Sudan: Schwer zu vermitteln

Der Krieg in dem nordafrikanischen Land steht für die Krise internationaler Konfliktbearbeitung. Aus Sicht Deutschlands, das diplomatische Ansätze stets unterstützt, sind das schlechte Nachrichten.

Internationale Politik 1/2025, erschienen am 30.12.2024.

(Photo: US Sondergesandter Tom Periello trifft SAF Führer Abdelfattah al-Burhan, Port Sudan, 18.12.2024)

Nirgends sind mehr Menschen vertrieben (über 14 Millionen), nirgends leiden mehr Menschen Hunger (über 25 Millionen) als im Sudan. Im Land herrscht die größte humanitäre Krise weltweit. Nur etwa jedes zehnte Kind hier hat seit Kriegsbeginn eine Schule besucht, rund zwei Drittel der Bevölkerung haben keinen Zugang zu medizinischen Einrichtungen. Sexuelle Gewalt wird als Waffe eingesetzt, und das so systematisch und brutal, dass einige Frauen eher Suizid begehen, als sich ihr auszuliefern.

Am 15. April 2023 begann der Krieg in der Hauptstadt Khartum und weitete sich noch am selben Tag auf andere Landesteile aus. Lange schwelende Spannungen zwischen der regulären Armee, den Sudanese Armed Forces (SAF), und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) eskalierten. Eigentlich hatten beide Parteien zugesagt, nach einem gemeinsamen Putsch im Oktober 2021 die Macht an eine zivile Regierung abzugeben. Doch sie konnten sich nicht darauf einigen, wie ihr künftiges Verhältnis aussehen und in welchem Tempo die RSF integriert werden sollten. Nun offenbaren sich im Krieg die tiefen Gräben innerhalb des Landes.


Wettbewerb der Vermittler

Internationale Bemühungen, den Krieg zu beenden, begannen kurz nach Ausbruch der Kämpfe. Es entwickelte sich geradezu ein Wettbewerb zwischen den Initiativen unterschiedlicher Vermittler. Doch keine von ihnen brachte substanzielle Ergebnisse. 

Der Krieg spiegelt damit auch eine Krise der bestehenden Mediationsansätze wider und zeigt die Dysfunktionalität multilateraler Formate. Aus deutscher Perspektive ist das insofern besonders bedauernswert, als die Bundesregierung traditionell darauf setzt, internationale Organisationen zu unterstützen, die ein Mandat zur Konfliktbearbeitung haben, statt sich selbst in den Vordergrund zu spielen.

Weder die Initiativen von Institutionen wie den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union oder der regionalen Intergovernmental Authority on Development noch die der USA, Saudi-Arabiens und anderer Staaten waren im Sudan bislang von Erfolg gekrönt. 

Natürlich hat das viel mit der verfahrenen Situation im Land zu tun. Es ist aber auch darauf zurückzuführen, dass alle diese Initiativen immer wieder unter ihren Möglichkeiten geblieben sind; weil sie den Konflikt nicht tiefgehend genug analysierten, weil sie sich Illusionen über die Möglichkeit eines Verhandlungsdeals machten oder weil sie einseitig agierten. Hinzu kommt, dass die internationalen Organisationen durch geopolitische Spannungen geschwächt sind und – auch das ist ein Teil der Wahrheit – oft eine außer­ordentliche Trägheit an den Tag legen. 

Für eine politische Vermittlung auf Ebene der Vereinten Nationen blieb nach dem Ende der politischen Mission UNITAMS im Februar 2024 nur noch der persönliche Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für den Sudan, Ramtane Lamamra. Dieser übt sein Mandat in Teilzeit aus, verfügt über einen nur sehr kleinen Mitarbeiterstab und hat kaum Mittel für eigene programmatische Aktivitäten. 

António Guterres legte Ende Oktober 2024 dem UN-Sicherheitsrat einen Bericht mit Empfehlungen zum Schutz der Zivilbevölkerung im Sudan vor. Diese waren jedoch sehr zurückhaltend formuliert. Ein eher SAF-freundlicher Resolutionsentwurf von Großbritannien und Sierra Leone zum Thema scheiterte im November 2024 an einem Veto Russlands; vermutlich, weil Moskau London wegen dessen Unterstützung der Ukraine Steine in den Weg legen wollte. 

Die Afrikanische ­Union (AU) ihrerseits schaffte es vergleichsweise schnell, eine Kontaktgruppe für den Sudan zu bilden, berief diese allerdings nur unregelmäßig ein. Die SAF lehnt die AU ohnehin als Vermittlerin ab, solange der Sudan wegen des Putsches vom Oktober 2021 suspendiert bleibt. Folglich wollte sich die AU darauf konzentrieren, einen politischen Prozess mit Vertretern der Zivilgesellschaft zu organisieren. Doch auch hier gab es jede Menge Verzögerungen. Die AU ernannte zwar eine hochrangige Vermittlungsgruppe. Nach zwei Vorbereitungstreffen mit unterschiedlichen sudanesischen Gruppen im Juli und August 2024 wurde die geplante Konferenz jedoch immer wieder verschoben, zur großen Frustration der beteiligten politischen Parteien.

Bleibt noch die Intergovernmental ­Authority on Development (IGAD). Vor rund zehn Jahren hatte sie eine Führungsrolle bei den Friedensverhandlungen im Südsudan gespielt; jetzt aber kam sie auch nicht recht voran. Die Organisation der Staaten am Horn von Afrika ernannte ein Verhandlungsquartett unter Führung Kenias (mit Äthiopien, Dschibuti und dem Südsudan) sowie einen Sondergesandten für den Sudan. 

Ihr Vorschlag, ein persönliches Treffen zwischen SAF-Führer Abdelfattah al-Burhan und RSF-Führer Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, zu arrangieren, scheiterte jedoch an der Weigerung Burhans. Als sich die IGAD-Staatschefs schließlich nur mit Hemedti im Januar 2024 in Kampala trafen, nahmen die SAF das zum Anlass, die Mitgliedschaft des Sudan auszusetzen.


Ausbeutung und Autokratie

Sudanesische Gesprächspartner betonen immer wieder, dass jede Anstrengung, den Krieg zu beenden, die historische Krise des Staates im Sudan als Ausgangspunkt nehmen muss. Doch genau an so einer gemeinsamen Problemdefinition fehlt es vielen der internationalen Vermittler.

Sowohl die IGAD als auch die AU bemühten sich explizit um ein persönliches Treffen von Burhan und Hemedti. Die Idee, es handele sich im Sudan um einen bloßen Machtkampf zweier Generäle, ist jedoch so irreführend wie zu kurz gegriffen. SAF und RSF bilden vielmehr die Spitzen von Koalitionen bewaffneter Kämpfer, über die sie keine vollständige Kontrolle haben.

Burhan erklärte im Mai 2024, dass drei Viertel der Kämpfer auf Seiten der Armee Freiwilligenverbände seien. Diese stehen oft unter dem Einfluss der Netzwerke des früheren Bashir-Regimes und agieren halbautonom. Hinzu kommen diverse bewaffnete Gruppen sowie zahlreiche ausländische Söldner auf beiden Seiten. Sollte Burhan einen Waffenstillstand unterschreiben, könnte er schnell von einem seiner Konkurrenten innerhalb der Armee entmachtet werden.


13 Jahre zivile Herrschaft

Seinem Wesen nach ist der Konflikt ohnehin ganz grundsätzlicher Natur: Es geht um die Frage, wie Staat und Gesellschaft sich zueinander verhalten sollen. Der Sudan ist seit Langem geprägt von der Ausbeutung der Peripherie durch Eliten im Zentrum des Landes. Die Geschicke des Landes werden im Sicherheitssektor entschieden – mit drei kurzen Ausnahmen seit 1958: 1964, 1985 und 2019 sorgten Volksaufstände, gepaart mit einer Unzufriedenheit von Teilen des Regierungs­apparats, für insgesamt 13 Jahre mehr oder weniger ziviler Herrschaft. Der Klimawandel verstärkte den Zulauf zu bewaffneten Aufständischen, weil weite Flächen, die vorher für Ackerbau oder nomadische Viehzucht genutzt wurden, in den vergangenen 40 Jahren brach fielen, insbesondere in Darfur.

Um Aufstände zu bekämpfen, setzte die sudanesische Regierung auf die Rekrutierung, Ausbildung und Bewaffnung von oft ethnisch definierten Milizen. Präsident Omar al-Bashir, der 1989 mittels eines Putsches an die Spitze einer islamistisch-militärischen Regierung gelangte, versuchte immer wieder, Rebellionen zu spalten, indem er abtrünnige Führer und deren Gruppen unterstützte, ob im Süden oder in Darfur. Aus einer Gruppe der Dschan­dschawid-Milizen aus Darfur entstanden schließlich die Rapid Support Forces.

Der heutige Machtkampf ist das Produkt dieses Musters von Ausbeutung, Aufstandsbekämpfung, Militarisierung und autokratischer Herrschaftssicherung. Gleichzeitig treibt der Krieg die Fragmentierung des Landes weiter voran. Es entstehen neue bewaffnete Gruppierungen, die den Krieg als Gelegenheit sehen, historisches Unrecht zu begleichen oder sich zu bereichern.


Viele Gespräche, wenig Ertrag 

Neben den multilateralen Initiativen gab es von Saudi-Arabien und den USA organisierte Gespräche mit den SAF und den RSF im saudischen Dschidda im Mai und im November 2023. Im Januar 2024 fanden zudem hochrangige Gespräche zwischen SAF und RSF in Bahrain statt, und im August 2024 luden die USA zu Waffenstillstandsgesprächen in die Schweiz ein. 

Unterschrieben SAF und RSF in der ersten Runde in Dschidda noch eine – nie umgesetzte – gemeinsame Erklärung zum Schutz der Zivilbevölkerung, so wurde es danach immer schwieriger, die beiden Parteien dazu zu bekommen, gemeinsame Erklärungen zu unterzeichnen oder überhaupt an einen Tisch zu kommen. Diese Initiativen konzentrierten sich auch deshalb auf die Kriegsparteien RSF und SAF, weil die USA und andere Vermittler dringend Ergebnisse erreichen wollten. Es war klar, dass es viel Geduld und Zeit brauchen würde, bis lokale Friedensbemühungen Früchte tragen würden oder bis eine gemeinsame zivile Plattform etabliert wäre, die eine glaubwürdige Alternative zur Gewalt bieten könnte. 

Weder RSF noch SAF lassen derzeit eine ernsthafte Bereitschaft erkennen, 
Waffenstillstands­gespräche zu führen

Doch das Ausmaß der humanitären Krise, das Nachlassen der politischen Aufmerksamkeit und die Suche nach einem schnellen Erfolg gerade mit Blick auf die ablaufende Amtszeit der US-Regierung sorgten dafür, dass die ­Vermittler eher kurzsichtige Ansätze verfolgten. Weder RSF noch SAF lassen derzeit eine ernsthafte Bereitschaft erkennen, Waffenstillstandsgespräche zu führen. Die RSF stellen sich dabei gern als Kraft dar, die an den bisherigen Initiativen konstruktiv mitgewirkt habe, während die Gegenseite sich entweder zurückgezogen habe oder gar nicht erst erschienen sei. Da ist zweifelsohne etwas dran – doch ist auch auffällig, dass es bereits mehrfach zu einem Anstieg von Gräuel­taten der RSF im Sudan kam, während ihre Verhandlungsdelegationen gerade in Konferenzräumen saßen. Die Eroberungsfeldzüge der RSF strafen ihre Rhetorik, sie würden sich nur verteidigen, Lügen.

Solange sich eine in dieser Hinsicht unglaubwürdige Konfliktpartei wie die RSF für Frieden und Demokratie einsetzt, untergräbt das die Konzepte selbst. Sich für Frieden einzusetzen, gilt bei vielen Sudanesen mittlerweile als Pro-RSF-Position. Ein verhandeltes Abkommen, das die RSF zunächst weiter bestehen ließe, wird auch über die Kreise der SAF und ihrer islamistischen Verbündeten hinaus abgelehnt. 

Die meisten Mediationsformate legitimieren notwendigerweise diejenigen, die ihre Ziele mit Gewalt erreichen wollen. Positionen, die im zivilen politischen Betrieb nicht durchsetzbar waren, werden dort zur Verhandlungsmasse. Doch die Rücksichtnahme auf die Interessen der Sicherheitskräfte ist ja gerade eine zentrale Ursache für die Eskalation der Gewalt im Sudan. 

Vertreter der sudanesischen Zivilgesellschaft und einige der beteiligten Diplomaten kritisierten im Nachhinein, dass es nach Etablierung der Übergangsregierung 2019 und nach dem Putsch zwei Jahre später nicht genügend Druck auf die Sicherheitskräfte gegeben habe. So strichen internationale Geber nach dem Putsch zwar einige Gelder, konnten sich aber kaum auf gezielte Sanktionen gegen die Generäle einigen, die auf die Zehntausenden von Demonstranten schießen ließen.

Problematische Parteinahme

Mittlerweile gewinnen die regulären Sudanese Armed Forces auch international an Akzeptanz. Schließlich kontrollieren diese die Ministerien, die sich in den ersten Kriegsmonaten nach Port Sudan am Roten Meer zurückgezogen hatten. Die Rapid Support Forces machen ihrerseits vor allem mit ihrer brutalen Gewalt auf sich aufmerksam. Nicht nur viele afrikanische Staaten, auch die Vereinten Nationen betrachten die SAF-kontrollierten Ministerien als offizielle Vertretung des Sudan. 

Umgekehrt bleibt das Land seit dem Putsch von 2021 aus der Afrikanischen Union ausgeschlossen. Zwar gibt es mittlerweile in mehreren von den RSF kon­trollierten Bundesstaaten Regierungen, doch existiert derzeit keine alternative Regierung auf nationaler Ebene, die internationale Anerkennung finden könnte. Aus moralischen, völkerrechtlichen oder geopolitischen Motiven scheint der Gedanke nahe zu liegen, die RSF zu verdammen und gleichzeitig den Rest von Staatlichkeit in Port Sudan zu stärken.

Die Armee ist in den
30 Jahren unter 
Präsident Bashir ebenso 
systematisch von der 
Islamischen Bewegung ausgehöhlt worden wie der übrige Staatsapparat

Das wäre jedoch ein Trugschluss. Schlimmer noch: Eine solche Parteinahme würde die Chancen auf eine friedliche Beilegung des Krieges weiter schmälern. Denn bei genauerem Hinsehen teilen die Armee und die Paramilitärs gewisse Ähnlichkeiten. Die RSF sind nicht als Rebellengruppe entstanden, sondern waren zu Beginn des Krieges eine reguläre Sicherheitskraft. Hemedti selbst war seit 2019 Stellvertreter Burhans im Souveränitätsrat und trat quasi als Vizepräsident auf. 

Die Armee ist in den 30 Jahren unter Präsident Bashir ebenso systematisch von der Sudanesischen Islamischen Bewegung ausgehöhlt worden wie der übrige Staatsapparat. Sie repräsentiert in ihrer Führung keineswegs die Vielfalt des Landes. Es mag sein, dass die RSF für deutlich mehr Gewalt gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich sind. Doch die SAF bombardieren ebenfalls Märkte, Krankenhäuser und Wohngebiete, verüben Massaker und verhaften auf der Grundlage eines rassistischen Gesetzes systematisch Menschen, deren Aussehen oder Namen auf eine Verbindung zu arabischen Gruppen im Westen schließen lässt. Und während die RSF von Waffenlieferungen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten profitieren, paktiert die Armee mit Ägypten, dem Iran und Russland.

Legitimität ist zudem ein zentrales Druckmittel für Verhandlungen, das man nicht leichtfertig aus der Hand geben sollte. Noch in Dschidda hatten RSF und SAF es akzeptiert, als reine Militärs zu verhandeln. In der Schweiz im August 2024 hätten die SAF als Regierung des Sudan auftreten wollen und hatten unter anderem deshalb keine Delegation geschickt, weil sie das nicht durften. Bei seinem Besuch in Port Sudan im November bezeichnete der US-Sondergesandte Tom Perriello jedoch Burhan als Präsidenten des Souveränitätsrats und hob ihn damit auf eine höhere Stufe als die RSF. Der UN-­Sicherheitsrat übernahm diese Formel.


Was zu tun wäre

Damit zukünftige Vermittlungen für ein Ende der Gewalt im Sudan erfolgreicher verlaufen können, sollten alle Beteiligten ihre Lehren aus den bisherigen Erfahrungen ziehen. Wenn wir uns das Ausmaß der Vertreibung, Polarisierung und bewussten Instrumentalisierung des sozialen Gefüges anschauen, dann deutet alles darauf hin, dass der Krieg noch Jahre andauern wird. Ein militärischer Sieg einer Seite ist nicht abzusehen. Die implizite oder explizite Anerkennung gegenseitiger Einflusssphären erscheint wahrscheinlicher, während bewaffnete Auseinandersetzungen vor allem im Zentrum und Süden des Landes anhalten könnten. Wer nur mit SAF und RSF verhandelt, wird jedoch keinen stabilen Frieden erreichen.

 Frauen und junge Menschen, die Treiber der 
Proteste seit 2018, ­können wichtige Kräfte 
der ­Veränderung sein

Entscheidend wird es sein, jegliches Friedensengagement langfristig, strukturiert und differenziert anzulegen. Dafür sollten Vertreter der sudanesischen Politik und der Zivilgesellschaft die Führung übernehmen und international unterstützt werden. Die Förderer und Vermittler sollten die vielfältige und stark polarisierte zivile Szene dabei nicht unter Druck setzen, sich auf eine einzige Plattform zu einigen. Die „Taqaddum“ genannte Koalition unter Vorsitz des ehemaligen Premierministers Abdalla Hamdok etwa genießt nur wenig Vertrauen in der Bevölkerung.

Wichtig wäre es, lokale Initiativen für den Schutz ziviler Infrastruktur oder einzelner Orte zu unterstützen. Frauen und junge Menschen, die Treiber der Proteste seit Dezember 2018, sollten nicht als bloße optionale Zusätze zu Verhandlungen ge­sehen werden, sondern als wichtige Kräfte der Veränderung. So retten Freiwilligennetzwerke gerade dort viele Leben, wo internationale Hilfe nicht hingelangt. Mit ihren Suppenküchen und Versorgungsangeboten tragen sie auch zum sozialen Zusammenhalt bei.

Darüber hinaus sollten die Bundesregierung und ihre europäischen Partner die externen Unterstützer der ­Konfliktparteien stärker unter Druck setzen und ­genauer bei einigen Themen hinschauen, die (auch) den Sudan betreffen. So sollten sie sich dafür einsetzen, den Goldhandel aus kleinen Minen stärker zu regulieren, internationale Geldwäschestandards strenger anzuwenden und den Endverbleib von Militärgüterlieferungen penibler zu kontrollieren. Des Weiteren sollten die Einhaltung von Menschenrechtsstandards bei europäischen Migrationspartnerländern wie Ägypten und Tunesien strenger angemahnt werden und mehr Staaten und Personen auf die europäischen Sanktionslisten gesetzt werden. 

Im Krieg im Sudan sollten die Euro­päer sich nur auf eine Seite stellen: auf die der mutigen Frauen und Männer, die weiterhin mit gewaltfreien Mitteln eine lebenswerte Zukunft schaffen wollen.  

Milliarden aus dem Goldhandel finanzieren den Krieg

In Sudan tobt ein grausamer Krieg, doch die Weltgemeinschaft und Deutschland sollten nicht tatenlos zusehen. Sie müssten den Konfliktparteien ihre wichtigste Finanzierungsquelle nehmen.

Gastbeitrag bei FAZ Weltwirtschaft Pro, zusammen mit Wibke Hansen und Judith Vorrath, 18.Dezember 2024

In Sudan spitzt sich die Lage zu: Die sudanesischen Streitkräfte (SAF) und die Rapid Support Forces (RSF), die beiden Hauptkonfliktparteien, haben mit dem Ende der Regenzeit im Herbst neue Offensiven gestartet. Beide Konfliktparteien verstoßen dabei gegen grundlegende völkerrechtliche Schutzverpflichtungen. Die SAF bombardieren unterschiedslos ihre Gegner sowie dicht besiedelte Wohngebiete, Märkte und weitere zivile Infrastruktur. Die RSF greifen gezielt Menschen nicht arabischer Herkunft an, setzen ihre Dörfer in Flammen, morden und vertreiben.

Sie nutzen zudem massenhaft sexualisierte Gewalt als Waffe, plündern und zerstören Lebensgrundlagen der Bevölkerung. Aktuell sind nirgendwo so viele Menschen vertrieben wie in Sudan: mehr als 14 Millionen, davon rund zwölf Millionen seit Kriegsbeginn im April 2023. Zudem entwickelt sich dort eine Hungersnot. Etwa die Hälfte der Bevölkerung, über 25 Millionen Menschen, leidet derzeit akut an Hunger. Die Konfliktparteien behindern den Zugang für humanitäre Hilfe.

