And not just bribes and night raids.

Small wins amid colossal mistakes.


Not today, but in the weeks

And months and years to come,

Leaders need to answer

For the mess they made.

But not today. Today, we fly people out

As many as we can

And welcome them with open arms.


When the planes are back

And the tyrants left in control

We need to talk

About interests and the mess we make in their pursuit

About commitment and the hopes we inspire

About the dreams we crush and the bravery we fail.


About strategy and coordination

About planning and assumptions

About preparing for the worst

While working for the best.

About caring for the details and the complexities

About the partners we support

And those we leave in the lurch.


Then, I hope, we’ll realize

(In)actions have consequences

What we do matters

We do not just live for ourselves.


Gerrit Kurtz

(with thanks to Florence Schimmel for comments)

How the New UN Mission in Sudan can succeed

This text first appeared on the Global Observatory of the International Peace Institute on 25 August 2020. It was written by Philipp Jahn, Gerrit Kurtz, and Peter Schumann.

After complex negotiations, the United Nations Security Council established the UN Integrated Transition Assistance Mission in Sudan (UNITAMS) on June 3, 2020, asking Secretary-General Antonio Guterres to start planning the mission so that it can begin operations no later than the beginning of 2021. The special political mission (SPM) has four mandated tasks: supporting the democratic transition, the peace process, peacebuilding, and the mobilization of aid.

The polarized political landscape in Sudan has already affected the planning process. After the Sudanese government (as well as China and Russia) blocked the secretary-general’s initial suggestion for the mission head, and disagreements continued on the future role of the UN-African Union Mission in Darfur (UNAMID), the existing peace operation in Darfur, UNITAMS has found itself on thin ice before even starting to work.

A Fragile Transition Process

Sudan’s internal competition for power will be an essential challenge for UNITAMS. As with any UN peace operation, the mission will need to work closely with the incumbent government, but also engage with civil society organizations, security forces, and armed groups—including those opposed to the government. However, the power-sharing coalition is polarized, its constituent parts are fragmented, and its legitimacy is thin. The constitutional declaration, which the Transitional Military Council and the Forces for Freedom and Change (FFC) signed in August 2019, is the binding foundation for the transition process, and includes tasks such as a comprehensive peace agreement with Sudan’s armed groups and wide-ranging economic reforms.

In principle, UNITAMS should assist and support the transitional authorities in these tasks. But that is not straightforward. While a fragmented political landscape is nothing unusual for a mission setting, Sudan’s main political forces represent competing political systems, each with their external backing. They range from, first, members of the former Islamist regime, whose adherents have frequently launched protests against the transitional authorities and retain sympathies from Turkey and Qatar. Second, the Sudanese Armed Forces, the Rapid Support Forces, special police, and internal security services, represent a model of military authoritarianism as in Egypt, on which they count as their regional ally together with the United Arab Emirates and Saudi Arabia. Finally, the civilian cabinet led by Prime Minister Abdalla Hamdok, the Forces of Freedom and Change (FFC) alliance and other political parties are proponents of a democratic system, with support from the European Union, the AU, and Ethiopia.

Hamdok’s cabinet, UNITAMS’ main interlocutor, is increasingly squeezed between internal fragmentation of the parties nominally supporting it, revisionist protests from the Islamist camp, and domestic expectations to improve the dire economic situation. For example, Sadiq al-Mahdi from the National Umma Party, who led Sudan’s last democratic government in the late 1980s and had supported the civilian government before, reached out to the military and security forces to form a “patriotic alliance” against Hamdok. The planned inclusion of representatives of armed groups in the government’s transitional institutions as part of an impending peace agreement is likely to complicate this picture further.

The UN and Local Ownership

Implementing strong local ownership is a structural challenge for UN peace operations, especially for an integrated mission like UNITAMS, which is meant to carry out relevant functions of the UN Country Team. Peace operations, under the overall guidance of the UN Security Council and the UN secretary-general, have more leeway in implementing their mandate than UN agencies, funds, and programs, which rely on the host government’s consent for every project that they devise and implement. The close role of state authorities in planning and reviewing UN development and peacebuilding projects fosters their ownership though, whereas peace operations often remain tied to a top-down approach with national ownership at a much more abstract level, despite their efforts to consult communities and survey local perceptions. In the past, straying from the narrow line dictated by Sudan’s regime has often resulted in the expulsion of UN officials.

In Sudan, the UN cannot count on the government alone. Dominated by external advisors and (former) international officials, Prime Minister Hamdok’s government is hamstrung by the extremely low capacity of public administration. For example, the transitional government struggles to develop project proposals at the level of detail requested by donors and ensure efficient implementation of transition objectives. In early July, Hamdok appointed  a 15-member-committee to manage negotiations with UNITAMS. While the body is largely civilian (except one member representing military intelligence), it does not involve members of the FFC or other civil society organizations.

From countless examples of international interventionism, we know today that external actors cannot impose a framework on a society to resolve a conflict, if the fundamental causes of polarization and conflict remain. That was the experience of the Agreement on the Resolution of the Conflict in South Sudan (ARCSS) in 2015, which collapsed less than a year after the parties signed it under heavy regional and international pressure. UNAMID, for its part, came into being because of such international pressure, and was hampered to implement its mandate effectively by the intransigent government of President Omar al-Bashir, and ended up serving the political objectives of the past regime.

