Zitate in: Watson, 9.7.2025
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Symbol globaler Ohnmacht: das Versagen des Sicherheitsrats
Der Sudan-Experte Gerrit Kurtz von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zeichnet ebenfalls ein düsteres Bild. Der UN-Sicherheitsrat, eigentlich für den internationalen Frieden zuständig, spiele bei diesem Krieg seit Langem “nur eine untergeordnete Rolle”.
Ein Resolutionsentwurf, der zumindest den Schutz der Zivilbevölkerung verbessern sollte, wurde 2024 von Russland blockiert – offenbar aus geopolitischem Kalkül: um westlichen Einfluss in der Region zu schwächen und die eigene Rolle als Schutzmacht einzelner Konfliktparteien zu wahren.
Sanktionen, Friedensmissionen und Mediationen sind alles Instrumente, die früher bei ähnlichen Konflikten auf UN-Ebene genutzt wurden. Heute seien sie kaum noch verfügbar. “Das ist Ausdruck einer massiven Krise multilateraler Konfliktbearbeitung”, sagt Kurtz gegenüber watson.
Viele der Staaten, die heute entscheidend Einfluss nehmen könnten, hätten andere Interessen: strategische Allianzen, Rohstoffe, Migration etwa. Die Rettung der sudanesischen Bevölkerung hat keine Priorität.
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Lokaler Widerstand im Sudan: Die Hoffnung kommt von innen
Und doch gibt es sie: Orte der Hoffnung, die jedoch weitgehend von der sudanesischen Zivilgesellschaft selbst getragen werden. Immer wieder gelingt es Aktivist:innen laut Kurtz, lokale Waffenstillstände auszuhandeln, Evakuierungen zu organisieren oder Schutzräume für besonders gefährdete Gruppen einzurichten.
Diese Initiativen sind nicht nur mutig, sondern oft effektiver als die Handlungen offizieller internationaler Institutionen. Dem Experten zufolge ließen sich solche lokalen Strukturen mit gezielter internationaler Unterstützung ausbauen und stärken, auch ohne formalen Waffenstillstand. “Gleichzeitig muss klar sein, dass nur ein effektives Ende des Krieges wirklich nachhaltigen Schutz bieten kann”, sagt er.
Eine internationale Militärmission hingegen sei derzeit nicht realistisch. Es brauche vielmehr gezielten diplomatischen Druck, gezielte Finanzierung lokaler Partner und endlich eine handlungsfähige internationale Kontaktgruppe.
Ein solches Format war zuletzt im April 2025 bei einer Konferenz in London diskutiert worden. Doch die Gründung scheiterte – ausgerechnet an der Afrikanischen Union (AU), die zwar Vermittlungsformate etabliert hat, jedoch als ineffektiv gilt.
Ihre internen Widersprüche, mangelnde Ressourcen und die seit 2021 bestehende Suspendierung des Sudan aus der AU machen sie zu einem zahnlosen Akteur in einem blutigen Spiel.
Dass der Krieg im Sudan kein medialer Dauerbrenner ist, liegt nicht an mangelnder Kenntnis. “Die größte humanitäre Krise, die jemals gemessen wurde, ist kein ‘blinder Fleck’ der Weltpolitik”, sagt Kurtz. “Alle relevanten Regierungen wissen, was im Sudan geschieht, und tun dennoch nicht genug – wenn sie nicht sogar dazu beitragen, ihn anzuheizen.”
Kurtz warnt, dass internationale Normen “allenthalben von den mächtigsten Staaten der Welt ignoriert” würden: Der Trump-Regierung sei es beispielsweise augenscheinlich wichtiger, Migrant:innen “in Drittstaaten zu deportieren oder Rohstoffe zu extrahieren als sich um echte Diplomatie zu kümmern”. Weiter sagt Kurtz:
“Für andere, wie die Bundesregierung, sind die bilateralen Beziehungen zu einflussreichen Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Ägypten offensichtlich deutlich wichtiger als deren Einfluss in Sudan einzudämmen.”