Ein umfassender und haltbarer Friedensschluss würde die Zivilbevölkerung am besten schützen, scheint aber kurzfristig nicht erreichbar. Selbst Verhandlungen für einen Waffenstillstand – zuletzt geführt von den USA – finden aktuell nicht statt. Für einen Blauhelmeinsatz, den es mit UNAMID (United Nations African Hybrid Mission) bis Ende 2020 in Darfur gab, fehlen derzeit die Voraussetzungen. Das stellte Ende Oktober auch der UN-Generalsekretär in einem Bericht an den Sicherheitsrat klar. Denn die Konfliktparteien lehnen einen solchen Einsatz, den auch sudanesische Politiker im Exil mit Nachdruck fordern, ab. Umso wichtiger ist es, andere Möglichkeiten auszuloten.

Die Konfliktparteien können die Kämpfe lange durchhalten, weil sie auf erhebliche eigene finanzielle Ressourcen sowie externe Unterstützung in Form von Waffen, Ausrüstung und Treibstoff zurückgreifen können. Diese Finanzierungsquellen sowie den Nachschub an Waffen einzuschränken könnte auch helfen, die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu reduzieren.

Auch Moskau profitiert vom Schmuggelgold

Sowohl die SAF als auch die RSF profitieren seit Jahren vom Geschäft mit Gold. Mit der Unabhängigkeit Südsudans 2011 ersetzte die wachsende Goldproduktion Erdöl als wichtigstes Exportgut des Landes. Laut Schätzung der sudanesischen Zentralbank wurden vor dem Krieg rund 70 Prozent des Golds geschmuggelt, tauchten also nie in der Handelsbilanz auf.

Es geht um mehrere Milliarden US-Dollar pro Jahr, die auch von den Unternehmen der SAF und der RSF abgeschröpft werden. Das Edelmetall landet über unterschiedliche Wege (wie Ägypten) meist in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo es mit Gold aus anderen Ländern verschmolzen wird. Russland ist sowohl mit eigenen Unternehmen wie Meroe Gold in Sudan aktiv, profitiert aber Berichten zufolge auch als Endabnehmer von sudanesischem Gold für die eigenen Reserven.

Die EU und die USA haben bereits einige im Goldhandel beteiligte sudanesische Unternehmen mit Sanktionen belegt. Mehr Unternehmen sollten folgen, damit beispielsweise Logistikanbieter oder Versicherungsunternehmen aus der EU nicht mit dem Mineraliensektor in Sudan kooperieren. Über ihre Konfliktmineralienverordnung verpflichtet die EU bereits Unternehmen dazu sicherzustellen, dass das von ihnen industriell verwendete Gold keine bewaffneten Akteure finanziert. Wichtiger wäre es noch, Druck auf emiratische und ägyptische Behörden auszuüben, ihre Goldmärkte transparenter zu gestalten und strengeren unabhängigen Überprüfungen zu unterziehen. Dabei sollte auch die Unterstützung dieser Länder für die Konfliktparteien in Sudan deutlicher angesprochen werden

Was Deutschland machen kann

In Sudan selbst kann sich Deutschland mit seinen europäischen Partnern intensiver für eine Reihe von Maßnahmen einsetzen, ohne dafür auf einen Waffenstillstand warten zu müssen. Damit würde Deutschland auch dem Versprechen der Weltgemeinschaft Wirkung verleihen, das diese beim Zukunftsgipfel der Vereinten Nationen im September abgab, „konkrete und praktische Maßnahmen zu ergreifen, alle Zivilisten in bewaffneten Konflikten zu schützen“. Deutschland hat als Ko-Verhandlungsführer (zusammen mit Namibia) einen wesentlichen Beitrag geleistet, dass dieser Text trotz der globalen Spannungen im Konsens angenommen wurde. Nun sollten dem auch Taten folgen.

Humanitäre Diplomatie kann dafür sorgen, dass humanitäre Organisationen einen besseren Zugang zur Zivilbevölkerung erlangen, an Grenzübergängen und über Frontlinien hinweg. Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass hochrangige Gespräche mit den De-facto-Autoritäten in Port Sudan zumindest kurzfristige Erfolge erzielen können. So konnten im November erstmals seit Monaten Lastwagen des Welternährungsprogramms das von der Hungersnot betroffene Vertriebenenlager Zam-Zam in Nord-Darfur erreichen.

Basisversorgung mit Nahrungsmitteln fördern

Außerdem kann sich Deutschland dafür einsetzen, dass Geber vorhandene Mittel vorsichtig so lenken, dass insbesondere lokale Organisationen und Freiwilligenakteure profitieren, die lokale Waffenstillstände und Schutz auszuhandeln versuchen und humanitäre Hilfe in umkämpften Gebieten leisten. Jegliche Unterstützung sollte allerdings vermeiden, durch zu große Öffentlichkeit lokale Akteure weiter zu gefährden. Neben humanitärer Hilfe sollte auch die Basisversorgung sowie Lebensmittelproduktion durch den Agrarsektor befördert werden. Landwirtschaftliche Flächen und Geräte werden zum Teil gezielt angegriffen. Bleibende Ernteausfälle könnten im nächsten Jahr den Hunger in Sudan weiter verschlimmern.

Zentral ist auch die Prävention von sexualisierter Gewalt und die Unterstützung von Opfern; dies sind vor allem Frauen und Mädchen. Vergewaltigungen, sexuelle Versklavung und Menschenhandel sind Teil der Kriegsführung. Deutschland sollte weiterhin die UN-Ermittlungskommission für Sudan unterstützen. Sie dokumentiert sexualisierte Gewalt für eine spätere Aufarbeitung. Daneben benötigen die Opfer von Vergewaltigungen dringend Zugang zu psychologischer und medizinischer Versorgung einschließlich Nachsorgesets, die dezentral verfügbar sein müssen.

Nichts davon wird den Krieg direkt beenden. Doch all diese Maßnahmen können zumindest helfen, das Leid der Zivilbevölkerung einzudämmen und Raum schaffen, um über einen Waffenstillstand und politische Lösungen zu sprechen. Auch angesichts der Wahl von Donald Trump in den USA wird es besonders auf die europäischen Staaten und die EU ankommen, internationale Maßnahmen voranzutreiben. Denn wenigstens das Schlimmste gilt es zu verhindern.

Power Struggle in Tigray

As Ethiopian PM Abiy Ahmed continues to renege on the Pretoria Agreement that ended hostilities two years ago, infighting within the TPLF further threatens the tenuous stability in war-shattered Tigray.

Published in African Arguments, 29 October 2024.

Long-simmering tensions within the Tigray People‘s Liberation Front (TPLF) broke out into the open in August 2024. The party leadership around President Debretsion Gebremichael now stands apart from key TPLF officials in the Tigray Interim Regional Administration (TIRA) around its President Getachew Reda. Each side considers the other an illegal entity. The division has stirred up fears of renewed violence in northern Ethiopia. The split occurs in a context in which the economic and social situation in the northern highlands remains dire, the legacy of the devastating war four years ago that was only stopped by the Cessation of Hostilities Agreement signed in Pretoria, South Africa, in November 2022.

I was recently in Addis Ababa and Mekelle and spoke to political stakeholders and civil society representatives from both TPLF factions, TIRA representatives and opposition parties. They were eager to talk about the origins of the differences, the risks involved and a potential way out.

Dissonance in the aftermath of the war

Interlocutors went back to different points in time to explain the conflict. Internal differences are not new to the TPLF in its near-fifty-year long evolution from guerrilla movement to political party. A notable division took place in 2001, after the war with Eritrea and in the light of an internal evaluation of the party’s first ten years in power. In that case, Meles Zenawi, confirmed his dominance of the party until his premature death in 2012.

The party has long championed the Leninist concept of democratic centralism, which ensured a high degree of subservience of the lower ranks to the leadership. The principle eroded significantly under Meles‘ successors who lacked his charisma and vision.

Similarly, the most recent war in Tigray also stirred internal debates. Political stakeholders with direct knowledge of the Pretoria negotiations with the federal government pointed to simmering disagreements at the time. According to them, the provision that the existing regional government in Tigray be dismantled and an interim administration formed appeared relatively late during the negotiations. This created some opposition in Mekelle. It was visible in the initial difficulties of the TPLF in agreeing on the head of the new interim administration. Prime Minister Abiy rejected Debretsion, who laid claim to the position given his leadership of the TPLF. Debretsion then met Abiy and brought Abiy‘s informal ‘recommendation’, according to a TPLF cadre, that the former should prepare a short list of candidates. The Central Committee of the TPLF rejected this list as being too close to the party president though. It finally elected then TPLF deputy chairperson, Getachew Reda, who had led the TPLF delegation in Pretoria, via a secret ballot. Getachew had been an outsider in the TPLF Executive Bureau before the war, according to several accounts. A member of the TPLF negotiation team protested that they had not been properly consulted on the formation of the TIRA and that it was unclear how long the TIRA would remain in place and when elections would be held.

Every interlocutor agrees that the division within the party is not ideological. Rather, it is an inter-generational power struggle: “Power-mongering is the main problem in the TPLF as an organization,” observed a cadre member. The party leadership and people connected to them are perceived as seeking to evade accountability – for illicit gains, for corruption, and for political mistakes and alleged crimes committed before and during the war. The members of this “old guard” still control substantial business holdings amassed during the TPLF’s time in government, in particular as part of the Endowment Fund for the Rehabilitation of Tigray (EFFORT). Most of the conglomerate’s companies were released from state control in July 2023. In addition, some military commanders apparently took over gold mining in Tigray during the war and remain in control of illegal gold mining and smuggling, amounting to two metric tons of gold annually. 

The TPLF started a process of internal evaluation about three sets of issues: the conditions that led to the war; how the war has been conducted; and about the Pretoria Agreement and its implementation. The party leadership wanted to avoid the evaluation of the conduct of the war, claiming that this would touch on sensitive military matters and military leaders not formally part of the TPLF. One of the alleged abuses came to light last year: TPLF and federal government officials diverted substantial amounts of food aid for years, which is why USAID and WFP paused their assistance for several months in 2023.

Escalation of division

In the past two years, there have been several issues that further inflamed those tensions. Some interlocutors see the hand of the Federal Government in this, manipulating Tigrayan politics to foster divergence in the TPLF and thus making it easier to control. Even those highly critical of their internal opponents see Prime Minister Abiy as the main culprit. They point to the lack of implementation of the Pretoria Agreement. Indeed, the Federal Government has failed to ensure that Amhara militias and Eritrean troops leave Tigray, thus allowing the full return of the nearly one million displaced people, in particular to Western Tigray, most of whom remain in squalid camps. Still, they also blame Getachew as Regional President of being too accommodative of Abiy.

The interim cabinet decided to create an inclusive advisory council for the interim administration. Though without legal mandate in the Pretoria Agreement, the aim was to put the necessary post-war reforms on a more participatory basis with the involvement of the small but vocal opposition parties in Tigray. The TPLF leadership opposed this proposal, however, and the council has not been established despite continued calls from the opposition.

Furthermore, there were divisions about the re-registration of the TPLF as a political party and about the replacement of zonal and woreda (district) officials as planned by the TIRA. It all led to the organization of the 14th Party Congress by the TPLF in August 2024, even though there was no legal basis for it. Predictably, it was opposed by the National Election Board of Ethiopia (NEBE). The leadership felt that they could wait no longer as the re-registration of the TPLF kept being delayed despite Abiy’s promises to the contrary.

14 high-level members wrote a letter to the TPLF President denouncing the Congress and stating their intention not to attend, among them Getachew Reda. The Congress consequently excluded them from the Executive Bureau and the Central Committee, which were elected there.

Public dispute and the role of the security forces

Both factions are trying to assert themselves. Getachew has been holding large public meetings in different parts of the Region, trying to mobilise public support. The TPLF formally expelled Getachew and 15 other members of the party on 15 September, stating that they could no longer hold public office in the name of the party. As a reaction, Getachew accused them of plotting a “coup”. Both sides use leaks and allegations to accuse each other of betrayal and siding with the enemy – Eritrea, the Fano militia of Amhara, or the federal government.

The Tigray Security Forces (TSF) have become a key factor in this power game. Fears of renewed violence and even civil war could only materialise if the TSF became involved, which still numbers around 200,000 fighters under arms, even if it has handed over its heavy weapons as part of the Pretoria Agreement. So far, the TSF have remained neutral, despite their leaders being part of the TIRA. Interlocutors credited Lieutenant General Tadesse Werede, deputy president of Tigray’s interim administration and head of the cabinet secretariat for peace and security, with cooling down the temperatures. He spoke out against attempts to change the TIRA or appoint local officials and reinforced restrictions on public gatherings. Since then, Getachew Reda claimed that the TIRA cabinet has command over the TSF, which the TPLF’s Debretsion immediately disputed.

Mediation efforts

What does a way out look like? US officials have recently tried to mediate, first with Ambassador Massinga and just two weeks later, Mike Hammer, Special Envoy for the Horn of Africa, visiting Mekelle and speaking to the leaders involved. This was seen as helpful, though no concrete results emerged. The TSF are trying to mediate between the factions, together with representatives of civil society, business and religious leaders. According to a mediator, they are exploring a compromise that may involve creating a short-term technocratic or caretaker government and regional elections within six to eight months. So far, an agreement remains elusive. Both sides, at least, have pledged to pursue dialogue.

In any case, the status quo is untenable. The interim administration cannot function without the backing of the TPLF and their vast networks throughout the Region. The TPLF cannot just take over the administration either, however, as that would risk losing the legality and legitimacy of the TIRA in the eyes of the federal government. There is also the question of who will represent the TPLF as signatory to the Pretoria Agreement in future meetings with the federal government and the African Union.

At the same time, it is unclear how much support the TPLF still commands among the population at large in Tigray. Last year, the TIRA clamped down violently on an opposition rally in Mekelle. As a legacy of the war, many people are traumatised and focus on their own survival, especially the almost 900,000 internally displaced persons (out of a pre-war population of around six million). Tens of thousands of young people are leaving Tigray each year in search of better livelihoods, according to the TIRA. Others become criminals. There are many survivors of gender-based violence, including those that have born the children of their tormentors. The prevalence of HIV/AIDS has increased rapidly in the region. Nonetheless, one expert noted: “the TPLF is the best organisation we have” in Tigray. It remains by far the largest party in Tigray, and perhaps the only one with the organisational capacity at the moment that could address those urgent humanitarian and development issues. That requires a unity of purpose though and could benefit from a more inclusive approach. 

Full and speedy implementation of the Pretoria Agreement remains essential, including the return of displaced persons, the withdrawal of the non-federal troops from Tigray, elections for the regional and council and Tigray’s representatives in the federal parliament, and a comprehensive political dialogue. As long as political leaders in Tigray keep bickering among themselves, however, they will not unite to achieve these tasks.

Escalations Risks in the Horn of Africa

Threats from Egypt, Ethiopia, and Somalia Exacerbate Local Conflicts

SWP Comment 2024/C 50, 28.10.2024, together with Stephan Roll and Tobias von Lossow

In recent months, relations between Ethiopia, Egypt, and Somalia have deteriorated significantly. Previously separate disputes have become intertwined: namely the conflict between Egypt and Ethiopia over the use of Nile waters and the disagreement between Ethiopia and Somalia regarding the recognition of Somaliland. The three countries use threats to improve their respective positions in these conflicts. While an inter-state military escalation does not seem imminent at present, regional ten­sions are likely to rise, which could further empower the jihadist Al-Shabaab militia in Somalia. Germany and the European Union (EU) should recognise the highly com­plex interdependence of these lines of conflict, remind the countries concerned of their common interest in stabilising Somalia, and continue to advocate for dialogue in the Nile dispute. At the same time, it is also important to hold other influential actors more accountable to contribute to regional stability.

The immediate trigger for the current ten­sions is the supply of weapons from Egypt to Somalia as a result of a security agreement signed by the two countries in August 2024. In addition, there were reports that Egypt, with agreement from Somalia, is planning to send several thousand soldiers to the Horn of Africa to fight Al-Shabaab and replace the Ethiopian troops that have been stationed there thus far as part of the African Union (AU) mission, which expires at the end of this year. In response, Ethio­pian Prime Minister Abiy Ahmed warned that his country would “humiliate anyone who dares to threaten us”. Apparently as a deterrent, the Ethiopian military deployed heavy weapons at the border with Somalia.

In Somalia, the foreign minister threat­ened to support armed groups in Ethiopia if Addis Ababa did not stop its steps towards diplomatic recognition of Somaliland. Somalia has received support not only from Egypt, but also from Eritrea: At a tripartite summit in October in Asmara, the presi­dents of the three countries agreed to inten­sify their security cooperation. At almost the same time, Egypt lodged a complaint with the United Nations Security Council (UNSC), accusing Addis Ababa of jeopardising its water security by commissioning the Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD). Ethiopia, in turn, claimed that Egypt had repeatedly threatened it with violence. It is apparent that two central conflicts in the Horn of Africa are becoming increasingly interlinked and are therefore intensifying.

Egypt’s water worries

Egypt’s conduct in the Horn of Africa can also be explained by its long-standing dis­pute with Ethiopia over the use of the Nile’s water. This past summer, the conflict has once again intensified with the fifth phase of filling the GERD’s reservoir. For Egypt, which meets over 90 per cent of its water needs from the Nile, the construction of the gigantic dam since 2011 at the upper reaches of the Blue Nile poses a significant threat to its own water supply and there­fore to national security. For years, Ethiopia has been vigorously pushing ahead with the completion of the dam project, which is intended to significantly contribute to meet­ing the country’s immense energy needs. In contrast, Egypt insists on its right to veto construction projects on the upper Nile and on a bilaterally agreed water shar­ing formula with Sudan. Cairo attributes both rights to treaties from the colonial era, which Ethiopia and the other upstream riparians reject as they were not part of these treaties.

Diplomatic efforts to resolve the water dispute, including the GERD negotiations in which external actors such as the United States of America (USA), the AU, and the United Arab Emirates (UAE) mediate, have largely stalled. The same applies to coopera­tion within the framework of the Nile Basin Initiative (NBI), which was established in 1999. In recent years, Cairo’s negotiating position has increasingly deteriorated. On the one hand, construction on the dam is significantly advanced, with the project nearing completion and electricity produc­tion already underway. The third and fourth turbines were connected to the grid in August 2024, with the rest of the 13 tur­bines due to follow in the coming months. On the other hand, Egypt has lost its key ally in the water conflict. Sudan, which long supported Egypt and pursued its own water interests, has effectively withdrawn from the negotiations as an independent actor due to its ongoing civil war. Khartoum also benefits from the GERD, particularly from protection against regular flooding.

In addition, with South Sudan’s ratification in July, the Nile Basin Cooperative Framework Agreement (CFA) came into force in October 2024. This agreement establishes the permanent Nile River Basin Commission (NRBC), which initially includes six upstream riparian states, albeit exclud­ing Egypt and Sudan. Concluding a frame­work agreement between all 11 riparian states, which sets out the principles, struc­tures, and institutions for joint, basin-wide water management, was one of the main objectives of the NBI. However, since up­stream and downstream riparian states failed to agree on such an accord for over ten years, Egypt and Sudan were ultimately left out when the CFA was signed in May 2010 by Ethiopia, Tanzania, Uganda, and Rwanda – followed soon after by Kenya and Burundi. After all signatories except Kenya had ratified the agreement, South Sudan became the sixth state that needed to implement the CFA.

Egypt’s attempts to bolster its negotiating position on the Nile through security agree­ments with various states in the region, such as South Sudan, the Democratic Republic of the Congo, Uganda, and Rwanda, have thus far been proven unsuccessful. Even after President Abdelfattah al-Sisi and Prime Min­ister Abiy agreed at a face-to-face meeting in Cairo in July 2023 to resolve the outstand­ing issues within four months, no progress was made. As a result, Egypt has started to intervene in the conflict between Ethiopia and Somalia to also exert pressure on Addis Ababa.

Ethiopia’s port ambitions

While Ethiopia and Somalia had previously maintained close diplomatic relations for several years, bilateral relations have rapidly gone downhill since the beginning of 2024. The reason? The Memorandum of Understanding (MoU) signed by Prime Minister Abiy and President Muse Bihi Abdi of Soma­liland in January. The MoU, the text of which has not been published, stipulates that Ethiopia will lease a 20-kilometre coastal strip for 50 years to establish a naval base there. In addition, Ethiopia is to be given economic access to a harbour of the de facto state. In return, Ethiopia promised Somali­land a stake in Ethiopian Airlines and held out the prospect of considering the recog­ni­tion of Somaliland as an independent state.