An Adaptive Approach

If UNITAMS is to avoid the fate of those peace efforts, it needs to adopt an adaptive approach. This peacebuilding approach recognizes that, as Cedric de Coning writes, “social systems are highly dynamic, non-linear and emergent.” It chimes well with Prime Minister Hamdok’s frequent insistence that Sudan’s transition process is “messy and non-linear.” An adaptive peacebuilding strategy takes a highly participatory approach, experiments with different options, and pays close attention to feedback from the local political environment, reviewing and adjusting its programming frequently in response to that feedback. Specifically, UNITAMS should heed four considerations.

First, in planning and implementing the mission, UN officials should account for the rapidly evolving situation and relatively short scheduled lifespan of the mission tracking the (now probably four-year) transition period. Instead of rigid budgets and work plans common in a UN peace operation, as much authority for recruitment, coordination, and project design should be delegated to the country-level as possible. Only with enough flexibility and Sudanese participation will the mission be able to respond to evolving dynamics and local needs. Specifically, the mission should institutionalize a regular advisory and monitoring mechanism, not just with the government’s committee, but with the FFC and civil society organizations as well. In doing so, the UN can build on its engagement with those groups since the start of the revolution in 2019. Knowledge management experts should ensure a smooth transition to the UN Country Team, while the mission should employ political and civil affairs officers with relevant regional and country expertise.

Second, UNITAMS should foster resilience, i.e., the ability to withstand and manage shocks to the transition process. There are likely going to be further delays and setbacks in the transition process, even a complete take-over by the security sector cannot be ruled out. UNITAMS has the mandate to support institution-building through providing technical expertise and advise for the constitutional process and independent commissions. As many actors are already present in this field, UNITAMS must avoid contributing to donor competition for attractive lighthouse projects. It should concentrate on strengthening the ability of the civilian authorities to exert control over the security sector and its economic activities, as the transitional government has planned. This will require the mission to put parliamentarians and political parties at the center of their stakeholder engagement. Only they can ensure functional civilian oversight of the security sector. The Sudanese private sector will be needed to restructure the assets of the security sector.

Third, UNITAMS should contribute to ensuring international coherence, in particular regarding the UN’s activities in Sudan and international financing of the transition. Extending basic services and supplies to the whole population is a key element of the transition’s success. More donor funds are expected to flow into Sudan in the wake of the Sudan Berlin Conference, where attendants pledged around 1.8 billion dollars (plus up to a further 400 million dollars in a pre-arrears clearance grant from the World Bank) on June 25, 2020. Ensuring a consistent follow-up process that will see further partnership conferences and coordination of pledges as well as operational activities in a way that considers the nexus between humanitarian and development activities in addition to peacebuilding will be crucial for UNITAMS.

As an integrated mission, some tasks that UNITAMS undertakes will continue after it is scheduled to leave Sudan with the completion of democratic elections, such as the reform of the civil service and public administration. As these developmental tasks will take many years, UNITAMS should leave the building of these vital state capacities to those organizations that are going to stay in Sudan for the long run, and concentrate on overall strategic coordination and ensure peace and stability of the transition process itself. Structurally, the existing donor coordination mechanisms supported by the UN Country Team can ensure Sudanese ownership more effectively than a peace operation. Given the remaining threats to civilians in Darfur and elsewhere, the Security Council may decide to extend UNAMID beyond December 2020. For UNITAMS, this would mean that it would have to revisit its mission plan and even raison d’être.

Finally, the mission should facilitate the flow of information and promote transparency regarding its own activities and those of development partners and government authorities. Sudan is swirling with rumors and speculation, including about the work of international actors. With offices around the country, logistical capacities, and the protection of a status-of-forces agreement, the mission should empower marginalized voices through dialogue processes, local conflict management, and reconciliation, and encourage communication between Sudan’s federal states and Khartoum.

UNITAMS can provide a platform for sharing information and can facilitate communication beyond its regular reporting to the UN Security Council, including public information efforts in Sudan. This includes managing expectations what a political mission can and cannot deliver, especially when it comes to protection of civilians and accountability. Establishing such processes could also help shine a light on the often-unclear support of Sudan’s non-traditional donors, including from the Gulf.

Becoming a Central Focal Point

The success of UNITAMS hinges on the ability and capacity of mission leadership and staff to provide substantive technical professional inputs to the transition process otherwise not available to Sudanese institutions, and to ensure strong Sudanese ownership of the mission. Adopting a flexible, adaptive approach will be difficult for a UN system full of inertia. Given the right policies, resources, leadership, and political backing, the mission still has the chance to become a focal point for the international support to Sudan’s transition.

Philipp Jahn heads the office of the Friedrich Ebert Foundation in Khartoum. Gerrit Kurtz is research fellow for crisis prevention and diplomacy in Africa at the German Council on Foreign Relations (DGAP) in Berlin. Peter Schumann is a former UN official, who served as Acting Deputy Joint Special Representative with UNAMID in 2017/18.