To date, no UN member state has recognised Somaliland’s independence, which the autonomous region proclaimed in 1991. Nevertheless, various states maintain pri­marily economic relations with Somaliland. For example, the UAE has invested several hundreds of million USD in the expansion of the port of Berbera, which is operated by the Emirati company DP World since 2017, as well as in logistical infrastructure with Ethiopia on both sides of the border. At the time, Ethiopia and DP World signed an agreement under which Addis Ababa was to contribute 19 per cent of the port expan­sion. However, Ethiopia lost this claim in 2022 after the war-torn country failed to provide the promised funds.

With the MoU, Ethiopia is now taking a different approach to achieving its goal of its own access to the sea. Abyi’s government sees this as compensation for a “historical mistake” made by his predecessors when they granted Eritrea independence in 1993 and thus gave up access to the sea. As a result, Ethiopia is now the most populous country without a coastline. Around 95 per cent of all Ethiopian imports and exports currently pass through the port of Djibouti. The annual fees for this are up to around US$1.5 billion, which Ethiopia must pay in scarce foreign currency.

The leadership in Mogadishu firmly rejected the MoU. Somalia views the recog­nition of Somaliland by Ethiopia, which could be followed by other states, as a vio­lation of its sovereignty. In April 2024, Somalia expelled the Ethiopian ambassador from the country and withdrew its own representative from Addis Ababa. Meanwhile, Ethiopia appointed an ambassador to Somaliland in August 2024.

Somali President Hassan Sheikh Mohamud successfully sought diplomatic support, both in the region and from international players, including the G7 states. In this con­text, Somalia and Egypt concluded a secu­rity agreement in August 2024. It was on this basis that Egypt delivered weapons to Mogadishu two weeks later.

Risk of war between Egypt and Ethiopia

Military threats from Egypt in its water dis­pute with Ethiopia are not new. However, a direct Egyptian attack on the GERD con­struction site was long considered unrealistic due to the limited range of Egypt’s Air Force. Furthermore, Egypt, as a downstream state, would not achieve its main objective through military action, as Ethiopia could then deliberately reduce the Nile water flow at the dam to exert pressure on Egypt. Now that the reservoir is filled, such an attack also harbours unpredictable risks for the water flow of the Nile and would trigger a catastrophic flood in Sudan. Nevertheless, the deployment of Egyptian troops in Soma­lia could increase the risk of a direct mili­tary conflict between the two countries.

Should hostilities actually occur, Cairo would undertake considerable risk. Al­though the country has by far the largest armed forces in Africa and an extensive arsenal of weapons, this does not necessarily translate into actual military power. For example, the armed forces suffered heavy losses in the fight against insurgent groups in the Sinai Peninsula after 2013. It was only in the past two years that the security situation was gradually brought under con­trol. Despite having troops stationed in Soma­lia, a military operation outside its own borders would be much more chal­lenging, not least due to the distance, while Ethiopia could act from its own territory. Should armed action by Egypt result in massive losses or even failure, this could lead the Egyptian population to openly ques­tion the role of the armed forces in the country’s politics and economy. Civil society is already critical of the army’s pre­occupation with managing a vast, inefficient economic empire.

There is also no conceivable international and regional backing for military action. Cairo is heavily dependent on the Gulf States and the USA. The UAE, in particular, has become Egypt’s most important state creditor in recent years. Meanwhile, the USA provides around US$1.3 billion annually in military aid, which makes up an integral part of Egypt’s defence budget. As both coun­tries also maintain close relations with Ethiopia, an Egyptian military move could jeopardize this critical financial support.

Cairo’s actions are therefore unlikely to aim at a direct military confrontation with Addis Ababa. Rather, the threat of escalation is intended to persuade external actors to become more involved in the Nile water dispute on Egypt’s behalf. There has been no such internationalisation of the conflict to date, although Cairo has sought this for years. Above all, Cairo would like to see Ethiopia’s regional opponents strengthened militarily.

In addition to local groups in Somalia and Ethiopia, Cairo is likely to focus on Eritrea. Asmara’s relations with Ethiopia have deteriorated significantly since 2022 when Eritrea fought alongside Ethiopian troops against the Tigray People’s Liberation Front (TPLF). Eritrea opposes the Pre­toria Agreement between the Ethiopian government and the TPLF, which ended that war, as it thwarted Eritrea’s goal of destroying the TPLF once and for all. Border disputes and Ethiopia’s quest for direct access to the sea, possibly again in Eritrea, are further exacerbating tensions. As a result, Asmara has emphatically intensified its relations with Cairo. The summit be­tween Egypt, Eritrea, and Somalia in Octo­ber is a visible sign of that rapprochement. Nevertheless, Eritrea is unlikely to simply become Egypt’s stooge. Instead, it would rather pursue its own interests in the medium term, namely the establishment of a buffer zone on Ethiopian territory. The Ethiopian federal government currently appears to tolerate the presence of Eritrean troops in northern Tigray.

Nevertheless, a direct clash between Egyptian and Ethiopian troops cannot be completely ruled out should Cairo actually station a significant number of soldiers in Somalia. This risk increases all the more if Ethiopia refuses to withdraw its troops from Somalia. Egypt could cite the defence of So­mali interests and create a naval blockade of Somaliland, or in the worst-case scenario, attempt to expel Ethiopian troops.

A “game of chicken” between Ethiopia and Somalia

Two factors significantly mitigate the risk of an armed conflict between Ethiopia and Somalia: the military balance of power and shared interest in fighting Al-Shabaab.

While Ethiopia’s army is strongly in­volved in fighting several insurgencies and weakened by the 2020–22 war in the north of the country, it remains one of the largest military powers in the region. It possesses drones, helicopters, fighter planes, and heavy weaponry, among other equipment. In contrast, the Somali security sector remains a work-in-progress. It is not even able to effectively protect Mogadishu from attacks by Al-Shabaab. The Somali security forces are divided between units under dif­ferent commands of the federal government, the federal member states, and clan militias that operate incoherently. Despite successes in training some units, the Somali security forces remain heavily dependent on international military and financial sup­port, including from the AU, EU, USA, Turkey, Kenya, and Ethiopia.

Ethiopia and Somalia have long been united in the fight against Al-Shabaab. Addis Ababa wants to contain the jihadist group’s capabilities in its neighbouring country, maintain a buffer zone, and thus prevent it from attacking Ethiopia. In July 2022, hundreds of Al-Shabaab fighters crossed the border and advanced around 150 kilometres into the Ethiopian interior until they were repelled. The invaders are said to have included many Ethiopian nationals from the Somali and Oromia regions.

Due to this threat situation, Ethiopia is currently deploying around 10,000 of its own soldiers in Somalia. Only about a third so far have been part of the AU Transition Mission in Somalia (ATMIS). Addis Ababa has deployed the rest on its own initiative. These troops co-operate closely with those of the respective Somali federal member states and local militias. The Somali federal government had tolerated these troops for years (similar to Kenyan units in the south of Somalia) because they serve to provide security in their areas of operation.

The threatening behaviour of Ethiopia and Somalia reflects this unequal balance of power. Ethiopia is calculating that Soma­lia cannot afford to expel the Ethiopian troops from the country because they are making a decisive contribution to the fight against Al-Shabaab. In this logic, Somali re­actions to the MoU with Somaliland would thus fizzle out. Conversely, the Somali gov­ernment has now announced that if Ethio­pia does not withdraw the MoU then Ethiopian troops need to leave the country by the end of December 2024 when ATMIS ends. Somalia is counting on the fact that Ethiopia cannot afford to withdraw. The question is who will give in first.

Escalation of internal conflicts as the real danger

While direct conventional armed conflict between the states involved is currently rather unlikely, both Ethiopia and Somalia are susceptible to both intentional and un­intentional escalations due to their internal divisions.

The biggest risk is that the Ethiopian-Somali disagreements could further boost Al-Shabaab. The group has already been able to benefit from the partial withdrawal of ATMIS because Somali security forces thus far have been unable to fill the gap. In addition, the so-called Islamic State is spreading in Puntland.

It is still unclear what exactly the successor mission to ATMIS, whose mandate ex­pires at the end of December 2024, will look like. In August 2024, the AU Peace and Security Council adopted an operational plan for a new mission under the name AU Support and Stabilisation Mission in Soma­lia (AUSSOM), which is supposed to replace ATMIS in January 2025. However, it has not yet been clarified which countries will pro­vide troops or how the mission will be financed. Egyptian troops could take the lead, along with a presumably smaller con­tingent offered by Djibouti. However, it remains to be seen who will provide the rest of the planned 12,000 soldiers (ATMIS cur­rently has around 12,600). More troops from the current contributors, namely Kenya and Uganda, are possible. In principle, AUSSOM is planned to continue for five years, grad­ually handing over increasing responsibility to the Somali security forces.

If the Ethiopian troops do indeed withdraw and are replaced by Egyptian troops, the latter are likely to have difficulties con­trolling the security situation, at least dur­ing the transition period. The Ethiopian armed forces have built up local networks over more than a decade and have equipped and trained local militias. Egypt would first have to painstakingly establish these con­tacts. Meanwhile, Al-Shabaab could con­tinue to spread both in Somalia and pos­sibly on the border with Ethiopia. Furthermore, it cannot be ruled out that weapons destined by Egypt for the Somali government could find their way to Al-Shabaab.

The AU is hoping for funding through a new mechanism created by the UNSC in December 2023. Under this mechanism, 75 per cent of future AU missions could be paid for from UN compulsory contributions. However, this requires approval by the UNSC. The UN and AU are scheduled to present a plan for the design and financing of AUSSOM by mid-November. The decision could come too late to guarantee a seamless transition from the current to the successor mission. For this reason, bridge financing is already being discussed, for which attention focusses on the most important source of funding to date: the EU. However, currently the EU opposes continued funding of an AU deployment.

Another dimension of the conflict is the relationship between the Somali federal government and Somali member states. There have already been several demonstrations in the Somali South-West State calling for the continued presence of Ethiopian troops. The President of the South-West State, Abdiaziz Laftagareen, also spoke out against the deployment of Egyptian troops and in favour of keeping the Ethiopian con­tingents deployed in his state.

Relations between Mogadishu and the federal member states are already strained. At the end of March, Puntland announced that it would withdraw from the country’s federal system after the federal government had pushed the first chapters of a constitutional reform through parliament. A few days later, Puntland representatives met with an Ethiopian state secretary. Ethiopia could continue to offer an open door to dis­satisfied political stakeholders in Somalia in the future and thus influence the politi­cal situation there. There have been armed clashes between Somali federal member states and the government in Mogadishu at various times in the past. Somalia’s foreign ministry has already accused Ethiopia of sup­plying weapons to Puntland.

Conversely, Ethiopia is exposed to the risk that armed groups in the country could be supported from outside. For example, external support for the Ogaden National Liberation Front (ONLF) in Ethiopia’s Somali State would be conceivable. Although the ONLF declared a ceasefire with the govern­ment in 2018, the movement complained in September 2024 about Ethiopian troop deployments, which it saw as a “militarisation” of the state and threat to peace.

Other intervention possibilities exist in Amhara, Oromia, Benishangul-Gumuz (where the GERD is located), and Tigray. In the past, the Ethiopian government has repeatedly accused Egypt of supporting various armed groups in Ethiopia. These in­clude Gumuz militias, which tried to block the main road to the GERD a few years ago, as well as the TPLF during the war in the north.

The currently most active centres of con­flict in Ethiopia are the regions of Amhara and parts of Oromia. The Fano militias in Amhara have benefited from past training by Eritrean forces– a support that may still be ongoing. In August 2024, Ethiopian and Kenyan intelligence services reported a co­operation between the Oromo Liberation Army, which is fighting the Ethiopian gov­ernment, and Al-Shabaab in Somalia.

Policy options for Germany and the EU

Germany and its European partners should take the geopolitical tensions in the Horn of Africa seriously and ensure that they are not exacerbated by one-sided positioning or ill-conceived financial incentives. Although an inter-state war is currently unlikely it cannot be completely ruled out due to mis­understandings, ill-considered missteps, and emotional responses on all sides. In any case, the tensions are making further regional cooperation more difficult at a time when there are already major chal­lenges in the region: the war in Sudan, the Houthis’ attacks on shipping in the Red Sea, and the strengthening of Al-Shabaab and the so-called Islamic State in Somalia.

It is important that Germany and the EU think about the complex conflicts in the region together and not in isolation. Euro­peans should not allow themselves to be tempted by the power games of Egypt, Ethiopia, and Somalia to support unilateral agendas in the name of dubious promises of stability.

Regarding Somalia, the Europeans should make it clear that transitional financing of AUSSOM from the European Peace Facility must not play to the hands of Egypt’s threat against Ethiopia. A possible compromise could be that if Somalia insists on Egyptian military involvement, such troops could be stationed in Mogadishu to train security forces there, while Ethiopian troops con­tinue to directly support the fight against Al-Shabaab in other states. The EU should continue to reject the unilateral recognition of Somaliland under international law.

In the conflict over the utilisation of the Nile water, Germany and the EU should work to ensure that the NRBC is not ex­ploited by individual riparian states to fur­ther weaken Egypt’s position when the CFA will be implemented. The NRBC should only be supported if its activities are truly basin-wide, comply with international legal standards, and thus implicitly protect Egypt’s Nile water interests. The Europeans should also work to maintain the NBI for the exchange of information on Nile water issues between NBRC members and other riparian states or to establish a comparable low-threshold (dialogue) platform that all Nile riparian states can join without obli­gation.

Finally, Europeans should continue to endeavour to better coordinate their overall engagement in the region. External actors with influence on the concerned governments should also be held accountable to promote conflict resolution approaches. Turkey is already serving as a mediator between Ethiopia and Somalia, albeit so far without success. The UAE has a special role to play: It has strong economic interests in the Horn of Africa, particularly through investments in harbour infrastructure and agriculture, and is one of the most impor­tant state creditors. Financial aid and – in the case of Ethiopia – military support have contributed significantly to the con­solidation of power of the current political leaderships in Cairo and Addis Ababa and increased their willingness to take foreign policy risks. Nevertheless, the UAE has lacked vision for regional order. Its con­tribution to constructive conflict resolution remains small – a fact that should be ad­dressed more assertively with Abu Dhabi.

Eskalationsrisiko am Horn von Afrika

Drohgebärden aus Ägypten, Äthiopien und Somalia verschärfen lokale Konflikte

SWP-Aktuell 2024/A 52, 21.10.2024, zusammen mit Stephan Roll und Tobias von Lossow

Der somallische Präsident Hassan Sheikh Mahmud, der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Burhan und der eritreische Präsident Isaias Afwerki, Asmara, 10.Oktober 2024.

In den letzten Monaten haben sich die Beziehungen zwischen Äthiopien, Ägypten und Somalia deutlich verschlechtert. Neu ist dabei die Verknüpfung der bisher separat betrachteten Streitfälle zwischen Ägypten und Äthiopien um die Nutzung des Nilwassers und zwischen Äthiopien und Somalia um die Anerkennung Somalilands. Die drei Hauptakteure setzen derzeit vor allem auf Drohgebärden, um ihre jeweilige Position in diesen Konflikten zu verbessern. Zwar ist eine zwischenstaatliche militärische Eskalation derzeit unwahrscheinlich, jedoch dürften sich die regionalen Spannungen verschärfen und der jihadistischen Al-Shabaab-Miliz in Somalia weiteren Auftrieb geben. Deutschland und die EU sollten die sehr komplexe Verflechtung der Konfliktlinien anerkennen, die betroffenen Länder an das gemeinsame Interesse erinnern, Somalia zu stabilisieren, und sich weiterhin für Dialog im Nilstreit einsetzen. Gleichzeitig gilt es, auch andere einflussreiche Akteure stärker in die Verantwortung zu nehmen.

Der unmittelbare Auslöser der aktuellen Spannungen sind Waffenlieferungen Ägyptens an Somalia infolge eines Sicherheitsabkommens, das beide Länder im August 2024 geschlossen haben. Hinzu kamen Berichte, dass Ägypten im Einvernehmen mit Somalia plant, mehrere Tausend Soldaten zur Bekämpfung Al-Shabaabs ans Horn von Afrika zu entsenden und die äthiopischen Truppen abzulösen, die dort bislang unter anderem im Rahmen der Ende des Jahres auslaufenden AU-Mission stationiert sind. Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed warnte daraufhin, sein Land werde „jeden erniedrigen, der es wagt, uns zu bedrohen“. Offenbar zur Abschreckung brachte das äthiopische Militär schwere Waffen an der Grenze zu Somalia in Stellung.

Der somalische Außenminister drohte seinerseits, bewaffnete Gruppen in Äthiopien zu unterstützen, sollte Addis Abeba seine Schritte hin zu einer diplomatischen Anerkennung Somalilands nicht stoppen. Unterstützung bekam das Land hierbei nicht nur von Ägypten, sondern auch von Eritrea: Auf einem Dreiergipfel im Oktober vereinbarten die Präsidenten der drei Länder eine Intensivierung ihrer Sicherheitskooperation. Nahezu zeitgleich warf Ägypten Addis Abeba im UN-Sicherheitsrat vor, seine Wassersicherheit durch die Inbetriebnahme des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD) zu gefährden. Äthiopien beschuldigte wiederum Ägypten, seinem Land wiederholt Gewalt angedroht zu haben. All dies zeigt: zwei zentrale Konflikte am Horn von Afrika werden zunehmend miteinander verknüpft und verschärfen sich dadurch.

Ägyptens Wassersorgen

Ägyptens Vorgehen am Horn von Afrika erklärt sich auch aus seinem langjährigen Streit mit Äthiopien über die Nilwassernutzung, der sich durch die fünfte Phase der Befüllung des Stausees hinter dem seit 2011 errichteten GERD weiter zugespitzt hat. Aus Ägyptens Sicht, das über 90 Prozent seines Wasserbedarfs aus dem Nil deckt, stellt der Bau des gigantischen Staudamms am Oberlauf des Blauen Nils eine erhebliche Bedrohung für die eigene Wasserversorgung und damit für die nationale Sicherheit dar. Seit Jahren treibt Äthiopien die Fertigstellung der Anlage energisch voran, die einen entscheidenden Beitrag zur Deckung des immensen Energiebedarfs des Landes leisten soll. Demgegenüber beharrt Ägypten auf einem Vetorecht gegen Bauvorhaben am Oberlauf des Nils und auf einem bilateral mit Sudan vereinbarten Wasserverteilungsschlüssel. Beide Rechte führt Kairo auf Verträge aus der Kolonialzeit zurück, die Äthiopien und die anderen Oberlieger als Nichtbeteiligte nicht anerkennen.

Die diplomatischen Bemühungen, einschließlich der Verhandlungen zum GERD, bei denen externe Akteure wie die USA, die Afrikanische Union und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) vermitteln, sind weitgehend zum Erliegen gekommen. Gleiches gilt für die die Zusammenarbeit im Rahmen der 1999 gegründeten Nile Basin Initiative (NBI). In den vergangenen Jahren hat sich Kairos Verhandlungsposition zunehmend verschlechtert. Zum einen sind die Bauarbeiten am Staudamm weit fortgeschritten, so dass das Projekt größtenteils abgeschlossen ist und die Stromproduktion begonnen hat. Im August 2024 gingen die dritte und vierte Turbine des Damms ans Netz, der Rest der insgesamt 13 Turbinen soll in den nächsten Monaten folgen. Zum anderen hat Ägypten seinen wichtigsten Verbündeten im Wasserkonflikt verloren. Sudan, das aufgrund seiner eigenen Wassernutzungsinteressen lange Ägypten unterstützte, ist infolge des Bürgerkriegs de facto als eigenständiger Akteur aus den Verhandlungen ausgeschieden. Zudem profitiert Khartum durchaus auch vom GERD, insbesondere beim Schutz vor regelmäßigen Überflutungen.

Mit der Ratifizierung durch Südsudan im Juli trat im Oktober 2024 zudem das Nile Basin Cooperative Framework Agreement (CFA) in Kraft. Das Abkommen sieht mit der Nile River Basin Commission (NRBC) eine permanente Flussgebietskommission vor, der zunächst nur sechs Oberliegerstaaten, nicht aber Ägypten und Sudan angehören. Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung aller elf Anrainerstaaten, die Prinzipien, Strukturen und Institutionen für ein gemeinsames, beckenweites Wassermanagement fixiert, war ein Hauptziel der NBI. Weil Ober- und Unterliegerstaaten sich über zehn Jahre aber nicht auf ein solches Abkommen einigen konnten, blieben Ägypten und Sudan schließlich außen vor, als im Mai 2010 Äthiopien, Tansania, Uganda und Ruanda – wenig später auch Kenia und Burundi – das CFA unterzeichneten. Nachdem bis auf Kenia alle das Abkommen ratifiziert hatten, folgte mit Südsudan nun der zur Umsetzung erforderliche sechste Staat.

Versuche der ägyptischen Regierung, ihre Verhandlungsposition am Nil durch Sicherheitsabkommen mit verschiedenen Staaten der Region wie Südsudan, der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Ruanda zu stärken, blieben bisher erfolglos. Auch nachdem Präsident Abdelfattah al-Sisi und Ministerpräsident Abiy bei einem persönlichen Treffen in Kairo im Juli 2023 vereinbart hatten, die ausstehenden Streitfragen innerhalb von vier Monaten zu klären, gab es keine Fortschritte. Schließlich schaltete sich Ägypten in den Konflikt zwischen Äthiopien und Somalia ein, um auf diese Weise Druck auf Addis Abeba auszuüben.

Äthiopiens Hafenambitionen

Während Äthiopien und Somalia zuvor jahrelang enge diplomatische Beziehungen gepflegt haben, ging es im bilateralen Verhältnis seit Anfang 2024 rapide bergab. Der Grund: die Absichtserklärung, die Ministerpräsident Abiy und Präsident Muse Bihi Abdi von Somaliland im Januar unterzeichneten. Das Memorandum of Understanding (MoU), dessen Wortlaut nicht veröffentlicht wurde, sieht vor, dass Äthiopien einen 20 Kilometer langen Küstenstreifen für 50 Jahre pachtet, um dort eine Marinebasis zu errichten. Außerdem soll Äthiopien wirtschaftlichen Zugang zu einem Hafen des De-facto-Staats bekommen. Im Gegenzug versprach Äthiopien Somaliland eine Beteiligung an Ethiopian Airlines und stellte in Aussicht, die völkerrechtliche Anerkennung Somalilands zu prüfen.

Bislang hat kein UN-Mitgliedstaat die Unabhängigkeit Somalilands anerkannt, die die autonome Region 1991 ausrief. Gleichwohl unterhalten verschiedene Staaten eigene, vor allem wirtschaftliche Beziehungen mit Somaliland. So investierten die VAE mehrere Hundert Millionen US-Dollar in den Ausbau des Hafens von Berbera, den das emiratische Unternehmen DP World seit 2017 betreibt, sowie in die logistische Infrastruktur mit Äthiopien zu beiden Seiten der Grenze. Damals schlossen Äthiopien und DP World eine Vereinbarung, der zufolge sich Addis Abeba mit 19 Prozent am Hafenausbau beteiligen sollte. 2022 verlor Äthiopien diesen Anspruch jedoch, nachdem das kriegsgeschüttelte Land die versprochenen Mittel nicht bereitgestellt hatte.

Äthiopien setzt mit dem MoU nun auf einen anderen Weg, sein Ziel eines eigenen Zugangs zum Meer zu erreichen. Abyis Regierung sieht darin den Ausgleich eines „historischen Fehlers“, den seine Vorgänger begangen hätten, als sie Eritrea 1993 in die Unabhängigkeit entließen und damit den Meereszugang aufgaben. Äthiopien sei dadurch heute das bevölkerungsreichste Land ohne Küste. Derzeit erfolgen rund 95 Prozent aller äthiopischen In- und Exporte über den Hafen von Dschibuti. Dafür werden jährlich rund 1,5 Milliarden US-Dollar an Gebühren fällig, die Äthiopien in knappen Devisen bezahlen muss.

Die Führung in Mogadischu reagierte auf das MoU mit entschiedener Ablehnung. Eine Anerkennung Somalilands durch Äthiopien, der weitere Staaten folgen könnten, betrachtet Somalia als Verletzung seiner Souveränität. Im April 2024 verwies Somalia den äthiopischen Botschafter des Landes und zog seinen eigenen Vertreter aus Addis Abeba ab.

Der somalische Präsident Hassan Sheikh Mohamud bemühte sich erfolgreich um diplomatische Unterstützung, sowohl in der Region als auch von internationalen Akteuren, darunter den G7-Staaten. In diesem Zusammenhang schlossen Somalia und Ägypten im August 2024 ein Sicherheitsabkommen, auf dessen Grundlage Ägypten zwei Wochen später Waffen zunächst per Flugzeug und später auch per Schiff nach Mogadischu lieferte.

Kriegsrisiko zwischen Ägypten und Äthiopien

Kriegsdrohungen Ägyptens sind im Wasserkonflikt mit Äthiopien keineswegs neu. Ein direkter ägyptischer Angriff auf die Baustelle des GERD war jedoch lange Zeit wegen der begrenzten militärischen Reichweite der ägyptischen Luftwaffe kein realistisches Szenario. Auch würde Ägypten als Unterliegerstaat sein eigentliches Ziel durch einen Waffengang nicht erreichen, da Äthiopien das Nilwasser dann erst recht als Druckmittel einsetzen und den Durchfluss am Staudamm gezielt drosseln könnte. Nach der Befüllung des Staubeckens birgt ein solcher Angriff nun zudem unkalkulierbare Risiken für den Wasserfluss des Nils und würde eine für Sudan katastrophale Flutwelle auslösen. Durch die Stationierung ägyptischer Truppen in Somalia könnte die Gefahr eines direkten militärischen Konflikts zwischen beiden Ländern allerdings steigen.

Sollte es tatsächlich zu Kampfhandlungen kommen, würde Kairo aber aus mehreren Gründen ein erhebliches Risiko eingehen. Zwar verfügt das Land über die bei weitem größten Streitkräfte Afrikas und ein umfangreiches Waffenarsenal, doch daraus lässt sich nicht zwingend die tatsächliche militärische Schlagkraft ableiten. So mussten die Streitkräfte bei der Bekämpfung aufständischer Gruppen auf der Sinai-Halbinsel nach 2013 schwere Verluste hinnehmen. Erst in den vergangenen zwei Jahren gelang es sukzessive, die Sicherheitslage unter Kontrolle zu bekommen. Ein Militäreinsatz außerhalb der eigenen Landesgrenzen wäre trotz einer Truppenstationierung in Somalia ungleich schwerer durchzuführen, nicht zuletzt aufgrund der Distanz, während Äthiopien aus dem eigenen Territorium heraus agieren könnte. Sollte ein bewaffnetes Vorgehen Ägyptens mit massiven Verlusten verbunden sein oder gar scheitern, könnte dies dazu führen, dass die ägyptische Bevölkerung die Rolle der Streitkräfte in der Politik und der Wirtschaft des Landes stärker in Frage stellt. Schon jetzt wird aus den Reihen der ägyptischen Zivilgesellschaft Kritik laut, dass die Armee vor allem mit der Verwaltung eines riesigen, ineffizienten Wirtschaftsimperiums beschäftigt ist.

Hinzu käme der Mangel an internationalem und regionalem Rückhalt für ein militärisches Vorgehen. Kairo ist stark von den Golfstaaten und den USA abhängig. Besonders die VAE sind in den letzten Jahren zum wichtigsten staatlichen Gläubiger Ägyptens geworden. Die USA leisten jährlich rund 1,3 Milliarden US-Dollar an Militärhilfe, die einen festen Bestandteil des ägyptischen Rüstungsetats ausmacht. Da beide Länder ebenfalls enge Beziehungen zu Äthiopien pflegen, würde ein Waffengang Ägyptens das Risiko bergen, diese Unterstützung zu verlieren.

So dürfte Kairos Handeln weniger auf eine direkte militärische Konfrontation mit Addis Abeba abzielen. Vielmehr soll die Drohung mit einer Eskalation externe Akteure dazu bewegen, sich im Nilwasserkonflikt verstärkt im Sinne Ägyptens zu engagieren. Eine derartige Internationalisierung des Konflikts hat es bisher nicht gegeben, obgleich Kairo dies seit Jahren anstrebt. Vor allem aber sollen regionale Gegner Äthiopiens militärisch gestärkt werden.

Neben lokalen Gruppierungen in Somalia und Äthiopien dürfte sich Kairo hier vor allem auf Eritrea fokussieren, da sich dessen Beziehungen zu Äthiopien seit 2022 deutlich verschlechtert haben. Hintergrund ist das Pretoria-Abkommen, das die äthiopische Regierung mit der Tigray People’s Liberation Front (TPLF) geschlossen hat, um den Bürgerkrieg im Land zu beenden. Eritrea sieht sein Ziel einer Zerschlagung der TPLF hierdurch konterkariert. Grenzstreitigkeiten und Äthiopiens Bestreben, sich einen Zugang zum Meer möglicherweise auch wieder in Eritrea zu sichern, verschärfen die Spannungen zusätzlich. Infolgedessen intensivierte Asmara mit Nachdruck seine Beziehungen zu Kairo, was nicht zuletzt durch das Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten Ägyptens, Eritreas und Somalias im Oktober unübersehbar geworden ist. Gleichwohl dürfte sich Eritrea nicht einfach von Ägypten vereinnahmen lassen, sondern mittelfristig eher sein eigenes Interesse, die Errichtung einer Pufferzone auf äthiopischem Territorium, verfolgen. Die äthiopische Bundesregierung scheint die Präsenz eritreischer Truppen im Norden Tigrays derzeit zu tolerieren.

Dennoch kann auch ein direktes Aufeinandertreffen ägyptischer und äthiopischer Truppen nicht ganz ausgeschlossen werden, sollte Kairo tatsächlich Soldaten in nennenswerter Zahl in Somalia stationieren. Dieses Risiko steigt umso mehr, wenn Äthiopien sich weigert, seine Truppen aus Somalia abzuziehen. Ägypten könnte im schlimmsten Fall versuchen, die äthiopischen Truppen zu vertreiben – und zwar im Namen der somalischen Bundesregierung.

Chicken Game zwischen Äthiopien und Somalia

Die Wahrscheinlichkeit eines bewaffneten Konflikts zwischen Äthiopien und Somalia ist durch zwei Faktoren stark gemindert: das militärische Kräfteverhältnis und das geteilte Interesse an der Bekämpfung von Al-Shabaab.

Äthiopiens Armee ist zwar in hohem Maße eingebunden in die Bekämpfung mehrerer Aufstände und geschwächt vom verlustreichen Krieg im Norden des Landes 2020–22; sie bleibt jedoch eine der größten Militärmächte der Region und verfügt unter anderem über Drohnen, Hubschrauber, Kampfflugzeuge und schwere Waffen. Im Gegensatz dazu befindet sich der somalische Sicherheitssektor weiterhin im Aufbau. Ihm gelingt es nicht einmal, Mogadischu effektiv vor Angriffen durch Al-Shabaab zu schützen. Die somalischen Sicherheitskräfte sind auf Einheiten unter unterschiedlichem Kommando der Bundesregierung und der Bundesstaaten sowie auf Klan-Milizen verteilt, die inkohärent agieren. Trotz Erfolgen bei der Ausbildung einiger Einheiten sind die somalischen Sicherheitskräfte weiterhin stark von internationalen militärischen und finanziellen Unterstützern abhängig, darunter neben der AU die EU, die USA, die Türkei, Kenia und auch Äthiopien.

Äthiopien und Somalia verbindet seit langem der Kampf gegen Al-Shabaab. Addis Abeba will die Fähigkeiten der dschihadistischen Gruppe in seinem Nachbarland eindämmen, eine Pufferzone aufrechterhalten und damit deren Angriffe in Äthiopien verhindern. Im Juli 2022 überschritten Hunderte von Al-Shabaab-Kämpfern die Grenze und drangen rund 150 Kilometer ins äthiopische Landesinnere vor, bis sie zurückgeschlagen werden konnten. Unter den Invasoren sollen auch viele äthiopische Staatsangehörige aus den Regionen Somali und Oromia gewesen sein.

Wegen dieser Bedrohungslage setzt Äthiopien derzeit rund 10.000 eigene Soldaten in Somalia ein. Nur etwa ein Drittel davon ist bisher Teil der AU-Missionen AMISOM und ATMIS gewesen. Den Rest hat Addis Abeba aus eigener Initiative entsandt. Diese Truppen kooperieren eng mit denen der jeweiligen somalischen Bundesstaaten und lokalen Milizen. Die somalische Regierung hatte diese Truppen über Jahre toleriert (ähnlich wie kenianische Einheiten im Süden), weil sie der Sicherheit in ihren Einsatzgebieten dienen.

Die Drohgebärden Äthiopiens und Somalias sind Spiegel dieses ungleichen Machtverhältnisses. Äthiopien kalkuliert damit, dass Somalia es sich gar nicht leisten kann, die äthiopischen Truppen des Landes zu verweisen, weil diese einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen Al-Shabaab leisten. Die zu erwartenden somalischen Reaktionen auf das MoU mit Somaliland würden damit verpuffen. Umgekehrt hat die somalische Regierung allerdings mittlerweile angekündigt, dass die äthiopischen Truppen mit dem Ende von ATMIS das Land bis Ende Dezember 2024 verlassen sollen, wenn Äthiopien das MoU nicht zurückzieht. Somalia setzt damit darauf, dass Äthiopien sich eigentlich einen Abzug nicht leisten kann. Die Frage ist, wer zuerst nachgibt.

Eskalation innerstaatlicher Konflikte als eigentliche Gefahr

Während direkte konventionelle Auseinandersetzungen zwischen den beteiligten Staaten derzeit eher unwahrscheinlich sind, sind sowohl Äthiopien als auch Somalia aufgrund ihrer innerstaatlichen Zerrissenheit anfällig für gezielte wie auch unbeabsichtigte Eskalationen.

Das größte Risiko ist, dass die äthiopisch-somalischen Unstimmigkeiten Al-Shabaab weiter Auftrieb geben könnten. Die Gruppe konnte bereits von dem bisherigen Teilabzug von ATMIS profitieren, weil somalische Sicherheitskräfte nicht in der Lage waren, die entstandene Lücke zu füllen. Zudem breitet sich in Puntland der sogenannte Islamische Staat aus.

Noch ist offen, wie genau die Nachfolgemission der derzeitigen AU Transition Mission in Somalia(ATMIS), deren Mandat Ende Dezember 2024 ausläuft, aussehen soll. Der AU-Friedens- und Sicherheitsrat nahm im August 2024 einen Operationsplan für eine neue Mission unter dem Namen AU Support and Stabilization Mission in Somalia (AUSSOM) an, die grundsätzlich ATMIS ab Januar 2025 ablösen soll. Allerdings ist bislang weder geklärt, welche Staaten Truppen stellen, noch wie die Mission finanziert werden soll. Die ägyptischen Truppen könnten die Führung übernehmen, dazu käme ein vermutlich kleineres Kontingent, das Dschibuti angeboten hat. Damit bleibt aber offen, wer die restlichen der geplanten knapp 12.000 Soldaten stellen soll (ATMIS hat derzeit rund 12.600). Möglich wären Beiträge der bisherigen Truppensteller Kenia und Uganda. Grundsätzlich soll AUSSOM fünf Jahre Bestand haben und dabei schrittweise immer mehr Verantwortung an die somalischen Sicherheitskräfte abgeben.

Falls die äthiopischen Truppen tatsächlich abziehen und durch ägyptische ersetzt werden sollten, dürften diese mindestens beim Übergang Schwierigkeiten haben, die Sicherheitslage zu kontrollieren. Die äthiopischen Streitkräfte haben über mehr als ein Jahrzehnt lokale Netzwerke geknüpft und lokale Milizen ausgerüstet und ausgebildet. Ägypten müsste diese Kontakte erst mühsam aufbauen. Währenddessen könnte Al-Shabaab sich sowohl in Somalia als auch möglicherweise an der Grenze zu Äthiopien weiter ausbreiten. Außerdem ist nicht auszuschließen, dass die von Ägypten für die somalische Regierung bestimmten Waffen ihren Weg zu Al-Shabaab finden.

Die AU hofft auf eine Finanzierung durch einen neuen Mechanismus, den der UN-Sicherheitsrat im Dezember 2023 geschaffen hat. Danach könnten AU-Missionen künftig zu 75 Prozent aus UN-Pflichtbeiträgen bezahlt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats. UN und AU sollen bis Mitte November einen Plan zum Design und zur Finanzierung von AUSSOM vorlegen. Die Entscheidung könnte zu spät kommen, um einen lückenlosen Übergang von der Vorgänger‑‌ zur Nachfolgemission zu garantieren. Daher wird bereits über eine Brückenfinanzierung diskutiert, für welche sich die Blicke auf die wichtigste bisherige Finanzquelle richten, die Europäische Union.

Eine weitere Konfliktdimension eröffnet sich mit den Beziehungen zwischen der somalischen Bundesregierung und den somalischen Bundesstaaten. So hat es bereits mehrere Demonstrationen im somalischen South-West State gegeben, auf denen die Fortdauer der Präsenz der äthiopischen Truppen gefordert wurden. Auch der Präsident von South-West State Abdiaziz Laftagareen sprach sich gegen die Stationierung von ägyptischen Truppen und für den Verbleib der äthiopischen Kontingente aus, die in seinem Bundesstaat eingesetzt sind.

Die Beziehungen zwischen Mogadischu und den Bundesstaaten sind ohnehin angespannt. Ende März kündigte Puntland an, es werde sich aus dem föderalen System des Landes zurückziehen, nachdem die Bundesregierung die ersten Kapitel einer Verfassungsreform durchs Parlament gebracht hatte. Wenige Tage später trafen sich Vertreter Puntlands mit einem äthiopischen Staatssekretär. Äthiopien könnte auch in Zukunft ein offenes Ohr für unzufriedene politische Stakeholder in Somalia haben und so die dortigen politischen Verhältnisse beeinflussen. In der Vergangenheit hat es bereits zu verschiedenen Zeitpunkten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen somalischen Bundesstaaten und der Regierung in Mogadischu gegeben. Somalias Außenministerium wirft Äthiopien bereits vor, Waffen an Puntland zu liefern.

Umgekehrt sieht sich Äthiopien der Gefahr ausgesetzt, dass bewaffnete Gruppen im Land von außen gezielt gefördert werden könnten. Denkbar wäre zum Beispiel eine externe Unterstützung der Ogaden National Liberation Front (ONLF) im äthiopischen Somali State. Diese erklärte zwar 2018 einen Waffenstillstand mit der Regierung, allerdings beschwerte sich die Bewegung im September 2024 über äthiopische Truppenverlegungen, die sie als friedensgefährdende „Militarisierung“ des Bundesstaats wertete.

Andere Eingriffsmöglichkeiten bestehen in Amhara, Oromia, Benishangul-Gumuz (wo der GERD liegt) und Tigray. Die äthiopische Regierung hat in der Vergangenheit Ägypten mehrfach vorgeworfen, verschiedene bewaffnete Gruppen in Äthiopien zu unterstützen. Dazu zählten Gumuz-Milizen, die vor einigen Jahren unter anderem versuchten, die Hauptstraße zum GERD zu blockieren, aber auch die TPLF während des Kriegs im Norden.

Die derzeit aktivsten Konfliktherde Äthiopiens sind die Regionen Amhara und Teile Oromias. Die Fano-Milizen in Amhara profitierten in der Vergangenheit von der Ausbildung durch eritreische Kräfte – eine Unterstützung, die möglicherweise immer noch anhält. Äthiopische und kenianische Nachrichtendienste berichteten im August 2024 über eine Zusammenarbeit zwischen der Oromo Liberation Army, die gegen die äthiopische Regierung kämpft, und Al-Shabaab in Somalia.

Handlungsoptionen für Deutschland und die EU

Deutschland und seine europäischen Partner sollten die geopolitischen Spannungen am Horn von Afrika ernst nehmen und darauf achten, diese nicht durch einseitige Positionierungen oder falsche finanzielle Anreize zu verschärfen. Ein zwischenstaatlicher Krieg ist derzeit zwar unwahrscheinlich, aber aufgrund von Missverständnissen, unüberlegten Fehltritten und der emotionalen Aufheizung auf allen Seiten nicht komplett auszuschließen. In jedem Fall erschweren die Spannungen die weitere regionale Zusammenarbeit zu einer Zeit, in der es ohnehin große Herausforderungen in der Region gibt: den Krieg in Sudan, die Angriffe der Houthis auf die Schifffahrt im Roten Meer und ein Erstarken der Al-Shabaab und des sogenannten Islamischen Staates in Somalia.

Wichtig ist, dass Deutschland und die EU die komplexen Konflikte in der Region zusammendenken und nicht isoliert voneinander bearbeiten. Die Europäer sollten sich von den Machtspielen Ägyptens, Äthiopiens und Somalias nicht dazu verleiten lassen, einseitige Agenden im Namen zweifelhafter Stabilitätsversprechen zu unterstützen.

In Bezug auf Somalia sollten die Europäer deutlich machen, dass eine übergangsweise Finanzierung von AUSSOM aus dem Europäischen Friedensfonds nicht der Stärkung der ägyptischen Drohkulisse gegenüber Äthiopien dienen darf. Ein möglicher Kompromiss könnte darin bestehen, dass ägyptisches Militär zur weiteren Ausbildung von Sicherheitskräften in Mogadischu stationiert wird, während die äthiopischen Truppen in anderen Bundesstaaten weiter direkt den Kampf gegen Al-Shabaab unterstützen. Die EU sollte weiterhin die einseitige völkerrechtliche Anerkennung Somalilands ablehnen.

Im Konflikt um die Nutzung des Nilwassers sollten Deutschland und die EU darauf hinwirken, dass bei der Umsetzung des CFA die Nile River Basin Commission nicht von einzelnen Anrainerstaaten dazu genutzt wird, Ägyptens Position weiter zu schwächen. Nur wenn das Wirken der NRBC tatsächlich beckenweit ausgerichtet ist, internationale rechtliche Standards einhält und damit in der Folge implizit auch ägyptische Nilwasserinteressen wahrt, ist eine Unterstützung der Kommission angeraten. Die Europäer sollten sich zudem dafür einsetzen, die NBI für den Austausch über Nilwasserfragen zwischen NBRC-Mitgliedern und den anderen Anrainerstaaten zu erhalten oder eine vergleichbare niedrigschwellige (Dialog-)Plattform zu etablieren, der alle Nilanrainerstaaten unverbindlich beitreten können.

Schließlich sollten sich die Europäer weiterhin um eine bessere Abstimmung des gesamten internationalen Engagements in der Region bemühen. Dabei gilt es, auch externe Akteure mit Einfluss auf die betreffenden Regierungen stärker in die Pflicht zu nehmen, damit sie Konfliktlösungsansätze in der Region intensiver fördern. Die Türkei vermittelt bereits zwischen Äthiopien und Somalia, wenn auch bisher ohne Erfolg. Eine besondere Rolle kommt den VAE zu: Sie verfolgen am Horn von Afrika ausgeprägte wirtschaftliche Interessen, insbesondere durch Investitionen in Hafeninfrastruktur und Landwirtschaft, und zählen zu den wichtigsten staatlichen Gläubigern. Ihre Finanzhilfen und, im Fall Äthiopiens, auch militärische Unterstützung haben maßgeblich zur Machtkonsolidierung der aktuellen politischen Führungen in Kairo und Addis Abeba beigetragen und deren außenpolitische Risikobereitschaft erhöht. Dennoch fehlt den VAE bisher eine ordnungspolitische Vision für die Region und ihr Beitrag zur konstruktiven Konfliktbearbeitung bleibt gering – ein Umstand, der in Abu Dhabi intensiver zur Sprache gebracht werden sollte

Dr. Gerrit Kurtz ist Wissenschaftler, Dr. Stephan Roll Senior Fellow in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten.
Tobias von Lossow ist Research Fellow bei Clingendael – Netherlands Institute of International Relations.

Zivile Konfliktbearbeitung: Investieren statt kürzen

Die Bundesregierung plant massive Einsparungen bei Krisenprävention und Friedensförderung. Diese Kürzungen sind jedoch nicht mit den außen- und sicherheitspolitischen Erfordernissen einer gewaltsamen Welt im Umbruch zu vereinbaren, meint Gerrit Kurtz.

Kurz Gesagt, SWP, 13.August 2024

Die Stabilisierung der ukrainischen Energieinfrastruktur, der Wiederaufbau im Irak nach den Zerstörungen von Da‘esh, oder die Unterstützung der UN-Vermittlungsarbeit im Jemen: Deutschland finanziert weltweit Projekte ziviler Konfliktbearbeitung. Spätestens seit dem spektakulären Scheitern in Afghanistan und Mali ist allseits bekannt, dass diese Friedensarbeit schwierig ist. Doch sie trägt ebenso wie die angestrebte Vollausrüstung der Bundeswehr zur Sicherheit Deutschlands bei. 

Dennoch setzt die Bundesregierung nun die haushaltspolitische Axt an diese Arbeit. Bereits im Haushalt 2024 kürzte sie die dafür vorgesehenen Mittel des Auswärtigen Amtes (AA) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ): allein 29% im entsprechenden Titel im AA. Der Kabinettsbeschluss vom 17. Juli 2024 sieht erneute massive Streichungen für das kommende Jahr vor: weitere 18% im genannten AA-Titel, 38% bei der Krisenbewältigung im BMZ, sowie über 50% im Bereich humanitäre Hilfe, die oft in Konfliktregionen eingesetzt wird. Diese Kürzungen fallen überproportional stark aus, weil die meisten anderen Titel des AA und BMZ nicht kurzfristig angepasst werden können.

Gleichzeitig überarbeiten die Ressorts derzeit turnusgemäß das strategische Grundlagendokument in diesem Bereich, die Leitlinien »Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern« von 2017. Die Leitlinien stellen das staatliche Handeln unter ein Friedensleitbild und nennen grundlegende Handelsprinzipien, Ziele, Instrumente und Aufgabenfelder für die zivile Konfliktbearbeitung im Ausland. Die Bundesregierung muss sich fragen, ob sie weiterhin die Vermeidung von Krieg und Gewalt als „deutsche Staatsraison“ bezeichnen kann (O-Ton Leitlinien), wenn sie Mittel dafür in so hohem Maße zusammenstreicht.

Zivile Ansätze sind gerade in angespannten Zeiten gefragt

Die Welt, in der wir leben, wird unsicherer. Es gibt es derzeit so viele bewaffnete Konflikte wie nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die sich immer mehr beschleunigende Klimakrise heizt Ressourcenkonflikte an. Transaktional agierende Mittelmächte wie die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emiraten prägen eine Weltordnung im Wandel, indem sie etwa in Afrika Waffen und Drohnen an Konfliktakteure liefern. Die neo-imperiale Aggression Russlands ist ungezügelt.

Deutschland kann es sich daher schlichtweg nicht leisten, weniger in Prävention, Diplomatie und Friedensförderung zu investieren. 

Bereits jetzt kann sich Deutschland weniger als bisher auf die multilateralen Organisationen und Alliierten verlassen, denen es in der Vergangenheit weitgehend die Führungsrolle zugesprochen hat. Zudem haben diese Partner immer wieder, aus deutscher (und lokaler) Sicht, problematische Schwerpunkte gesetzt, wie die USA in Afghanistan, Frankreich in Mali oder die Afrikanische Union in Sudan. Die Europäische Union unterstützt einerseits zivilgesellschaftliche Friedensbemühungen und andererseits die Migrationsabwehr autoritärer Staaten wie Libyen, Tunesien und Ägypten, welche Geflüchtete misshandeln und zurück in Konfliktgebiete wie Sudan schicken. 

Es braucht politische Führung und Demut

Geld allein reicht daher nicht. Deutschland sollte auch mehr prinzipiengeleitete Führung zeigen. In jedem Konflikt, ob in der Ukraine oder in Sudan, sind vor allem politische Strategien gefragt. Um diese auszuarbeiten, abzustimmen und umzusetzen braucht es jedoch das entsprechende Personal, belastbare Koordinationsmechanismen und die Nachfrage der jeweiligen Hausspitze. Der Bundestag sollte sowohl in den Haushaltsberatungen nachsteuern als auch die Entwicklung eines stärker abgestimmten Vorgehens der Ressorts einfordern.

Die Leitlinien hingegen sollten noch stärker die Grenzen deutscher Handlungsmöglichkeiten sowie postkoloniale Perspektiven anerkennen. Zielkonflikte sind der Normallfall in der Konfliktbearbeitung, sie können nicht ohne Weiteres aufgelöst werden. Wie mit ihnen umzugehen ist, sollten primär Akteure vor Ort entscheiden, die mit den Folgen von Krieg, Armut und Repression leben. In einer Zeit, in der das Zusammenleben auch in Deutschland und Europa spannungsgeladener wird, können wir noch Einiges von Gesellschaften lernen, die schon länger mit Polarisierung, Desinformation und Radikalisierung kämpfen.

The Narrow Limits of Ethiopia’s National Dialogue

In its current form, the process will do little to address the country’s structural problems.

SWP Comment 2024/C 32, 05.08.2024

Ethiopia has long been in a period of upheaval characterised by massive levels of violence. Relations between the largest ethnic groups are in flux, as is their relationship with the government. The state lacks legitimacy in the central regions of the country, its monopoly on the use of force is contested, and it does not have enough financial resources to provide for the population on a nationwide scale. The national dialogue is intended to facilitate Ethiopia’s transformation and increase support for the state among the population. However, the conditions for a confidence-building dialogue are not in place, given the armed uprisings in the two most populous states of Amhara and Oromia; the severely restricted independence of the media and free­dom of expression; and the dominance of the ruling party in parliament and society. An additional structured dialogue at the level of the most important political players could mitigate one of the main weaknesses of the process. International actors who, like Germany, support the national dialogue should be careful not to allow themselves to be used for authoritarian consolidation.

On 4 June 2024, the first event of the regional phase of the national dialogue at the level of the federal states and city admin­istrations concluded in Addis Ababa. The aim of the overall process is to identify the most important issues that are driving the country apart, determine possible solutions, and nominate representatives for the last round of consultations at the national level. The event in Addis Ababa alone was attended by more than 2,000 people who had been delegated from previous meetings at the local level in the city of Addis Ababa. Similar events are to follow in the other federal states.

The national dialogue is a central project of Prime Minister Abiy Ahmed’s government, which hopes that the dialogue can make a decisive contribution towards paci­fy­ing the country, increase the legitimacy of the state across the entirety of Ethiopian society, and thus also boost economic devel­opment. The overarching goal is to rally the population behind Abiy’s idea of national unity. The dialogue can only take place within the narrow confines of the government’s continued hegemony.

State and society under stress

Abiy has not succeeded in uniting Ethiopia in recent years. On the contrary, his style of governance, the way he has fought insur­gencies, and delayed economic reforms are partly responsible for the conflicts, vio­lence, and existential hardships in parts of the country. The Ethiopian state crisis that brought Abiy to office has been exacerbated by some of his actions.

Contrary to Abiy’s pan-Ethiopian rhetoric, the country continues to be characterised by its orientation along ethnic (or “national”) identities. The ethnic federalism enshrined in the 1995 constitution con­tinues to play an important role in terms of gaining access to state power. A new nation­al narrative has not yet been established. Instead, polarisation and a zero-sum men­tality characterise politics, as even Ethiopia’s National Security Council has noted. A greater role for one ethnic group is seen by others as a decline in their own level of influence. This is particularly evident in the rise of Oromos in politics after Abiy took office, a development that is viewed criti­cally by traditional elites from Amhara and Tigray.

But Abiy’s style of governance is based less on the hegemony of one ethnic group (although some accuse him of favouring Oromos in government and state enterprises) and more on shifting partnerships, in line with his understanding of pragmatic power politics. However, in a context char­acterised by a zero-sum mentality and a lack of national identity, Abiy’s trans­actional politics is alienating former sup­porters, especially in Amhara and Oromia. It is also fuelling conflict within ethnic groups between those who are cooperating with the government and those who are turning away in disappointment. Abiy himself accused the opposition of plotting a coup in early July.

Both the government and some elements of the opposition see violence as a legitimate means of conflict resolution. This atti­tude was reflected not only in the war in the north of the country between 2020 and 2022, but also in the uprisings in Oromia and Amhara. Although the government has recognised that it must also focus on nego­tiations with the armed groups, it always aims to do so from a position of military strength. For example, the Pretoria Agree­ment with the Tigray People’s Liberation Front (TPLF) was signed in November 2022, when the army was already close to Tigray’s capital, Mekelle.

At the same time, the way in which the government fights insurgencies tends to fuel conflicts. In the war against the TPLF, the government fought in conjunction with paramilitary forces and irregular Fano units from Amhara. When these Amhara regional militias were to be demobilised and dis­armed after the Pretoria Agreement, many of the units refused because they saw the agreement as a betrayal of Amhara inter­ests. The Fano were able to attract a con­siderable number of these well-trained paramilitary fighters, which enabled them to hold their own against the government army. Since then, the insurgents have con­trolled large parts of the rural areas and been able to occasionally advance into towns such as Amhara’s regional capital of Bahir Dar and the UNESCO World Heritage Site of Lalibela.

The government forces pose a significant threat to the civilian population in these conflict areas. The UN High Commissioner for Human Rights holds them responsible for 70 per cent of the human rights vio­lations that it documented in Ethiopia in 2023. The Ethiopian Human Rights Com­mis­sion reported about the extrajudicial killings by state security forces and mass arbitrary arrests in Amhara, Oromia, and Addis Ababa. In addition, the use of drones, which has resulted in high numbers of civilian casualties, has been criticised. There are reports that the army frequently kills civilians indiscriminately when it is unable to apprehend Fano rebels in Amhara. All of this is fuelling further resistance from the affected population.

Although the government is investing in prestigious projects in Addis Ababa, it is leaving large sections of the population behind. More than 21 million people in Ethiopia are dependent on humanitarian aid. In some parts of the country, there is acute food insecurity as a result of drought, conflict, and poor macroeconomic con­ditions. Although inflation has fallen since last year, it remains high at 22.7 per cent, particularly for food (19.9 per cent overall). Driven by rising prices, high unemployment, and restrictions on the freedom of movement, criminal violence is spreading. State institutions have withdrawn from some conflict areas. In the area surrounding Addis Ababa, the danger of becoming a victim of kidnapping is so great that many people no longer dare to leave the capital by land.

Economic relief can be provided through a recent external credit facility agreement with the IMF, budget support from the World Bank, as well as debt restructuring by donors. After years of negotiations, the government has accepted key reform conditions. In July, the National Bank of Ethiopia introduced a new, more flexible monetary policy to fight inflation and floated the exchange rate of the Ethiopian birr. The delay of these reforms had para­lysed private-sector productivity and dis­torted the economy. It will now be key to keep inflation in check and boost social and economic spending.

Very high ambitions for the national dialogue

In principle, the format of a national dialogue can accompany and promote far-reaching political change processes. In a context characterised by violence and repression, dialogue can offer a way to negotiate differences in a peaceful manner. It can also facilitate the opening up of political space by enabling the broader participation of civil society compared to negotiations among just elites. The over­arching objective plays an important role here. Is the aim to reach a consensus on fundamental issues or to create a mechanism for constructively – or at least peace­fully – resolving differences that are deeply rooted in history and identity? The establishment of a national dialogue can help a society to find a framework for its conflicts without necessarily resolving them.

The first initiatives to bring about such a dialogue after Abiy took office in April 2018 were constructive. Political prisoners were released, legislation for non-governmental organisations was relaxed, and opposition politicians returned from exile at the invi­ta­tion of the government. Efforts were made in civil society to organise an inclusive dialogue. To this end, informal and pre­para­tory seminars and workshops were held in 2019 and early 2020. There were also other activities that received the support of the government. In October 2020, a Multi-stake­holder Initiative for National Dialogue (MIND) was formed that included the Des­tiny Ethiopia Initiative, which acted as the secretariat; a number of civil society dia­logue initiatives; the Ethiopian Reconciliation Commission; the Ministry of Peace as the government representative; and the Joint Council of Political Parties (i.e. the opposition parties).

War broke out in Tigray at the beginning of November 2020. The armed conflict was accompanied by a significant polarisation of society and restrictions on the public sphere. Nevertheless, the government con­tinued to push ahead with the dialogue project. On 29 December 2021, the House of Peoples’ Representatives – the lower cham­ber of parliament – passed a proclamation that provided the mandate for the Ethiopian National Dialogue Commission (ENDC). The ENDC took up its work in February 2022. Its term of office is three years. The man­date sets out three overarching goals: to build a “national consensus” on the “most fundamental national issues”, to create trust among the ethnic groups as well as between them and the state, and to pave the way for a culture of dialogue. The ambitions could hardly be higher, as “internal problems that have been simmering for centuries”, accord­ing to the parliament’s declaration, are to be solved through this new culture of dia­logue.

The government itself emphasises that a successful national dialogue would mean significant changes to the way in which fundamental political and social differences have been dealt with up to now. Abiy spoke of how a culture of dialogue could dissolve the strict division between “winners and losers” that has prevailed in Ethiopia to date. However, Abiy’s image of himself as a peacemaker and reconciler of the nation does not match the behaviour of his govern­ment.

The Commission’s approach

The ENDC took a while to find its feet, define its work, and build trust with key stakeholders. Added to this was the logis­tical challenge of holding hearings through­out the country. This was also a learning process for the Commission, ac­cording to those involved. The only output is to be a public final report to parliament and to the government, with the ENDC also devel­oping a system to monitor the imple­menta­tion of the expected recommendations.

The basic design envisages a three-stage process: Events are initially held in all of the 769 districts (woredas), then at the level of the twelve federal states and the two federal cities (Addis Ababa and Dire Dawa), and finally the actual dialogue at the nation­al level. The ENDC is supported in its work by an advisory committee and a secretariat. Experts in constitutional issues attend the events in order to enable the participants to hold an informed discussion.

The hearings at the woreda level followed a standardised pattern. Cooperation part­ners invited a cross-section of the population, around 3,000 people, who exchanged views in rooms of 50 people each. After a briefing, these smaller groups themselves decided who would moderate, report, and who would be nominated for the next level up. The groups were categorised according to 10 demographic and socio-economic criteria, such as being women, young people, displaced persons, teachers, or representatives of the private sector, the public sector, or the subsistence economy (herders and farmers). Commission members accompanied these meetings, which were minuted and recorded for further processing.

In this way, the ENDC said it reached around one hundred thousand people (originally 1.5 million were planned). With the exception of Amhara and Tigray, all federal states were represented. According to the government, 12,294 participants from 679 districts were nominated for the regional conferences so far. These rounds of talks at the local and regional levels are merely intended to collect agenda items and nominate representatives of socio-economic groups for the actual dialogue at the national level. The basic idea is that only topics that cannot be addressed at the district or regional level are brought to the national level. The ENDC also listens to members of the Ethiopian diaspora via video conferences and reviews written submissions.

One challenge for the ENDC is to separate the wheat from the chaff. “Sometimes we don’t even know where to start,” said ENDC Chairman Mesfin Araya in a TV interview. There are “tonnes of agenda items”. No interlocutor was able to name a transparent mechanism for filtering and aggregating the many topics. However, the dialogue should focus on issues of fundamental importance that are controversial. For example, the ENDC identified the 10 most important issues from the regional dialogue in Addis Ababa. These included federalism, the national flag, disputes over land claims, and the constitutional status of Addis Ababa.

Conditions for success not met

The national dialogue currently has little chance of achieving its goals. If one applies the criteria for the success of such formats that comparative research has developed, it becomes clear that Ethiopia does not fulfil most of them.

Support for the initiative by the population and the political elites is central to the success of a national dialogue. To achieve this, the process should be inclusive and transparent, and the Commission should be perceived as impartial. It should also be able to take place in an environment that allows for a reasonably open exchange as well as criticism of the state and government without fear of repression.

The dialogue’s credibility is suffering because influential political forces are not participating. These include the Oromo Liberation Front and the Oromo Federalist Congress as well as the TPLF. Overall, the majority of the often very small opposition parties cooperate with the ENDC in one form or another, but others boycott it. In May 2024, a coalition of 11 opposition parties accused the ENDC of being instrumentalised for “political purposes”.

Many observers have questioned the impartiality of the ENDC and criticised the procedure used for appointing the com­missioners. Although nominations for these positions could be submitted to parliament, the requirement of an academic qualification excluded local and religious leaders, young people, and many women from the outset. The Strategic Initiative for Women in the Horn of Africa, a regional women’s rights organisation, has pointed out this shortcoming.

The Prosperity Party (PP), the ruling party of Prime Minister Abiy, dominates the state at all levels. The formation of the PP in 2019 from three of the four parties (all except the TPLF) of the Ethiopian People’s Revolutionary Democratic Front (EPRDF) coalition that had governed Ethiopia since 1991, as well as parties from other federal states, was intended to counteract the fragmentation of the population. The PP is much more centralised than the EPRDF. According to its own figures, the PP is the largest party in Africa, with 14 million members – many members are also said to have dominated the consultations of the national dialogue. The PP holds more than 96 per cent of all seats in parliament. Some leaders of the small opposition groups in parliament also work with the government, not necessarily to the satisfaction of their members.

There is correspondingly great concern among the opposition that the government could use the national dialogue to push through constitutional amendments or co-opt additional members of opposition par­ties. The federal rights of ethnic groups and federal states could be restricted, and a presidential system could replace the current parliamentary system. In view of the prevailing majority, it is obvious that parliament, as the supervisory body of the ENDC, can hardly be considered independent. A representative of a human rights organisation therefore welcomed plans for a presidential system, as this could create more distance between the legislative and executive branches of government.

There is hardly any space for open and free exchanges in the country. Press free­doms are severely restricted and the general public is polarised and susceptible to dis­information campaigns. People with un­popular opinions from the media and politics are sometimes arrested or even killed.

Civil society organisations have been granted more rights since new legislation was passed in 2019, but they still have to deal with considerable restrictions on their work. The federal authority responsible announced in May 2024 that it planned to revoke the licences of almost half of the organisations registered because they did not meet the legal requirements or had not submitted any reports. Human rights or­gani­sations also criticise the restrictions and threats issued by the security forces when travelling abroad.

The ongoing violence in Amhara and parts of Oromia and the consequences of the destruction caused by the war in Tigray are also hampering the possibilities for the national dialogue. The ENDC has called on armed groups such as the Oromo Liberation Army (OLA) and the Fano in Amhara to par­ticipate, if necessary via proxies or through meetings in third countries. However, mak­ing direct contact appears to be difficult. For its part, the OLA has named specific conditions for participating in the process, in particular more political freedoms, peace negotiations, and a more independent commission. Just like other opposition forces, the armed group is concerned that the institutions dominated by the PP are supposed to monitor the dialogue and implement any results. They have long been calling for the formation of a transi­tional government. Abiy rejected this as undemocratic at the closing event of the regional dialogue in Addis Ababa in early June 2024.

Perhaps the greatest shortcoming of the national dialogue, however, is the lack of an accompanying dialogue at the political (elite) level. The government could have initiated a process with the most important representatives of the political-ethnic groups or parties that would have defined the parameters for the consultation pro­cedures of the national dialogue. This could have helped to set clearer objectives for the dialogue, which is also a condition for the success of this type of initiative.

Even if actual problems are addressed at the ENDC events and, from the opposition’s point of view, effective recommendations for solving them make it into the Commission’s final report, the process lacks the legitimacy and authority to ensure their implementation. It is unlikely that the national dialogue will significantly reduce the deficit of trust in the government among large segments of the population and elites. The initiative is also unlikely to create trust within the population, as it is primarily designed for the vertical relationship between the state and social groups, but it does not bring together representatives of different communities at the local level.

However, without an overarching consensus, there is a great risk that the govern­ment will use the national dialogue to circumvent or even isolate the main opposi­tion forces. For example, Abiy is said to be seeking to divide up more federal states, which would weaken the larger ethnic groups. Instead of creating an atmosphere of democratic debate, the dialogue could thus encourage authoritarian consolidation.

Risks and opportunities for peacebuilding

Some Ethiopian interlocutors who were certainly critical of the government pointed out the shortcomings of the national dia­logue described above, but also expressed concern about a possible failure of the pro­cess. This could lead to even more violence in the country. Some were therefore in favour of making the most of the opportunity. Particularly with regard to the goal of peaceful coexistence in the future, it is important to prevent the instrument of dialogue from being severely damaged and social mistrust from increasing further.

The Ethiopia Peace Observatory, an international research platform, points out that the national dialogue could still have constructive effects on some aspects of peacebuilding. As a nationwide consultation process, the national dialogue enables the PP to gather information about local and regional grievances and, on the basis of this knowledge, to increase the levels of trust between members of the PP and the respective administration. This could also put the government in a better position to deal with conflicts on the ground. The situation is similar in smaller regions on the periphery, where things are more peaceful than they have been in a long time. There have been successful peace processes with armed groups, but these are still fragile. In regions such as Benishangul-Gumuz, Afar, and Somali, parallel or se­quen­tial formats of the national dialogue could accompany the reorganisation of political and social relations initiated there. In southern Ethiopia, corresponding addi­tional formats resulting from the ENDC consultations could help the newly formed regions to increase their legitimacy and prevent conflicts.

In Amhara, Oromia, and Tigray, the national dialogue could contribute to con­flict resolution if there were credible peace negotiations (with Fano and the OLA) or if key parts of the Pretoria Agreement for Tigray were implemented. The TPLF and the government have recently committed them­selves to the latter, including the orderly return of hundreds of thousands of inter­nally displaced persons to the areas in western and southern Tigray that were occupied by Amhara forces during the war. The consultations could provide a forum for the ethnic groups in the conflict-affected regions to put forward their ideas on co­existence at the national level. Of course, this can only succeed if the political and armed groups that are involved trust the independence of the ENDC, for example by appointing additional commissioners in a second phase.

Finally, the national dialogue should be closely coordinated with other peacebuilding initiatives. In April 2024, the National Security Council, which Abiy chairs, com­mitted to coordinating the government’s various approaches to conflict resolution. In addition to the national dialogue, these include transitional justice; the demobilisation, disarmament, and reintegration of former combatants; the reconstruction of infrastructure in conflict areas; the strengthening of law enforcement agencies; and the fight against disinformation. In this context, however, the National Security Council also mentioned that it is sometimes necessary to deploy the armed forces “to maintain peace”. One task of the yet-to-be-established institutions of transitional justice would be to analyse the different historical interpretations and perspectives that have probably already come to light in the course of the ENDC consultations.

The demobilisation of combatants, the disbanding of militias, and accounting for past violations of fundamental rights require a basic level of trust in state insti­tutions. All of these measures should be embedded in an integrated peace architecture that also includes dialogue formats at the local and regional levels. Those who repeatedly raise the expectations of victims through consultations, initiatives, and announcements also increase the pressure to actually bring about improvements in concrete living conditions. Peacebuilding for the sake of appearances, on the other hand, is likely to further fuel anger, frustra­tion, and disappointment among the popu­lation.

Ultimately, all peacebuilding instruments face similar challenges to those of the national dialogue. The government – whose actions significantly (if not solely) promote conflicts, sow mistrust, and endan­ger the civilian population – cannot guar­antee the independence and effectiveness of these projects. These are entry points for international actors.

Implications for international players

International actors are already providing significant support for the national dialogue process. The UN Development Programme (UNDP) is coordinating the financial and technical assistance as part of a larger peacebuilding programme. The European Union and several member states, including Germany, as well as Norway are financing the ENDC’s work via UNDP with 7 million euros. In addition, technical expertise and training, which began several years before the ENDC was established, is being provided by the Berghof Foundation on behalf of the German Federal Foreign Office and other international partners.

The international players are endeavouring to perform a difficult balancing act. On the one hand, they want to use the national dialogue to strengthen an instrument of peacebuilding in a context where conflicts are often dealt with using violence and repression. On the other hand, external support lends the process additional legiti­macy, as confirmed by Ethiopian interlocutors. The international partners should be aware that they also assume a certain responsibility for the effectiveness of the national dialogue.

Persuading Ethiopia’s government to take a constructive stance on the national dia­logue and other mechanisms for reconciliation and conflict resolution requires an ex­tremely sensitive and considered approach. Germany should work with the Ethiopian government to advance peace negotiations in Amhara and Oromia. Such efforts on the part of Addis Ababa as well as progress in the implementation of the Pretoria Agree­ment in Tigray should be prerequisites of further international support for the na­tion­al dialogue in these regions. In any case, funds for the dialogue and peacebuilding as a whole should not flow directly to the government, but should be channelled in a targeted and transparent manner to the relevant institutions, such as the ENDC and their activities.

Ethiopia’s international partners should monitor the continued implementation of the national dialogue closely. With regard to their stance on the process, they should maintain a continuous dialogue with op­position and human rights representatives who take a differentiated view of the pro­cess. Some observers are already calling for the dialogue process to be paused so that it can be reformed and supplemented by a dialogue with the elites. Experiences with other countries such as Sudan and Yemen show that inordinate external support for a flawed national dialogue can legitimise authoritarian conflict management. The international promoters and facilitators of the national dialogue should be careful to make a clear distinction between the pro­cess and possible outcomes. They should not allow themselves to be used by the Ethiopian leadership for projects that do not improve the living conditions of the population but merely serve to enhance the government’s image.

Navigating shifting power relations in Sudan – implications for the aid response

Aid and peace efforts need to consider the sustained civilian mobilisation, the rise of the RSF and the fractious nature of the warring parties.

Blog Post, Conflict Sensitivity Facility, 30 July 2024

Sudan’s recent history has been marred by wars and military coups. Since the lowering of the British flag and the creation of independence in 1956, there have only been eleven years without war and thirteen without a military government. Nonetheless, the war between the Sudanese Armed Forces (SAF) and the Rapid Support Forces (RSF) that broke out on 15 April 2023 is different from the past. In contrast to previous wars, it started in Sudan’s centre Khartoum, not the periphery, and within the security sector, not between government and rebel forces. One might say that the ways in which successive Sudanese governments have fought wars in the periphery have reached the centre, with the RSF claiming to fight on behalf of the down-trodden against their exploitation by the elites of Sudan’s post-independence state and the RSF using similar methods of looting, raping and killing in the centre that have previously been largely reserved to the periphery.

While the war has deep roots in Sudan’s militarised history, it also reflects important shifts in Sudanese politics in recent years. These shifts mean that the previous transactional pattern of conflict management no longer works. Understanding these dynamics is crucial for aid actors to avoid feeding into the conflict.

Dominance of the security sector

In one sense, the war is the culmination of a highly militarised political settlement. Since colonial times, central governments in Sudan have exploited the peripheries for their resources. As some people from those marginalised peripheries joined armed groups, the government delegated counter-insurgency to militias and government-aligned armed groups outside the formal security sector (already in the late 1980s). The RSF emerged from Darfuri militias in 2013, and grew to become the strongest infantry in the country. The RSF leadership became rich by loaning their services not just to the government but to the Saudi-Emirati coalition in Yemen and by using their forces to protect their own business interests.

In the centre, governments remained highly vulnerable to coup plotters that were dissatisfied with the distribution of rents and power resulting from the exploitation of the periphery. Sudan has been the most coup-prone country in Africa. In 1964, 1985 and 2019, military coup-leaders sided with civilian uprisings to establish civilian governments. In 1958, 1969 and 1989, military coup leaders allied with a political party to interrupt democratic governance, using them as civilian façade.

Civilian politics has been warped by the authoritarian context. Mainstream political parties such as the National Umma Party and the Democratic Unionist Party at several points cooperated with the government of President Bashir. Given their experience with infiltration, betrayal and co-option, many civilian policymakers espouse a zero-sum mentality, which made trusted cooperation among the parties difficult.

In sum, the legacy of Sudan’s militarised political settlement meant that any civilian transition process was going to be fragile. Political parties would fight for their own visibility rather than focus on the establishment of institutions. It also meant that the threat of a renewed coup would be ever present, especially since the transitional government aimed to dismantle the dominance of the security sector in politics and in the economy.

Power shifts

In the past five years, there have been two major shifts in Sudan’s political order. Starting with the December 2018 revolution, Sudanese civil forces proved that they could sustain protests and grassroots opposition despite violent repression. As a result, both military and political elites faced obstacles to continuing exclusive deals. It is worth remembering that the military failed in its attempt to retain the monopoly of power after removing President Bashir. A few weeks after violently dispersing the sit-in in front of the military Headquarters in central Khartoum, protestors came out in droves in the “millions march”. When the military seized power yet again in October 2021, they tried to resort to old-style co-option tactics with an agreement between Abdel Fattah al-Burhan, the head of the military, and Abdalla Hamdok, the prime minister who was under house arrest at that time. Yet political parties ultimately rejected the agreement of 21 November 2021, faced with mass protests and strikes organised by resistance committees. The military’s efforts to create a civilian façade failed also in the following weeks.

The second shift has been the rise of the RSF as a parallel army, major economic network and political actor. With the ousting of Bashir, Hemedti became deputy chair of the transitional military council and retained that position in the Sovereign Council that was created with the formation of the civil-military transitional government in August 2019. During the transition process, the RSF grew significantly in size and influence to rival the SAF. Initially, Burhan was a willing accomplice in this as were mainstream political parties, both trying to use the rise of the RSF to guard against the resurgence of loyalists of the defunct National Congress Party (NCP), Bashir’s party. Hemedti became a major interlocutor for the armed groups that negotiated the Juba peace agreement with the new government. He also conducted his own foreign policy in the region, notably in Ethiopia, South Sudan and the UAE. At the same time, with its origin as a tribal militia-turned into paramilitary force, the RSF did not fit well with the political and security class from riverain Sudan that dominates Khartoum politics.

From coup to war risk

As a consequence, the division in the security sector was the greatest threat to the transition since its start, as I show in my recent study on power relations since the fall of Bashir. Many observers had expected a military coup when it happened in October 2021, but the security forces did not sufficiently prepare for the changed political environment. With no credible civilian partner willing to join them, RSF and SAF had to manage ruling the country on their own. Their mutual suspicions and mistrust only increased though when both reached out to different sections of the civilian sector. The SAF brought back loyalists of the NCP into public service, while Hemedti tried to present himself as an ally of the democracy movement and began openly saying that the coup had failed. Both prepared for an armed confrontation.

When the conflict escalated on 15 April 2023, either side failed to quickly seize power. The RSF had brought in massive troops in the weeks leading up to the war, but the SAF had the advantage of an air force, more heavy weapons, and heavily fortified garrisons (the RSF still have not managed to take the military HQ in Khartoum). The RSF dispersed, looting and occupying civilian residences as war booty and to protect themselves against air strikes. The highly mobile and adaptive RSF forces were able to capture significant parts of Sudan’s territory, as SAF remained focused on defending fixed positions and withdrew when they felt they could no longer hold their position.

Three implications for the aid response

Aid actors need to navigate the shifting power relations in Sudan carefully. The integrity and stability of the Sudanese state is severely challenged. As things stand, it is unlikely that the country will soon see a return of any of the power-sharing models among the SAF and the RSF or between civilians (technocrats or political parties) and the security forces of the past five years. Plausible scenarios include a formally civilian government with strong interference from the security forces and NCP loyalists in the background or a de facto split of the governance of the country according to the effective control of the warring parties with different configurations in each territory.

More specifically, aid actors should draw three broad lessons from the shift in power relations. One, they need to consider the sustained civilian mobilisation, including by further pursuing the localisation of aid and working more with community efforts such as emergency response rooms and communal kitchens, where they are available. In mid-July, the emergency room in Khartoum’s South Belt announced the closure of 25 community kitchens because of lack of funds, for example. Supporting these community-led service providers not only helps mitigate the famine but can also strengthen social cohesion and gender equality. At the same time, outside actors should avoid creating too high expectations for these local civilian actors. In particular, they should look out for the most vulnerable sections of society which may fall through the cracks if engagement happens more within smaller circles of well-established groups.

Two, aid organisations and humanitarian policy-makers should explore more ways for cross-border and cross-line deliveries in RSF-held and non-aligned territories (such as Jebel Marra and the Nuba mountains). The authorities in Port Sudan currently hold sway over visa, travel permits and access procedures even in areas that they do not control; which is all the more problematic as many of the greatest humanitarian needs are in RSF-held territories, including most of the hotspots identified as at risk of famine.While there is no unfettered right for humanitarian access across borders, conflict parties violate International Humanitarian Law when their refusal “results in starvation of civilians”. Member states can support aid organisations in more robust negotiations with the SAF-controlled authorities and by making clear that those authorities lack legitimacy to represent Sudan. In some cases, cash programming may enable private sector actors to scale up activities in areas that are hard for international actors to reach.

Third, aid actors should prepare for further shifts in Sudan’s power relations. The longer the war goes on, the more the main conflict parties will fragment and the more people are likely to join armed factions to protect themselves and to ensure an income for their families. Already, three quarters of the fighting force on the army side are volunteers, according to Burhan. Relations between the popular resistance forces (quickly mobilised and trained volunteer forces responding to Burhan‘s June 2023 call to arms), Islamist brigades, formal military and associated armed groups such as the Sudan Liberation Army-Minni Minnawi could weaken. In practical terms, the relative efficiency of top-down decisions in SAF-controlled territories that aid organisations have experienced so far may come to resemble more the fractious relations between different armed units already known in RSF-controlled areas. As a result, more access expertise for local-level negotiations may become necessary.

In the end, all outside actors, humanitarian, peace and diplomatic ones alike, should avoid undue deference to the priorities of military actors.  Instead, they should hold themselves accountable to the Sudanese civilian population as much as possible.

Die engen Grenzen von Äthiopiens nationalem Dialog

Äthiopien befindet sich seit Längerem in einer Umbruchphase, die von massiver Gewalt gekennzeichnet ist. Die Beziehungen zwischen den größten Volksgruppen sind in Bewegung ebenso wie deren Verhältnis zur Regierung. Dem Staat mangelt es in zentralen Regionen des Landes an Legitimität, sein Gewaltmonopol ist umstritten und er verfügt kaum über finanzielle Ressourcen, um die Bevölkerung flächendeckend zu versorgen. Der nationale Dialog soll dazu dienen, den Wandel Äthiopiens zu beglei­ten und den Rückhalt des Staates unter der Bevölkerung zu erhöhen. Allerdings sind die Voraussetzungen für eine vertrauensbildende Aussprache nicht vorhanden an­gesichts bewaffneter Aufstände in den beiden bevölkerungsreichsten Bundesstaaten Amhara und Oromia, einer stark begrenzten Medien- und Meinungsfreiheit sowie der Dominanz der Regierungspartei in Parlament und Gesellschaft. Ein zusätzlicher strukturierter Dialog auf der Ebene der wichtigsten politischen Player könnte eine Hauptschwäche des Prozesses abmildern. Internationale Akteure, die wie Deutschland den nationalen Dialog unterstützen, sollten darauf achten, sich nicht für eine autoritäre Konsolidierung einspannen zu lassen.

In seiner derzeitigen Form kann der Prozess kaum zur Bearbeitung der strukturellen Probleme des Landes beitragen.

SWP-Aktuell 2024/A 40, 25.07.2024, doi:10.18449/2024A40

Am 4. Juni 2024 endete in Addis Abeba die erste Veranstaltung jener Phase des natio­nalen Dialogs, die auf der Ebene der Bundes­staaten und eigenständigen Stadtverwaltun­gen stattfindet. Das Ziel des Prozesses ist, die wichtigsten Themen zu identifizieren, die das Land auseinandertreiben, Lösungsansätze zu ermitteln und Repräsentanten für den letzten Teil der Konsultationen auf nationaler Ebene zu bestimmen. Allein an der Veranstaltung in Addis Abeba nahmen mehr als 2.000 Personen teil, die ihrerseits von vorherigen Versammlungen auf lokaler Ebene in der Stadt Addis Abeba delegiert worden waren. Weitere Veranstaltungen in den anderen Bundesstaaten sollen folgen.

Der nationale Dialog ist ein zentrales Projekt der Regierung von Premierminister Abiy Ahmed. Die Regierung hofft, dass der Dialog einen entscheidenden Beitrag dazu leisten kann, das Land zu befrieden, die Legitimität des Staats in der Breite der äthiopischen Gesellschaft zu erhöhen und damit auch die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln. Das übergeordnete Ziel ist, die Bevöl­kerung hinter Abiys Vorstellung von nationaler Einheit zu versammeln. Der Dialog kann somit nur in den engen Gren­zen der fortgesetzten Hegemonie der Regie­rung stattfinden.

Staat und Gesellschaft unter Stress

Abiy ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, Äthiopien zu einen. Vielmehr sind sein Regierungsstil, die Art der Auf­standsbekämpfung und verzögerte wirt­schaftliche Reformen mitverantwortlich für Konflikte, Gewalt und existenzielle Not in Teilen des Landes. Die Krise des äthiopischen Staats, die Abiy ins Amt gebracht hat, ist durch einige seiner Handlungen weiter verschärft worden.

Entgegen Abiys panäthiopischer Rhetorik prägt die Orientierung an den Volksgruppen, an deren Spitze ethnisch-nationalistische Politikunternehmer stehen, weiterhin das Land. Der in der Verfassung von 1995 ver­ankerte ethnische Föderalismus spielt für den Zugang zum Staat weiterhin eine wich­tige Rolle. Ein neues nationales Narrativ konnte sich bislang nicht durchsetzen. Vielmehr prägen Polarisierung und Null­summen-Mentalität die Politik, wie selbst Äthiopiens nationaler Sicherheitsrat be­merkt. Eine größere Rolle einer Volks­gruppe wird von anderen als Minderung des eigenen Einflusses gesehen. Dies zeigt sich vor allem beim Aufstieg von Angehörigen der Oromos in der Politik nach Abiys Amtsantritt, den traditionelle Eliten aus Amhara und Tigray kritisch sehen.

Doch Abiys Regierungsstil basiert weniger auf der Hegemonie einer ethnischen Gruppe (auch wenn ihm einige die Bevorteilung von Oromos in Regierung und Staatsunternehmen vorwerfen), sondern auf wechselnden Partnerschaften, entsprechend seinem Verständnis von pragmatischer Macht­politik. In einem Kontext, der von Nullsummen-Mentalität und mangelnder natio­naler Identität geprägt ist, führt Abiys trans­aktionale Politik jedoch zur Entfremdung von einstigen Unterstützern, insbesondere in Amhara und Oromia. Sie befördert auch den Konflikt innerhalb ethnischer Gruppen zwischen denen, die mit der Regierung ko­operieren, und solchen, die sich enttäuscht abwenden. Abiy selbst warf Anfang Juli der Opposition Putschpläne vor.

Sowohl Regierung als auch Teile der Oppo­sition sehen Gewalt als legitimes Mittel der Konfliktaustragung an. Ausdruck dieser Haltung sind und waren nicht nur der Krieg im Norden des Landes zwischen 2020 und 2022, sondern auch die Auf­stände in Oromia und Amhara. Zwar hat die Regierung erkannt, dass sie auch auf Verhandlungen mit den bewaffneten Gruppen setzen muss; sie will dies aber stets aus einer Position der militärischen Stärke heraus tun. So wurde das Pretoria-Abkom­men mit der Tigray People’s Libera­tion Front (TPLF) im November 2022 unter­zeichnet, als die Armee bereits kurz vor Tigrays Hauptstadt Mekelle stand.

Gleichzeitig befeuert die Art und Weise, wie die Regierung Aufstände bekämpft, Kon­flikte eher noch. Im Krieg gegen die TPLF kämpfte die Regierung im Verbund mit para­militärischen Kräften und irregulären Fano-Einheiten aus Amhara. Als diese Regio­nalmilizen Amharas nach dem Pretoria-Abkommen demobilisiert und entwaffnet werden sollten, weigerten sich viele der Einheiten, weil sie ihre Interessen durch die Vereinbarung verraten sahen. Die Fano-Rebellen konnten einen erheblichen Zulauf von diesen gut ausgebildeten paramilitäri­schen Kämpfern verzeichnen, der es ihnen erlaub­te, gegen die Regierungsarmee zu be­ste­hen. Seither kontrollieren die Aufständischen weite Teile der ländlichen Gebiete und dringen ab und zu in Städte wie die amharische Regionalhauptstadt Bahir Dar oder die UNESCO-Welterbestätte Lalibela vor.

Die Regierungseinheiten sind eine erheb­liche Gefahr für die Zivilbevölkerung in die­sen Konfliktgebieten. Das UN-Hochkommis­sariat für Menschenrechte macht sie für 70 Prozent der im Jahr 2023 dokumentier­ten Menschenrechtsverletzungen in Äthio­pien verantwortlich. Die äthiopische Men­schenrechtskommission kritisiert extralegale Tötungen durch staatliche Sicherheitskräfte und massenhafte willkürliche Verhaftun­gen in Amhara, Oromia und Addis Abeba. Außerdem ist der Einsatz von Drohnen, bei dem teilweise hohe Zahlen an zivilen Opfern zu verzeichnen sind, in der Kritik. Berichte sprechen davon, dass die Armee immer wieder willkürlich Zivilisten tötet, wenn sie der Fano-Rebellen in Amhara nicht habhaft werden kann. All dies schürt weitere Gegen­wehr der betroffenen Bevölkerung.

Die Regierung investiert zwar in Prestige­projekte in Addis Abeba, lässt aber weite Teile der Bevölkerung zurück. Mehr als 21 Millionen Menschen in Äthiopien sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. In eini­gen Teilen des Landes herrscht eine akute Nahrungsmittelunsicherheit als Folge von Dürre, Konflik­ten und schlechten makroökonomischen Bedingungen. Die Inflation ist zwar seit letztem Jahr gesunken, bewegt sich aber gerade für Nahrungsmittel mit 22,7 Prozent weiter auf einem hohen Niveau (19,9 % insgesamt). Getrieben von steigenden Prei­sen, hoher Arbeitslosigkeit und Einschränkungen der Bewegungs­freiheit breitet sich kriminelle Gewalt aus. Aus einigen Kon­flikt­gebieten haben sich staatliche Institu­tionen zurück­gezogen. In der Umgebung von Addis Abeba ist es so gefährlich, Opfer von Entführungen zu werden, dass viele es nicht mehr wagen, die Hauptstadt auf dem Landweg zu verlassen.

Wirtschaftliche Entlastung könnte eine Vereinbarung mit dem IWF und der Welt­bank bringen, die sowohl eine direkte Unterstützung als auch einen Schulden­erlass von Gebern beinhalten würde. Doch trotz jahrelanger Verhandlungen konnten die Regierung und die internationalen Organisationen sich bisher nicht auf das geplante Unterstützungspaket von 10,5 Mil­liarden Dollar einigen. Die Anpassung des Wechselkurses ist das wichtigste Streit­thema. Die Regierung ist besorgt, dass eine zu schnelle Liberalisierung des Wechselkurses die Inflation anheizen könnte. Der Mangel an Devisen schwächt die heimischen Produktionskapazitäten. Gleichzeitig profitieren primär staatliche Importeure von dem parallelen Wechselkursregime.

Sehr hohe Ambitionen für den nationalen Dialog

Grundsätzlich kann das Format eines natio­nalen Dialogs tiefgreifende politische Ver­änderungsprozesse begleiten und voranbringen. In einem Kontext, der von Gewalt und Repression geprägt ist, kann der Dialog einen Weg aufzeigen, Differenzen auf fried­liche Weise zu verhandeln. Zudem kann er den Prozess einer demokratischen Öffnung be­gleiten, indem er eine breitere Beteiligung der Zivilgesellschaft ermöglicht als reine Elitenverhandlungen. Die Zielsetzung spielt dabei eine wichtige Rolle. Geht es darum, einen Kon­sens zu übergreifenden Fragen zu erzielen oder einen Mechanismus zu schaf­fen, um die tief in Geschichte und Identität verankerten Gegensätze konstruktiv oder zumindest friedlich auszutragen? Die Ein­richtung eines nationalen Dialogs kann einer Gesellschaft dabei helfen, den Rahmen für ihre Konflikte zu finden, ohne diese bereits aufzulösen.

Die ersten Initiativen zur Herbeiführung eines solchen Dialogs nach dem Amtsantritt Abiys im April 2018 deuteten in eine kon­struktive Richtung. Politische Gefangene wurden freigelassen, die Gesetzgebung für Nichtregierungsorganisationen gelockert und Oppositionspolitiker kehrten auf Ein­ladung der Regierung aus dem Exil zurück. In der Zivilgesellschaft gab es Bemühungen, einen inklusiven Dialog zu organisieren. Dazu fanden 2019 und Anfang 2020 infor­melle und vorbereitende Seminare und Workshops statt. Es gab weitere Aktivitäten, die auf die Unterstützung der Regierung trafen. Im Oktober 2020 wurde eine Multi-Stake­holder Initiative for National Dialogue (MIND) gebildet, an der neben der Destiny Ethiopia Initiative, die als Sekretariat fun­gier­te, eine Reihe zivil­gesellschaftlicher Dialog­initiativen, die äthiopische Versöhnungskommission, das Friedensministe­rium als Regierungsvertretung sowie der Joint Coun­cil of Political Parties (d. h. die Oppo­sitionsparteien) teilnahmen.

Anfang November 2020 brach der Krieg in Tigray aus. Der militärische Konflikt ging mit einer erheblichen Polarisierung der Gesellschaft und Beschneidungen des öffent­lichen Raums einher. Dennoch trieb die Regierung das Dialogprojekt weiter voran. Am 29. Dezember 2021 beschloss das House of People’s Representatives, die untere Parlamentskammer, eine Proklamation, die gleichzeitig das Mandat für die Ethiopian National Dialogue Commission (ENDC) dar­stellte. Diese nahm im Februar 2022 ihre Arbeit auf. Ihre Amtszeit währt drei Jahre. Das Mandat sieht drei übergreifende Ziele vor: einen »nationalen Konsens« über die »tiefgreifendsten Themen« des Landes her­zustellen, Vertrauen unter den Bevölkerungsgruppen und zwischen diesen und dem Staat zu schaffen sowie den Weg für eine Kultur des Dialogs zu bereiten. Die Ambition könnte kaum höher sein, sollen doch »interne Probleme, die seit Jahr­hunderten schwelen«, so die Erklärung des Parlaments, durch eine neue Kultur des Dialogs gelöst werden.

Die Regierung betont selbst, welch ein Wandel ein erfolgreicher nationaler Dialog für die Art und Weise bedeuten würde, in der bisher grundlegende politisch-gesell­schaftliche Differenzen bearbeitet wurden. Abiy sprach davon, dass eine Kultur des Dialogs die strenge Trennung von »Siegern und Verlierern«, wie sie bisher in Äthiopien vorgeherrscht habe, auflösen könne. Aller­dings passt das Bild eines Friedensstifters und Versöhners der Nation, das Abiy selbst von sich zeichnet, nicht mit dem Verhalten seiner Regierung zusammen.

Vorgehen der Kommission

Die Nationale Dialogkommission brauchte eine Weile, um sich zu finden, ihre Arbeit zu definieren und Vertrauen bei zen­tralen Stakeholdern aufzubauen. Dazu trat die logistische Herausforderung, Anhörungen im ganzen Land abzuhalten. Dies sei auch ein Lernprozess für die Kommission ge­wesen, heißt es von Seiten Beteiligter. Einziger Out­put soll ein öffentlicher Abschlussbericht sein, wobei die ENDC auch ein System ent­wickeln soll, um die Umsetzung der zu er­wartenden Empfehlungen zu überwachen.

Das grundsätzliche Design sieht ein drei­stufiges Verfahren vor. Zunächst soll es Veranstaltungen in allen der 769 Distrikte (Woreda) geben, dann auf der Ebene der zwölf Bundesstaaten und der beiden Städte, die sich selbst verwalten (Addis Abeba und Dire Dawa), und schließlich den eigentlichen Dialog auf nationaler Ebene. Bei ihrer Arbeit wird die ENDC von einem Beratungs­ausschuss und einem Sekretariat unterstützt. So sollen den Ver­anstaltungen Expert:innen in Verfassungsfragen beiwohnen, um die Teilnehmer:innen in den Stand zu setzen, eine informierte Diskussion zu führen.

Die Anhörungen auf Woreda-Ebene ver­liefen nach einem einheitlichen Muster. Ko­operationspartner luden einen Querschnitt der Bevölkerung ein, rund 3.000 Per­sonen, die sich in Räumen zu je 50 Diskutant:in­nen austauschten. Nach einer Einweisung bestimmten diese kleineren Gruppen selbst, wer moderiert, berichtet und wer für die nächsthöhere Ebene nomi­niert wird. Die Gruppen wurden nach zehn demografischen und sozioökonomischen Kriterien eingeteilt, also beispielsweise nach ihrer Eigenschaft als Frauen, Jugend­liche, Ver­triebene, Lehrer, Vertreter der Privatwirtschaft, des öffentlichen Sektors oder der Subsistenzwirtschaft (Hirten und Bauern). Kommissionsmitglieder begleiteten diese Sitzungen, die protokolliert und aufgezeich­net wurden zwecks weiterer Aufbereitung.

Auf diese Weise erreichte die ENDC nach eigenen Angaben rund hunderttausend Personen (ursprünglich waren 1,5 Millionen geplant). Bis auf Amhara und Tigray waren demnach alle Bundesstaaten vertreten. Aus 679 Distrikten seien laut Regierung 12.294 Teilnehmer:innnen für die regionalen Kon­ferenzen nominiert worden. Diese Ge­sprächs­runden auf lokaler und regio­naler Ebene dienen lediglich dazu, Agendapunkte zu sammeln und Repräsentant:innen der sozioökonomischen Gruppen für den eigent­lichen Dialog auf nationalem Level zu nominieren. Dabei ist es grundsätzlich die Vorstellung der ENDC, dass nur Themen auf die regio­nale oder nationale Stufe gehoben werden, die nicht bereits in dem jeweils darunter­liegenden Format angegangen werden kön­nen. Außerdem hört die ENDC Mitglieder der äthiopischen Diaspora über Video­konferenzen an und wertet schriftliche Ein­gaben aus.

Eine Herausforderung für die ENDC ist, die Spreu vom Weizen zu trennen. »Manch­mal wissen wir gar nicht, wo wir starten sollen«, sagte der ENDC-Vorsitzende Mesfin Araya in einem TV-Interview. Es gebe »tonnenweise Agendapunkte«. Einen trans­parenten Mechanismus, wie die vielen Themen gefiltert und aggregiert werden sollen, konnte kein Gesprächspartner nen­nen. Allerdings soll es um Sachfragen von grundsätzlicher Bedeutung gehen, die um­stritten seien. Aus dem regionalen Dialog in Addis Abeba kondensierte die ENDC bei­spielsweise die wichtigsten zehn Themen. Zu diesen gehörten unter anderem der Föderalismus, die nationale Flagge, Streitig­keiten um Land­ansprüche sowie der verfas­sungsrechtliche Status von Addis Abeba.

Erfolgsbedingungen nicht erfüllt

Der nationale Dialog hat derzeit geringe Chancen, seine Ziele zu erreichen. Wenn man die Kriterien für den Erfolg solcher Formate anlegt, die die vergleichende Forschung erarbeitet hat, wird deutlich, dass Äthiopien die meisten nicht erfüllt.

Zentral für das Gelingen eines natio­nalen Dialogs ist die Unterstützung der Initia­tive durch die Bevölkerung und die politi­schen Eliten. Dafür sollte der Prozess in­klusiv und transparent sein und die Kom­mission als unparteiisch wahr­genommen werden. Außerdem sollte er in einem Um­feld stattfinden können, das einen einiger­maßen offenen Aus­tausch und auch Kritik an Staat und Regierung erlaubt, ohne Angst vor Repression haben zu müssen.

Die Glaubwürdigkeit des Dialogs in Äthio­pien leidet darunter, dass einflussreiche politische Kräfte nicht an ihm teilnehmen. Dazu zählen die Oromo Liberation Front (OLF) und der Oromo Federalist Congress (OFC) sowie die TPLF. Insgesamt kooperiert zwar die Mehrheit der oft sehr kleinen Oppositionsparteien in der einen oder anderen Form mit der ENDC, aber andere boykottieren sie. Eine Koalition von elf Oppositionsparteien warf der ENDC im Mai 2024 vor, für »politische Zwecke« in­strumen­talisiert zu werden.

Viele Beobachter:innen haben die Unparteilichkeit der ENDC in Frage gestellt und das Prozedere bei der Ernennung der Kommissar:innen kritisiert. Zwar konnten für diese Posten Vorschläge beim Parlament ein­gereicht werden, aber die Bedin­gung einer akademischen Qualifikation schloss von vornherein lokale und religiöse Füh­rungspersönlichkeiten, junge Menschen und viele Frauen aus. Auf dieses Manko hat beispielsweise die Strategic Initiative for Women in the Horn of Africa, eine regio­nale Frauenrechtsorganisation, hingewiesen.

Die Prosperity Party (PP), die Regierungspartei von Premierminister Abiy, dominiert den Staat auf allen Ebenen. Bereits die Grün­dung der PP 2019 aus drei der vier Parteien (alle außer der TPLF) der EPRDF-Koalition, die Äthiopien seit 1991 regiert hatte, sowie aus Parteien aus anderen Bundesstaaten sollte der Fragmentierung der Bevölkerung entgegenwirken. Die PP ist deutlich zentra­listischer als die EPRDF aufgestellt. Nach eigenen Angaben ist die PP mit 14 Millionen Mitgliedern die größte Partei Afrikas – viele Mitglieder sol­len auch die Konsul­tationen des natio­nalen Dialogs dominiert haben. Die PP stellt mehr als 96 Prozent aller Sitze im Parlament. Einige der Führer der winzigen Oppositions­fraktionen im Parlament arbeiten noch dazu mit der Regierung zusammen, nicht unbedingt zur Zufriedenheit ihrer Mitglieder.

Entsprechend groß ist die Sorge in der Opposition, dass die Regierung den natio­nalen Dialog dazu nutzen könnte, Verfassungsänderungen durchzudrücken oder weitere moderate Flügel von Oppositionsparteien zu kooptieren. Die föderalen Rechte der ethnischen Gruppen und Bundesstaaten könnten eingeschränkt werden und ein Präsidialsystem das derzeitige parlamen­tarische System ablösen. Angesichts der Mehr­heitsverhältnisse ist augenfällig, dass das Parlament als Aufsichtsorgan der ENDC kaum als unabhängig gelten kann. Ein Ver­treter einer Menschenrechtsorganisation begrüßte daher Pläne für ein Präsidial­system, da dieses eine größere Distanz zwischen gesetz­gebender und ausführender Gewalt schaf­fen könne.

Ein Klima für offenen, freien Austausch besteht im Land kaum. Die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt, die Medienöffentlichkeit polarisiert und anfällig für Desinforma­tionskampagnen. Personen mit unliebsamen Meinungen aus Medien und Politik werden entweder ver­haftet oder sogar getötet.

Zivilgesellschaftliche Organisationen haben seit einer Gesetzesänderung von 2019 zwar mehr Rechte, müssen aber wei­terhin mit erheblichen Einschränkungen ihrer Arbeit umgehen. Die für sie zuständige Bundesbehörde gab im Mai 2024 bekannt, dass sie plane, fast der Hälfte der bisher regis­trierten Organisationen die Lizenz zu entziehen, weil sie die gesetzlichen Anforde­rungen nicht erfüllten oder keine Berichte eingereicht hätten. Menschenrechtsorganisationen kritisieren Einschränkungen und Drohungen der Sicherheitskräfte auch bei Auslandsreisen.

Die anhaltende Gewalt in Amhara und Teilen Oromias und die Folgen der Zer­störungen des Kriegs in Tigray beeinträch­tigen die Möglichkeiten des nationalen Dia­logs ebenfalls. Die ENDC hat zwar bewaffnete Gruppen wie die Oromo Liberation Army (OLA) und die Fano in Amhara dazu aufgerufen, sich zu beteiligen, wenn nötig auch über Proxies oder durch Treffen in Drittstaaten. Direkter Kontakt scheint aber schwierig zu sein. Die OLA nannte ihrer­seits konkrete Bedingungen, um an dem Prozess teilzunehmen, insbesondere mehr politische Freiheiten, Friedensverhandlungen und eine unabhängigere Kommission. Genauso wie andere Oppositionskräfte stört sich die bewaffnete Gruppe daran, dass die von der PP dominierten Institutionen den Dialog über­wachen und eventuelle Ergeb­nisse umsetzen sollen. Sie fordern seit langem die Bildung einer Übergangsregierung. Abiy lehnte dies bei der Abschlussveranstaltung des regionalen Dialogs in Addis Abeba Anfang Juni 2024 als undemo­kratisch ab.

Vielleicht der größte Mangel des natio­nalen Dialogs ist jedoch ein fehlender be­gleitender Dialog auf politischer (Eliten)­Ebene. Die Regierung hätte mit den wich­tigsten Vertreter:innen der politisch-ethni­schen Gruppen bzw. Parteien einen Prozess initiieren können, der die Parameter für die Konsultationsverfahren des nationalen Dialogs festgelegt hätte. Das hätte dazu bei­tragen können, dass für den Dialog klarere Ziele festgelegt werden, was eben­falls eine Erfolgsbedingung für diese Art von Initiati­ven ist.

Selbst wenn bei den Veranstaltungen der ENDC tatsächliche Probleme angesprochen werden und es aus Sicht der Opposition effektive Empfehlungen zu ihrer Lösung in den Abschlussbericht der Kommission schaf­fen sollten, fehlt dem Prozess die Legitimität und Autorität, für ihre Umsetzung zu sor­gen. Es ist unwahrscheinlich, dass der nationale Dialog das Vertrauens­defizit von weiten Teilen der Bevölkerung und Eliten in die Regierung signifikant ver­ringern wird. Auch innerhalb der Bevölkerung kann die Initiative wenig Vertrauen schaffen, da er primär auf das vertikale Verhältnis zwischen Staat und sozialen Gruppen aus­gelegt ist, aber auf der lokalen Ebene Vertreter:innen unterschiedlicher Communities gar nicht zusammenbringt.

Ohne einen übergreifenden Konsens besteht jedoch ein großes Risiko, dass die Regierung den nationalen Dialog nutzen wird, um die wichtigsten oppositionellen Kräfte zu umgehen oder gar zu isolieren. Abiy soll beispielsweise die Aufsplitterung weiterer Bundesstaaten anstreben, was die größeren Volksgruppen schwächen würde. Statt einer Atmosphäre der demokratischen Auseinandersetzung könnte der Dialog auf diese Weise der auto­ritären Konsolidierung Vorschub leisten.

Risiken und Chancen für Friedensförderung

Einige, durchaus regierungskritische äthio­pische Gesprächspartner verwiesen ihrer­seits auf die beschriebenen Unzulänglichkeiten des nationalen Dialogs, äußerten sich aber auch besorgt über ein mögliches Schei­tern des Prozesses. Dieses könne erst recht zu mehr Gewalt im Land führen. Einige sprachen sich daher dafür aus, das Beste aus der Gelegenheit zu machen. Gerade im Hinblick auf das Ziel eines zu­künftig fried­lichen Zusammenlebens gilt es, zu verhin­dern, dass das Instrument des Dia­logs insgesamt Schaden nimmt und das gesell­schaft­liche Misstrauen sich weiter erhöht.

Das Ethiopia Peace Observatory, eine internationale Forschungsplattform, weist darauf hin, dass der nationale Dialog für einige Aspekte von Friedensförderung noch konstruktive Effekte erzielen könnte. Als landesweiter Konsultationsprozess er­mög­licht es der nationale Dialog der PP, Infor­mationen über lokale und regionale Miss­stände zu sammeln und auf der Basis dieser Kenntnisse das Vertrauen zwischen Mit­gliedern der PP sowie zur jewei­ligen Ver­wal­tung zu verbessern. Damit könnte die Regierung auch eher in die Lage versetzt werden, Kon­flikte vor Ort zu bear­beiten. Ähnlich verhält es sich in kleineren Regio­nen in der Peripherie, in denen es so fried­lich wie lange nicht mehr ist. Dort hat es erfolgreiche Frie­densprozesse mit bewaffneten Gruppen gegeben, die aber noch fragil sind. In Regionen wie Benishangul-Gumuz, Afar und Somali könnten parallele oder sequentielle Formate des nationalen Dia­logs die dort eingeleitete Neugestaltung der politisch-gesell­schaftlichen Beziehungen begleiten. Im Süden Äthiopiens könnten entsprechende zusätzliche Formate, die sich aus den Konsultationen der ENDC ergeben, den in den letzten Jahren neu gebildeten Regionen helfen, ihre Legitimität zu er­höhen und Konflikten vorzubeugen.

In Amhara, Oromia und Tigray könnte der nationale Dialog dann einen Beitrag zur Konfliktbeilegung leisten, wenn es glaub­würdige Friedens­verhandlungen (mit Fano und der OLA) gäbe bzw. zentrale Teile des Pretoria-Abkommens für Tigray umgesetzt würden. Zumindest Letzteres haben sich TPLF und Regierung zuletzt vorgenommen, einschließlich der geregelten Rückkehr Hun­derttausender Binnenvertriebener in die Gebiete im Westen und Süden Tigrays, die von amharischen Einheiten während des Krieges besetzt wurden. Die Konsulta­tionen könnten für die Volksgruppen der von Konflikten betroffenen Regionen ein Forum bieten, um ihre Vorstellungen von dem Zusammenleben auf nationaler Ebene einzubringen. Freilich kann dies nur gelin­gen, wenn die beteiligten politischen und bewaffneten Gruppen der Unabhängigkeit der ENDC vertrauen, beispielsweise durch die Ernennung weiterer Kommissar:innen in einer zweiten Phase.

Schließlich sollte der nationale Dialog eng mit anderen Initiativen zur Friedensförderung koordiniert werden. Der Natio­nale Sicherheitsrat, dem Abiy vorsitzt, be­kannte sich im April 2024 dazu, die ver­schiedenen Ansätze der Regierung zur Konfliktbearbeitung miteinander ab­zustim­men. Neben dem nationalen Dialog sind dies die Aufarbeitung von vergangenem Unrecht (Transitional Justice), die Demobilisierung, Entwaffnung und Reinte­gration (DDR) von ehemaligen Kombattant:innen, der Wiederaufbau von Infrastruktur in den Konfliktgebieten, die Stärkung der Straf­verfolgungsbehörden und die Bekämpfung von Desinformation. Der nationale Sicher­heitsrat erwähnte in diesem Zusammenhang aber auch, dass es manchmal not­wendig sei, die Streitkräfte »zur Wahrung des Friedens« einzusetzen. Eine Aufgabe der noch zu gründenden Institutionen der Auf­arbeitung wäre es, die unterschiedlichen historischen Deutungen und Perspektiven zu untersuchen, die wahrscheinlich bereits im Zuge der ENDC-Konsultationen zutage getreten sind.

Die Demobilisierung von Kämpfern, die Auflösung von Milizen und die Aufarbeitung des begangenen Unrechts erfordern ein Grundmaß an Vertrauen in staatliche Institutionen. All diese Maßnahmen sollten in eine integrierte Friedensarchitektur ein­gebettet werden, die auch Dialogformate auf lokaler und regionaler Ebene einschließt. Wer durch Konsultationen, Initiativen und Ankündigungen wiederholt Erwartungen bei Opfern weckt, erhöht auch den Druck, tatsächlich Verbesserungen bei den kon­kreten Lebensbedingungen herbeizuführen. Peacebuilding nur zum Schein dürfte hin­gegen den Ärger, die Frustration und Ent­täuschung in der Bevölkerung weiter schüren.

Letztlich stehen alle Instrumente der Friedensförderung vor ähnlichen Herausforderungen wie der nationale Dialog. Die Regierung, deren Vorgehen selbst maß­geblich (wenn auch nicht allein) Konflikte be­fördert, Misstrauen säht und die Zivil­bevöl­kerung gefährdet, kann die Unabhängigkeit und Effektivität dieser Vorhaben nicht garantieren. Hier gibt es Ansatz­punkte für internationale Akteure.

Implikationen für internationale Akteure

Internationale Akteure unterstützen den nationalen Dialogprozess bereits signifikant. Das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) koordiniert die finanzielle und technische Hilfe als Teil eines größeren Programms zur Friedensförderung. Die EU und mehrere Mit­gliedstaaten, einschließlich Deutschlands, sowie Norwegen finanzieren die Arbeit der ENDC über UNDP mit sieben Millionen Euro. Hinzu kommen technische Expertise und Trai­nings durch die Berghof-Stiftung im Auftrag des Auswärtigen Amts und weiterer inter­nationaler Partner, die bereits mehrere Jahre vor Einrichtung der ENDC begannen.

Die internationalen Akteure bemühen sich um einen schwierigen Balanceakt. Einerseits wollen sie mit dem nationalen Dialog ein Instrument der Friedensförderung in einem Kontext stärken, in dem auf Konflikte oft mit Gewalt und Repression reagiert wird. Andererseits verleiht die ex­terne Unterstützung dem Prozess zusätz­liche Legitimität, wie äthiopische Gesprächs­partner bestätigten. Die internationalen Partner sollten sich bewusst sein, dass sie damit auch eine gewisse Verantwortung für die Effektivität des nationalen Dialogs über­nehmen.

Äthiopiens Regierung zu einem konstruk­tiven Umgang mit dem nationalen Dialog und den anderen Mechanismen der Aus­söhnung und Konfliktbearbeitung zu be­wegen, erfordert eine äußerst sensible und überlegte Herangehensweise. Deutschland sollte sich bei der äthiopischen Regie­rung dafür einsetzen, Friedensverhandlungen in Amhara und Oromia voranzutreiben. Solche Bemühungen von Seiten Addis Abebas wie auch Fortschritte bei der Um­setzung des Pretoria-Abkom­mens in Tigray sollten die Voraussetzung für eine weitere internationale Unterstützung des nationalen Dialogs in diesen Regionen sein. In jedem Fall soll­ten Mittel für den Dialog und zur Friedens­förde­rung insgesamt nicht direkt an die Regierung fließen, sondern gezielt und nachvollziehbar den entsprechenden In­stitutionen wie der ENDC und deren Akti­vitäten zukommen.

Äthiopiens internationale Partner sollten den weiteren Verlauf des nationalen Dia­logs genau verfolgen. Im Hinblick auf ihre Haltung zu dem Prozess sollten sie einen engen Aus­tausch mit Oppositions- und Menschenrechtsvertreter:innen pflegen, die differen­ziert auf den Vorgang schauen. Einige Beobachter fordern bereits, den Dia­log­prozess zu pausieren, um ihn zu refor­mieren und um einen Eliten­dialog zu er­gänzen. Die Erfahrung mit anderen Län­dern wie Sudan und Jemen zeigt, dass eine übermäßige externe Unterstützung für einen fehlerhaften nationalen Dialog auto­ritäre Konfliktbearbeitung legitimieren kann. Die internationalen Förderer und Begleiter des nationalen Dialogs sollten darauf achten, zwischen dem Prozess und möglichen dar­aus folgenden Ergebnissen klar zu unter­scheiden. Sie sollten sich von der äthiopischen Führung nicht für Pro­jekte ein­spannen lassen, die keine Ver­besserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung bringen, sondern lediglich der Imagepflege der Regierung dienen sollen.

Stabilisation: Rethinking Pragmatic Conflict Management in Fragile Contexts with a Feminist Foreign Policy Lens

Contribution in: Claudia Zilla (ed.), Feminist Foreign and Development Policy in Practice. Requirements and Potentials, SWP Research Paper 2024/RP 09, 21.06.2024, doi:10.18449/2024RP09

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Stabilisation in fragile contexts poses a particular chal­lenge for feminist foreign policy (FFP). The declared aim of stabilisation is to make constructive contributions to conflict resolution even in the most difficult situations of violent conflict and terrorist threats. This often means working with and within the existing local power structures in order to achieve short-term and pragmatic improvements in the secu­rity situation.1 In contrast, it is the essence of feminist approaches to foreign and development policy to critically examine patriarchal, neo-colonial and other power structures, and to strive for a transformation of social conditions.

The feminist critique of international efforts to­wards stabilisation problematises various aspects. Against the backdrop of a post-colonial perspective, it addresses the motives of those external actors who strive for stabilisation in other parts of the world. The rhetorical commitment to peace, democracy and human rights obscures unilaterally defined national interests, such as the containment of irregular migra­tion.2 There are also questions concerning whose security should be at the forefront of stabilisation projects if they rely on cooperation with patriarchal, exploitative local elites, whose struggle for dominance is responsible for violent conflicts.3 Gender roles and the safety concerns of women and other marginalised groups may be overlooked, despite goals to the contrary. Furthermore, feminist activists warn of a militarisation of the humanitarian space by link­ing the political goals of conflict management too closely with humanitarian support.4 The state-centric nature of stabilisation approaches is also worthy of discussion from a feminist perspective, as it is often the state that perpetrates violence, for example by deploying abusive security forces instead of protecting women and the civilian population in general.

The status quo in German stabilisation policy

Since 2017, Germany has been the world’s largest donor country in the field of civil conflict transforma­tion.5 In 2024, the Federal Foreign Office (FFO) had €400 million at its disposal for the three pillars of its integrated peace engagement: crisis prevention, sta­bi­lisation and peacebuilding.6 Other departments, in particular the Federal Ministry for Economic Coopera­tion and Development (BMZ), also support projects that serve stabilisation in fragile contexts in a broader sense. According to the Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), the Federal Government’s somewhat broader global expenditure on “civilian peacebuilding, conflict prevention and resolution” totalled US$960 million (around €875 mil­lion) in the last reporting year of 2022.7

Only the FFO uses the term “stabilisation” in the German context. It understands it as a contribution to “support political processes to contain violence, strengthen legitimate governance structures and facilitate initial steps towards reconciliation between conflict parties”.8 Stabilisation includes a range of instruments such as strengthening state institutions; security sector reform (SSR); disarmament, demobilisation and reintegration (DDR) programmes; rule of law; and peace mediation.9 Important partner coun­tries and regions that the FFO repeatedly mentions are Ukraine, the Lake Chad region and north-eastern Syria. The German government often works together with other donors and international organisations, for example within the framework of the stabilisation facilities of the United Nations Development Pro­gramme.

Gender issues have long played a role in German peace work.

Gender issues have long played a role in German peace work. The National Action Plan for the imple­mentation of the “Women, Peace and Security” agenda is an expression of this.10 In its guidelines on FFP, the Federal Foreign Office mentions stabilisation in the second guideline: “We systematically include women and marginalised groups in crisis Prevention, stabilisation and peacebuilding measures and take into account gender-specific risks. We want to achieve progress towards more gender-equitable societies and design our international crisis management to be gen­der transformative.”11

Specifically, the FFO primarily mentions projects to expand the rights, resources and representation of women (e.g. the training and deployment of “gender experts” by the Center for International Peace Opera­tions (ZIF)).12 In its efforts to improve the position of women and marginalised groups, the FFO thus con­tinues to operate within the existing system of con­flict resolution without fundamentally questioning its own approaches. However, the impact of experts trained in gender transformation remains limited if there is a lack of political will to embed the resulting viewpoints and perspectives within a more compre­hensive strategy.

Although both the FFP guidelines and the stabilisation concept of the FFO contain feminist principles that go beyond the 3Rs (rights, representation and resources), their practical significance is also some­times limited. One example: The stabilisation concept aims to use “gender-sensitive conflict analyses” to “help identify new approaches, scope for action and actors”. However, “conflicting goals” exist, especially where “male-dominated power players” need to be involved. Here, the FFO intends to present its prin­cipled position and “systematically weigh up short-term goals (e.g. a ceasefire) with medium- to long-term goals of societal transformation”.13 This state­ment could suggest that gender justice is a medium- to long-term task that stands in contrast to other stabilisation goals. However, the quoted paragraph also shows that the FFO explicitly acknowledges tensions between the goals of stabilisation and FFP, and that it at least makes an attempt to systematise its approach in critical situations. This is a step for­ward compared to earlier government documents, in which normative goals were given equal status and trade-offs were simply mentioned in abstract terms without specifying solutions.

In terms of resources made available for gender equality, German expenditure has fluctuated greatly in recent years. In the last reporting year of 2022, 50 per cent of official development assistance funds14 for civil conflict transformation were used for projects that pursue gender equality as a significant objective (score 1 of the OECD Development Assistance Com­mittee) and 2.8 per cent for those with gender equali­ty as the principal objective (score 2). By 2025, the FFO would like to achieve a funding level of 85 and 8 per cent, respectively, for these categories.15 Contrary to the corresponding equation of these indicators in the FFO guidelines, they are not congruent with the objec­tives of a gender-sensitive or gender-transforma­tive design. For example, a project can be aimed at women as the main target group (score 2) without questioning gender relations per se.

Some power-critical approaches of feminist research can be particularly beneficial for stabilisation projects.

Possible contributions of feminist foreign policy

A critically defined FFP can contribute to making stabilisation measures more effective, more resilient and more inclusive than before. It offers points of reference, assumptions, concepts and approaches that are already being discussed among stabilisation experts in order to examine previous practices in more detail and, in some cases, to find new answers. Some power-critical approaches of feminist research can be particularly beneficial for stabilisation projects.

FFP can help overcome one-sided liberal peacebuilding

Both in feminist research and in research on stabili­sation and peacebuilding, there is widespread criti­cism of “liberal peace”, that is, the idea that market reforms, a democratic opening and the resolution of armed conflicts are always mutually supportive.16 The focus on such long-term processes marginalises the agency of civil society,17 the political economy of the violence of wars18 and the mechanisms of exclusion that affect women in particular,19 to name just a few points of criticism.

The FFP perspective helps to identify structural aspects that lead to the continuation of violence. The one-sidedness of liberal peacebuilding can also be seen in the 3Rs in the context of peace processes: Involving women (representation), expanding their (nominal) rights by changing legislation or funding in­stitutions with a high proportion of women (re­sources) is important, but it is not enough. Women’s groups might be involved in peace processes despite their concerns not being taken into account. Often­times not even the agreed representation quotas are met. For example, the Juba Peace Agreement of 2020 stipulated a women’s quota of 40 per cent at all politi­cal levels in Sudan.20 This was never realised: The implementation of the peace agreement, on the other hand, strengthened the male-dominated secu­rity sector in Sudan and exacerbated the political crisis before the coup.21

An intersectional approach that combines feminist and post-colonial perspectives raises the question for whom and what should actually be stabilised. Exter­nal actors can only successfully pursue stabilisation if they support local efforts by legitimate authorities. The relationship between state institutions and the population is often fractured in fragile situations. State security forces in Nigeria, for example, sealed off villages because they suspected that insurgents were there; this was done instead of protecting the civilian population from looting and forced recruitment by armed groups such as Boko Haram. It is there­fore the declared aim of German stabilisation efforts in north-eastern Nigeria to strengthen the legiti­macy of state institutions, for example by en­abling communities to secure the supply of basic goods and services such as water, food, health and education.22 The feminist perspective helps to recog­nise that state institutions can only successfully imple­ment stabilisation efforts if the population accepts them as legitimate.

Analysis of power and security

Stabilisation projects require a continuous context and conflict analysis that takes account of the causes, actors and dynamics of armed violence. As experts in power-critical analyses, feminists can make decisive contributions. Gender-sensitive conflict analyses23 can reveal key dynamics that go far beyond the lack of participation of women. Moreover, some gender roles also contribute to violence,24 for example by making it easier for armed groups to recruit, as the FFO also mentions.25

A feminist understanding of security challenges the common assumptions of liberal stabilisation prac­tices. All too often, international actors pursue agree­ments with (often male-dominated) elites, even if they do not demonstrably curb violence or improve the population’s sense of security.26 “Stability and du­rabil­ity can simply mean that the men with guns continue to run the show and that the ‘trains run on time’”, writes Ní Aoláin.27

Instead of clinging to the next fragile elite deal, a feminist stabilisation policy could measure security using the concrete perceptions of women and other marginalised population groups regarding their daily lives. Surveys of those affected and other methods of regularly recording the perceptions of the local popu­lation should become important instruments for sta­bilisation projects.28 Only when all people feel safe in a place can they develop trust in local institutions and refrain from joining armed groups.

A feminist approach to conflict resolution

FFP offers alternatives to the Realpolitik of elite deals and to excessive liberal interventionism as common approaches to conflict management. Such alternatives are based on a “feminist ethic of care”, which can be helpful in the search for new approaches to conflict resolution. It stems from “care” because it combines moral action with attentive, patient listening and is open to continually balancing conflicting goals and adapting assumptions – instead of propagating a universalistic justice that is defined by its supposed contrast from presumably backward-looking local ideas.29 This ethic is feminist because it questions the (authoritarian) “script of patriarchy”.30

Feminist stabilisation based on such an “ethic of care” does not come from outside to resolve local conflicts, but instead deals with the global, regional and local relationships in which these conflicts arise. It is not just about involving women more in political processes because they would be more peaceful per se, but about questioning the hierarchisation between groups – for example men and women, elites and the population, young and old people – and the modes of action attributed to them in society in gen­eral. Feminist stabilisation policy pays particular attention to the local context and accepts that the effec­tiveness and moral clarity of measures are often fraught with uncertainty.31

Self-reflection and learning processes

Finally, feminist approaches can make an important contribution to monitoring, evaluation and learning processes through empathic self-reflection. These are particularly important in highly volatile stabilisation contexts, which need to be managed closely in order to adapt projects to rapidly changing circumstances. In the absence of a universally applicable stabilisation strategy, the constant testing and adjustment of meas­ures is crucial.32

FFP can help local and international stabilisation actors to reflect on all kinds of power structures as well as on their own roles. International stabilisation actors, for example, bring their own gender norms to fragile contexts and sometimes display an “inter­national fraternity” with local male elites.33 For exam­ple, sometimes there are ambassadors who proudly refer to their relationship with the authoritarian presi­dent of their host country during a civil war and hug him at every opportunity. However, diplomats and other stabilisation actors should not confuse their required empathy in political processes with sym­pathy for warlords. In addition, from the view of FFP, the habitual rhetorical commitment of many stabili­sation actors to cooperation with local organisations should also be taken seriously in practice – for exam­ple, by involving local grassroots organisations as early as possible in the design of projects.

FFP can provide a fresh approach, especially in contexts where it goes beyond the promotion of gender equality.

Conclusion

FFP helps to make stabilisation better, fairer and more context-sensitive by questioning traditional assumptions in the overall approach, analysis, processes, project design and impact assessment. In particular, it can provide a fresh approach, especially in contexts where it goes beyond the promotion of gender equali­ty. With its FFP guidelines, the FFO still falls short in fully embracing the possibilities of a feminist ap­proach. Feminist analyses reveal the unequal, often conflict-driven power structures that arise due to a lack of gender equality, but also the biased gender roles and mechanisms of exclusion along with other differentiating characteristics.

The further development and implementation of feminist efforts towards stabilisation is not just about normative human rights issues. Instead, the inclusion of feminist perspectives can also contribute to the pragmatic claim of stabilisation in fragile contexts34 – when it comes to placing empathy instead of arro­gance at the centre of conflict management, for example.

It is in the nature of stabilisation to focus on the status quo because situations are almost impossible to change in the short term and restoring order is the priority. Diplomats also act according to this logic, which is an expression of an intergovernmental sys­tem that often finds it difficult to build sustainable partnerships in fragile contexts that extend beyond national governments that are often detached from their populations. Implementing aspects of feminist foreign and development policy that are critical of power is therefore no easy task. However, feminist arguments can encourage ongoing processes of reflec­tion in the direction of stabilisation that is aimed at improving the relationship between the population and the government.